# taz.de -- Weltwasserforum in Brasilien: Hier fehlt etwas
       
       > Die Konferenz berät über den Wassermangel. In Südafrika und Spanien hat
       > die Dürre bedrohliche Ausmaße.
       
 (IMG) Bild: Das Maria Cristina Reservoir nahe Castellon in Spanien
       
       BERLIN/MADRID/JOHANNESBURG taz | Wer verbraucht wie viel Wasser und wofür?
       Wer darf Flüsse umleiten? Nicht nur in Südafrika und am Mittelmeer,
       weltweit ist die Verfügbarkeit von sauberem Wasser ein Thema – verschärft
       durch den Klimawandel.
       
       Am Sonntag beginnt das 8. Weltwasserforum in Brasiliens Hauptstadt
       Brasília. Die einwöchige Konferenz organisiert der Weltwasserrat, dem vor
       allem Unternehmen, Behörden und Wissenschaftler angehören. Alle drei Jahre
       versucht der Weltwasserrat mit Sitz in Marseille, Wasser global zum Thema
       zu machen. Sein Motto diesmal: „Sharing Water“.
       
       Eine „nicht kommerzielle“ Alternative zum Weltwasserforum möchte das „Fama
       2018“ sein. Ab Samstag beraten Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen
       Welt auf dem „internationalen Alternativen Weltwasserforum“, ebenfalls in
       Brasília, über den nachhaltigen Umgang mit Wasser. Es geht etwa um den
       Schutz von Quellen oder den Kampf gegen Wasserprivatisierungen.
       
       In Spanien herrscht die schlimmste Trockenheit der letzten 25 Jahre. Trotz
       anhaltender Regenfälle in den vergangenen Wochen sind die Wasserreserven in
       80 Prozent des Landes weit unter der durchschnittlichen Füllmenge in den
       letzten zehn Jahren. Besonders hart betroffen ist, neben der
       Mittelmeerküste, Zentralspanien. Dort ist das Problem nicht nur die
       Trockenheit, sondern die ständige Überführung von Wasser aus den beiden
       großen Stauseen Buendía und Entrepeñas am Oberlauf des Flusses Tajo per
       Pipelines in die Obst- und Gemüseanbaugebiete an der Mittelmeerküste.
       
       ## Wasser aus Tanklastern
       
       Unter dem Motto „Verteidigen wir den Garten Europas“ demonstrierten Anfang
       des Monats 50.000 Landwirte vor dem spanischen Landwirtschaftsministerium
       in Madrid. Sie waren mit Bussen aus Alicante, Murcia und Almeria angereist.
       Sie wollen noch mehr Wasser.
       
       „Verheerend“ seien die Auswirkungen der Wasserüberführung aus dem Zentrum
       Spaniens ans Mittelmeer, heißt es in einer Studie der Universität in
       Kastilien-La Mancha, der Region in der die beiden Stauseen Buendía und
       Entrepeñas liegen. Die in den 1950er Jahren versprochene wirtschaftliche
       Entwicklung der Anrainer blieb aus. Die wenige touristische Infrastruktur,
       die an den Stauseen entstand, ist dank des Wassermangels längst Geschichte.
       
       Allein vom Mai 2015 bis Mai 2017 wurden die Kanäle 23-mal geflutet, bis
       sich im vergangenen Sommer nur noch schlammiges Wasser in Buendía und
       Entrepeñas befand. Die Regionalregierung in Kastilien-La Mancha klagte
       jedes Mal dagegen, doch die Richter lassen sich Zeit.
       
       Die halbverlassenen Dörfer in der Region müssen mit Wasser aus Tanklastern
       versorgt werden. Die Verschmutzung des Flusses Tajo nimmt ständig zu. „Das
       Wasser ist eines der wichtigsten Probleme“, weiß auch der konservative
       Ministerpräsident Mariano Rajoy. Er redet viel von einem „Nationalen
       Wasserabkommen“, ohne jedoch konkret zu werden. In der Region Murcia
       gewinnt seine Partido Popular (PP) die Wahlen, in Kastilien-La Mancha
       regieren die Sozialisten zusammen mit der linksalternativen Podemos. Beim
       Wasser geht es auch um Wählerstimmen.
       
       Während die Landwirte aus der Mittelmeerregion Richtung Norden schauen und
       fordern, dass der Fluss Ebro für sie angezapft wird, verlangen
       Umweltschutzorganisationen, dass die Bauern mit den eigenen Ressourcen
       auskommen. Vor allem in der Region Murcia gibt es auch unterirdische
       Ströme, die ins Meer fließen. Würden diese angezapft, hätte die Region gar
       Wasserüberschuss.
       
       Es sei möglich, bereits in drei Jahren ohne Wasserüberführung aus
       Zentralspanien auszukommen, rechnet Greenpeace vor. „Zuzugeben, dass es
       genug unterirdisches Wasser gibt, wäre ein Problem für diejenigen, die vom
       Geschäft mit der Trockenheit leben“, sagt die Umweltschutzorganisation und
       meint damit die Großunternehmen, die Entsalzungsanlagen an der Küste
       betreiben sowie Kanäle und Pipelines warten und bauen.
       
       Spanien ist kein Einzelfall. Der gesamte Mittelmeerraum leidet unter der
       Trockenheit, ganz extrem Nordafrika. In Marokko macht die Landwirtschaft 20
       Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Viele Flächen, auf denen einst
       ohne Bewässerung Getreide angebaut wurde, produzieren heute Gemüse und Obst
       für die ständig zunehmende Stadtbevölkerung und für den europäischen Markt.
       Das bringt mehr Gewinne, braucht aber auch mehr Wasser. Selbst Unternehmen
       aus Südspanien haben ihre wasserintensive Erdbeerproduktion auf der anderen
       Seite des Mittelmeers ausgebaut.
       
       Klimaforscher warnen. Die Niederschläge werden im Mittelmeerraum immer
       weiter zurückgehen, die Temperaturen steigen. Nordafrika und damit Marokko
       werden stärker betroffen sein, als andere Regionen. In Marokko, aber auch
       in Spanien, wird immer mehr Land zur Wüste. Gleichzeitig steigt der Bedarf
       an Wasser und landwirtschaftlichen Produkten. Marokkos Bevölkerung hat sich
       seit der Unabhängigkeit 1956 mehr als verdreifacht.
       
       ## Wenn die Wasserhähne trocken bleiben
       
       Der gefürchtete „Day Zero“ in der dürregeplagten südafrikanischen
       Metropole Kapstadt ist verschoben worden. Der Tag, an dem die Wasserhähne
       trocken bleiben, war in den vergangenen Monaten mehrfach angekündigt
       worden. Jetzt hat die Regierung Hoffnung, dass besagtes Szenario dieses
       Jahr noch verhindert werden kann.
       
       Aber die Wasserkrise bleibt: Südafrika hat die Dürre in Kapstadt und
       anderen Teilen des Landes vergangene Woche zur nationalen Katastrophe
       erklärt. Damit können nun leichter Hilfsgelder die Region direkt erreichen.
       In den drei Kapprovinzen im Süden des Landes sei die Trockenheit besonders
       ausgeprägt, sagt die Landesregierung.
       
       Der „Day Zero“, also der „Tag null“, war zuletzt für den 9. Juli dieses
       Jahres erwartet worden. In der vergangenen Woche erklärte die in der
       Metropole regierende Oppositionspartei DA aber, durch jüngste Erfolge beim
       Wassersparen könne dies möglicherweise verhindert werden. Die Hähne könnten
       geöffnet bleiben, wenn die Bewohner sich weiterhin beim Wasserverbrauch
       einschränkten und im bevorstehenden Winter genug Regen falle.
       
       Das düstere Szenario, an 200 Wasserstellen in der Stadt eine zugeteilte
       Wasserration in Kanistern – unter Polizeibewachung – abholen zu müssen, hat
       wohl zu Einsparungen geführt.
       
       ## Keine Panik
       
       Der Wasserverbrauch der Millionenstadt ist laut Premierministerin Helen
       Zille von 600 Liter täglich auf 520 Liter täglich gesunken. Die Stadt habe
       ihren Wasserverbrauch in den vergangenen drei Jahren um 60 Prozent
       verringert, sagte DA-Parteichef Mmusi Maimane. Mancher Kapstädter ist
       verärgert: Der „Day Zero“ sei als Drohung genutzt worden, um die
       Bevölkerung zum Wassersparen zu erziehen, glauben sie. Von Panik ist jetzt
       wenig zu spüren.
       
       Warnhinweise zum Sparen gibt es überall. Die Einwohner nutzten Waschwasser
       für Pflanzen. Die Spülung soll nur benutzt werden, wenn es wirklich
       notwendig ist. Autowaschen ist verboten, und eine schnelle Dusche möglichst
       unter zwei Minuten angesagt. Swimmingpools dürfen nicht mehr mit
       Trinkwasser befüllt werden. Doch die Sparmaßnahmen treffen die Armen mehr
       als die Reichen. Wer Geld hat, lässt ein Loch im Garten bohren, und bereits
       nach wenigen Metern im Erdboden sprudelt oftmals klares Wasser. Die Stadt
       hat es verboten, um den Stand des Grundwassers stabil zu halten.
       
       Die Krise ist eine Mischung aus schlechter Planung seitens der Politiker,
       Klimawandel, Bevölkerungswachstum, aber auch mangelnde Infrastruktur
       angesichts sinkender Wasserpegel in den Dämmen. Erst jetzt werden
       Meerwasserentsalzungsanlagen gebaut.
       
       Politiker in Kapstadt hätten schon vor drei Jahren etwas unternehmen
       müssen, sagte Mike Muller, südafrikanischer Wasserexperte und früherer
       Vorsitzender des Global-Agenda-Rats für Wassersicherheit beim
       Weltwirtschaftsforum. Die Wassersparaktionen und auch mal eine gute
       Regensaison werden helfen, die absolute Krise zu vermeiden, sagt Muller.
       Jedoch seien alle südafrikanischen Städte dem Risiko der Wasserknappheit
       ausgesetzt.
       
       Die nördlichen Landesteile hatten zwar ausreichend Regen im vergangenen
       Jahr. Aber die Planung für die Zukunft in einem wasserarmen Land hinke in
       einem desolat organisierten Ministerium hinterher. Jetzt müssten in den
       regionalen Wasserkomitees Pläne abgesprochen werden, um solche Dramen wie
       den „Day Zero“ in Kapstadt landesweit zu verhindern.
       
       Kapstadt ist die erste Stadt weltweit, in der das Abstellen der Wasserhähne
       Realität werden könnte. Viele Menschen haben sich derweil mit dieser
       Situation arrangiert. Hotels haben sich der Wassersparkampagne
       angeschlossen. Dennoch hat der „Day Zero“, den es bisher nicht gab, für
       Buchungsausfälle und Absagen von Reservierungen in der Tourismusbranche,
       einer wichtige Einnahmequelle für die Stadt, geführt.
       
       16 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
 (DIR) Reiner Wandler
 (DIR) Martina Schwikowski
       
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