# taz.de -- Viele Soldaten in Niger getötet: IS bekennt sich zu Angriff
       
       > Blutiger Überfall auf Nigers Armee nahe der Grenze zu Mali.
       > „Schwerbewaffnete Terrorgruppe“ tötet mindestens 28 Soldaten.
       
 (IMG) Bild: Wie sicher fühlt man sich neben Nigers Armee?
       
       BERLIN taz | Es war ein regelrechtes Massaker, und es illustriert die
       Schwäche der Armee Nigers gegenüber islamistischen Angreifern. 28 Soldaten
       starben nach Angaben des nigrischen Verteidigungsministeriums am Dienstag
       bei einem mehrstündigen Feuergefecht beim Dorf Tongo Tongo in der Nähe der
       Grenze zu Mali.
       
       „Eine terroristische Gruppe aus mehreren hundert schwerbewaffneten
       Männern“, so eine von der Nachrichtenagentur AFP zitierte anonyme
       Militärquelle, habe der 122. Sonderbereitschaftskompanie (CSI) der
       nigrischen Armee einen Hinterhalt in Form eines Sprengsatzes gelegt, der
       eines der Armeefahrzeuge zerstörte, und dann das Feuer eröffnet.
       
       Von den 52 Regierungssoldaten hätten es nur 22 zurück zu ihrer Basis im Ort
       Ouallam geschafft. Vermisst wird ihr Kommandeur, Oberst Djibrilla, melden
       lokale Medien.
       
       So gut wie alle Einzelheiten dieses Vorfalls blieben am Donnerstag noch
       unklar: ob der Angriff um 8 Uhr früh oder um 15 Uhr nachmittags erfolgte,
       und was die Soldaten eigentlich genau machten in dieser hochgefährlichen
       Region direkt an der malischen Grenze, hinter der sich ein als
       Rückzugsgebiet islamistischer Untergrundkämpfer verrufenes
       Naturschutzgebiet erstreckt.
       
       In ersten Berichten war von einer „Patrouille“ die Rede. Nigrischen Medien
       zufolge aber verfolgten die Soldaten eine Gruppe von Angreifern, die am
       Montag das wichtigste nigrische Hochsicherheitsgefängnis im Ort Koutoukalé
       45 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Niamey überfallen hatten.
       
       ## Haftanstalt und Flüchtlingslager überfallen
       
       Der Angriff auf die Haftanstalt, in der neben lokalen Islamisten und
       Kämpfern der nigerianischen Boko-Haram-Rebellen auch mächtige Drogenhändler
       einsitzen, wurde nach offiziellen Angaben unter Verlust eines Soldaten
       abgewehrt.
       
       Aber die Angreifer konnten beim Rückzug den Markt von Koutoukalé plündern,
       ein Armeefahrzeug stehlen und auf dem Weg nach Norden ein malisches
       Flüchtlingslager überfallen – nahe dem Ort Ouallam, wo sich neben der Basis
       der 122. Kompanie auch eine US-Militärbasis befindet.
       
       Die nigrischen Soldaten in Ouallam nahmen nach Behördenangaben die
       Verfolgung auf, waren aber möglicherweise schlecht ausgerüstet. So konnten
       sie nach Beginn des Angriffs keine Verstärkung herbeirufen, da die
       Telefonmasten der Region zerstört waren, heißt es.
       
       Demnach hätte eine ganze Armeekompanie auf der Suche nach einer
       Terrorgruppe im Busch keine geschützten militärischen Kommunikationsgeräte
       dabeigehabt.
       
       ## Es rumort in Nigers Armee und Politik
       
       Nigers Präsident Mahamadou Issoufou solle zurücktreten und die Regierung
       müsse sich vor dem Parlament erklären, forderten wütende Kommentatoren in
       nigrischen Internetmedien. Dass es in Nigers Streitkräften rumort, ist
       spätestens seit Montag klar, als der beliebte Armeegeneral Salou Djibo auf
       eigenen Wunsch in den Ruhestand ging.
       
       Djibo hatte 2010 den Militärputsch gegen den ungeliebten Diktator Mamadou
       Tandja geführt und dann die freien Wahlen organisiert, die 2011 den seither
       regierenden Präsidenten Issoufou an die Macht brachten.
       
       Es wird vermutet, dass der General sich in Stellung bringt, um bei den
       nächsten Wahlen gegen Issoufou anzutreten und dabei den zunehmenden Unmut
       im bitterarmen Niger über die Sicherheitslage auszunutzen. Fast alle
       Grenzgebiete Nigers zu Nigeria, Burkina Faso und Mali sind heute
       Konfliktregionen, islamistische Rebellen führen grenzüberschreitend Krieg.
       
       Am Donnerstag nachmittag bekannte sich der „Islamische Staat Westafrika“ zu
       den Angriffen in Tongo Tongo und Koutoukalé. Der IS hatte sich im Oktober
       2017 bereits zur Tötung von vier Angehörigen der US-Spezialkräfte bei Tongo
       Tongo bekannt.
       
       Der IS-Ableger in Westafrika umfasst im Kern Teile von Boko Haram in
       Nigeria; in Niger vermuten Experten bisher eher den „Islamischen Staat der
       Großen Sahara“.
       
       16 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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