# taz.de -- Zuständigkeiten in der Pandemiepolitik: Abgeordnete für mehr Macht für Bund
       
       > Rund 50 Bundestagsabgeordnete von CDU/CSU wollen dem Bund ermöglichen,
       > Corona-Beschränkungen zu erlassen. Die Grünen wären dabei.
       
 (IMG) Bild: Bekam Post von 52 seiner Abgeordneten: Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus
       
       BERLIN AFP, Reuters, taz | Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU wollen dem
       Bund mehr Kompetenzen in der Pandemie-Bekämpfung verschaffen. Eine
       Initiative von Unions-Abgeordneten sieht vor, den Bund zum Erlass von
       Rechtsverordnungen zur Durchsetzung von Corona-Maßnahmen zu ermächtigen.
       Über diesen Vorschlag berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag.
       Damit könnte auch der Bund Corona-Beschränkungen verhängen – ebenso wie die
       Landesregierungen.
       
       Derzeit sieht das Infektionsschutzgesetz vor, dass es Aufgabe der Länder
       ist, Corona-Schutzmaßnahmen zu erlassen und durchzusetzen. Die
       CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas
       kritisieren in einem Schreiben an ihre Fraktionskollegen die zunehmend
       uneinheitliche Auslegung der Maßnahmen von Land zu Land.
       
       „Zuletzt und andauernd“ sei eine „Einigung auf gemeinsames Handeln nicht
       mehr möglich gewesen“, heißt es in dem Brief, mit dem die Abgeordneten um
       Unterstützung werben. „Dadurch wurde die Schwäche des
       Infektionsschutzgesetzes sichtbar, die darin besteht, dass dieses Gesetz
       nur die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, mit
       denen die Ziele des Gesetzes erfüllt werden sollen, nicht aber die
       Bundesregierung.“
       
       Der Bundestag müsse „diese Lücke im Infektionsschutzgesetz zügig
       schließen“, fordern die Abgeordneten. Ziel müsse sein, „dem Bund
       (zusätzlich) die selben Handlungsmöglichkeiten zu geben wie den Ländern,
       nämlich durch Rechtsverordnung die Durchsetzung der nationalen Ziele des
       Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten“. Die Abgeordneten riefen ihre
       Fraktionskollegen auf, bis Donnerstagmittag ihre Unterstützung für die
       Initiative zu signalisieren und sich beim Büro von Norbert Röttgen zu
       melden.
       
       Röttgen sagte der Zeitung Die Welt, die Initiative werde von 52
       Abgeordneten von CDU und CSU unterstützt. Das Schreiben mit den
       Unterschriften sei an den Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) und
       den CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt versandt worden, sagte Röttgen
       weiter. Es gehe nicht darum, die Länder zu schwächen. „Es geht darum, dass
       der Bund überhaupt handeln kann.“
       
       Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach sich für mehr
       Kompetenzen für den Bund aus. „Wir brauchen endlich ein einheitliches,
       gemeinsames und wirkungsvolles Vorgehen gegen die Coronakrise, einen
       radikalen Wellenbrecher, um die dritte Welle unter Kontrolle zu bekommen“,
       sagte Göring-Eckardt der taz. Weiteres Abwarten sei „unverantwortlich und
       gefährlich“. Die Ministerpräsidentenkonferenz habe es nicht vermocht, ein
       gemeinsames Vorgehen verbindlich zu verabreden. „Nun muss auf Bundesebene
       gehandelt werden.“ Der Bund habe die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des
       Infektionsschutzes. „Wir fordern schon seit langen, dass der Bundestag die
       Maßnahmen beschließt.“
       
       Die Diskussion darüber, ob mehr Kompetenzen in der Coronapolitik auf die
       Bundesebene verlagert werden sollen, schwelt seit Ende März. Kanzlerin
       Angela Merkel (CDU) hatte in der ARD-Sendung Anne Will gesagt, die Länder
       müssten bei der Pandemiebekämpfung „nachlegen“. Sie kritisierte
       Lockerungsschritte und stellte zugleich in den Raum, dass der Bund über
       eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes selbst die Initiative ergreifen
       könnte. Ein Regierungssprecher hatte am Wochenende erklärt, es werde
       überlegt, „ob und wie der Bund einheitliche Vorgaben machen soll, falls das
       Vorgehen der Länder nicht ausreicht“.
       
       Der Deutsche Städte- und Gemeindebund zeigte sich skeptisch. Der Umweg über
       ein neues Infektionsschutzgesetz „löst nicht das jetzt akute Problem, dass
       wir schnell die dritte Welle brechen müssen“, sagte Hauptgeschäftsführer
       Gerd Landsberg der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zwar seien mehr
       Bundesbefugnisse für klare und einheitliche Vorgaben „wünschenswert“. Die
       dafür angepeilte Gesetzesänderung erfordere aber die Beteiligung des
       Bundesrates sowie Beratungen in den Gremien. „Das ist kurzfristig kaum
       darstellbar“, sagte Landsberg.
       
       Am Montag will Merkel wieder mit den 16 LänderchefInnen über
       Corona-Maßnahmen beraten. Allerdings streiten sich Letztere noch über die
       Linie. Der Niedersachse Stephan Weil (SPD) wies Forderungen für einen
       kurzen und harten Lockdown zurück. Der Thüringer Bodo Ramelow (Linke)
       sprach sich gegen bundeseinheitliche Regelungen aus. Bayerns
       Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Verschiebung der Konferenz
       ins Gespräch gebracht, wenn die 16 Landeschefs keine klare Linie vertreten
       würden.
       
       8 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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