# taz.de -- WM-Held mit verqueren Ambitionen: Das war's noch nicht
       
       > Der vereinslose Mario Götze gibt bekannt, die Fußball-Champions League
       > gewinnen zu wollen. Im Ernst?
       
 (IMG) Bild: Huhu, ich bin's, der Mario: Götze im Outfit der Dortmunder Borussia
       
       Selbstvermarktung kann so einfach sein. „Sie kennen mich“, sagt die
       Kanzlerin. „Ich bin’s“, sagt Rainer Langhans auf dem Einband seiner
       Autobiografie. „It’s me Mario“, sagt Mario Götze zu seinen 4,3 Millionen
       Fans auf Twitter. Der Rest ist selbsterklärend. Götze ist Götze. Und Götze
       macht halt Götze-Dinge. Seinen kleinen Sohn, der vor Kurzem auf die Welt
       gekommen ist, stellt er als „Nike boy“ vor.
       
       Ein bisschen weiter unten auf seiner verzwitscherten Werbeplattform posiert
       Götze vor seiner 2.600 Euro teuren Kaffeemaschine. Und überhaupt sieht sein
       nach außen getragenes Leben sehr nach dem Dolce Vita eines begüterten
       Privatiers mit einem gewissen Fitnessanspruch aus. Man weiß allerdings nie
       so genau, ob sich auf Twitter der Avatar von Götze zeigt oder der echte
       Götze. Wobei: Gibt es da überhaupt einen Unterschied?
       
       Götze, nahezu jeder auf diesem Globus weiß es, [1][hat dieses eine wichtige
       Tor geschossen]. Es ist ein Tor für die Ewigkeit, das vieles bewirkt hat,
       unter anderem die Mystifizierung (oder die Vergreisung?) des jetzt auch
       erst 28-jährigen Moppelchens, das mal beim Hombrucher SV gespielt hat. Seit
       2014, den Wundertaten von Rio, ist Götze gefangen in einem Time Warp. Er
       kann tun und lassen, was er will, er kommt immer wieder im WM-Finale an, in
       der Vergangenheit. Nicht dass er es nicht versucht hätte, diesem Sog zu
       entkommen. Aber seit sechs Jahren dümpelt Götzes Karriere irgendwie so
       dahin (immerhin noch besser als bei Schürrle).
       
       ## Huckepack nach Walhalla
       
       Er kann sich kaum in einer Gegenwart der gesteigerten Leistungsansprüche
       halten, und in der Zukunft kommt er schon gar nicht mehr an. Immer wenn er
       einen Kniff gefunden zu haben scheint, wie er der Größe dieses Tores
       entkommen kann, wird er zurückgeworfen: Verletzungen, eine rätselhafte
       Myopathie, demütigende Auswechslungen oder gar die Nichtberücksichtigung im
       Kader.
       
       Wer glaubt eigentlich noch an ihn? Vor allem er selbst. In einem Interview
       mit der Bild-Zeitung hat der vereinslose Kicker – sein Vertrag bei Borussia
       Dortmund ist ausgelaufen – jetzt gesagt, er möchte in seiner Karriere
       wenigstens einmal noch die Champions League gewinnen. Echt jetzt?, fragen
       sich die Fußballsachverständigen nicht nur in den sozialen Medien. Wer
       nimmt Götze auf und verwirklicht ihm diesen Traum? Gibt es einen Verein,
       der den Veteran huckepack nimmt und nach Walhalla trägt?
       
       Welcher Klub schraubt seine Personalkosten für einen Ergänzungsspieler mit
       verblichenem Heiligenschein in die Höhe? Es ist ja schön zu sehen, dass
       Götze noch Ambitionen in Europas großen Ligen hat und nicht auf Gnadenhöfe
       in die USA, China oder an den Golf ausweicht. Aber in der DAZN-Doku „Being
       Mario Götze“ sagt der Hauptdarsteller eben auch, man dürfe die Realität
       nicht aus den Augen verlieren. Die Realität ist, dass Götze noch immer ein
       solider Rollenspieler im Mittelfeld ist, der gelegentlich den Angriff
       vitalisiert, meistens jedoch mesmerisiert.
       
       Trotz seiner offensichtlichen Defizite arbeitet Götze mit Macht daran, sich
       in einen Kader zu quetschen. Erst versuchte er sein Glück mit dem Berater
       Reza Fazeli (International Soccer Management), jetzt vetritt ihn [2][Lian
       Sports, eine große Agentur], die unter anderem die Karriere von Leroy Sané
       verwaltet. Das Transferfenster ist bis Oktober geöffnet. Der Nike Boy will
       es noch einmal wissen. Seine Workouts, die er auf Twitter präsentiert,
       sehen auch schon recht eindrucksvoll aus.
       
       18 Sep 2020
       
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