# taz.de -- Präsident mit Reiseverbot: Milos Zeman muss erst fragen
       
       > Der tschechische Präsident darf nicht zum Moskauer Gedenken ans
       > Kriegsende reisen. Die Regierung in Prag verweigert ihm den Ausflug.
       
 (IMG) Bild: Darf nicht nach Moskau: Tschechiens Präsident Milos Zeman
       
       PRAG taz | Tschechiens Präsident Milos Zeman, bekannt dafür, gerne mit und
       unter Volldampf unterwegs zu sein, musste jüngst den Rückwärtsgang
       einlegen. Lange hatte der 70-Jährige darauf bestanden, an der Siegesparade
       zum 70. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs in Moskau teilzunehmen.
       „Ich begreife das als einen Ausdruck meiner Dankbarkeit dafür, dass wir in
       unserem Land nicht Deutsch sprechen müssen, nicht,Heil Hitler!',,Heil
       Himmler!',,Heil Göring!' oder,Heil Heydrich!' rufen müssen“, hatte er
       gesagt.
       
       Seine Dankbarkeit wird Zeman jetzt im Verborgenen zeigen müssen und nicht
       an der Seite von Gastgeber Wladimir Putin.
       
       Denn der Präsident, dessen Rolle in Tschechien größtenteils repräsentativ
       ist, muss sich außenpolitische Abenteuer erst einmal von der Regierung
       genehmigen lassen. Und die hat Zeman zurückgepfiffen.
       
       Die Tschechische Republik ist seit 1999 Nato-Mitglied. Was das so alles mit
       sich bringt, sollte Zeman eigentlich wissen, hat er den Beitritt doch
       selbst als Regierungschef miterlebt.
       
       Dass es sich als Oberhaupt eines Nato-Staates nicht unbedingt schickt,
       russischen Panzern zuzuwinken, die möglicherweise nur ihren Urlaub in der
       Ostukraine für die Siegesparade unterbrochen haben, könnte einem alten
       Hasen wie Zeman auch der politische Verstand zuflüstern. Vorsichtshalber
       hat der US-Botschafter in Tschechien, Andrew Schapiro, in einem Interview
       vorsichtig angedeutet, dass er Zemans Vorhaben, den Grüßaugust für Putin zu
       geben, „ziemlich heikel“ fände.
       
       ## Hausverbot für US-Botschafter
       
       Dafür darf er Zeman jetzt nicht mehr auf der Prager Burg besuchen. Die ist
       seit Gründung der Tschechoslowakei Amtssitz des Präsidenten, dessen
       Bedeutung von Zeman und seinen wiederholten Eskapaden seit seiner Wahl im
       Januar 2013 immer weiter ausgehöhlt wird.
       
       Einer Umfrage vom Januar nach lehnen 43 Prozent der Tschechen das Verhalten
       ihres Präsidenten ab – einer der schlechtesten Werte, die ein Präsident
       überhaupt je verbuchen musste. Das geplante Moskauer Winke-Winke ist dabei
       nur ein kleiner Teil der gesammelten Zeman’schen Peinlichkeiten. Mal wankt
       er betrunken vor den Kronjuwelen herum, ein anderes Mal erklärt er „Tod den
       Vegetariern und Abstinenzlern“. Der Fremdschäm-Faktor Zemans ist bei weitem
       höher als seine Umfragewerte.
       
       Seit Monaten beobachtet das „Prager Kaffeehaus“, wie Zeman all die
       bezeichnet, die ihn kritisieren, wie die halbe Präsidentenkanzlei
       fieberhaft nach einem Artikel sucht, den Zeman sich selbst herbeifantasiert
       hat. Ferdinand Peroutka, ein bis heute berühmter tschechischer Journalist
       und Intellektueller der Zwischenkriegszeit, habe 1938 einen Artikel
       verfasst, der lautete „Hitler ist ein Gentleman“, hatte Zeman zu
       Jahresbeginn erklärt.
       
       ## Präsidentielle Diffamierungstaktik
       
       Wahrscheinlich wollte er zeigen, wie Journalisten und Intellektuelle falsch
       liegen können. Das Dumme ist nur, dass Peroutka nie einen solchen Artikel
       geschrieben hat, sondern ein posthumes Opfer präsidentieller
       Diffamierungstaktik wurde. Zeman meine das alles nicht so, er wolle nur
       spielen, meinte nun kürzlich Zemans außenpolitischer Berater Hynek
       Kmoniček.
       
       Kmoniček musste jetzt einen kommunikativen Doppelsalto meistern: An einem
       Tag erklären, warum Zeman unbedingt an der Moskauer Siegesparade teilnehmen
       muss, nur um den Rückzieher tags darauf so elegant wie möglich aussehen zu
       lassen, Die Entscheidung, sich in Moskau nicht an der Siegesparade zu
       beteiligen, sondern sich dort stattdessen mit dem slowakischen
       Regierungschef Robert Fico zu treffen, habe der Präsident „aus freien
       Stücken“ getroffen, erklärte Kmoniček.
       
       Zeman selbst legt derweil einen Spagat hin: Er will in Moskau auch die
       Gefallenen der Russischen Befreiungsarmee ehren. Die kämpfte nun aber
       zunächst unter ihrem General Andrej Wlassow auf der Seite Nazi-Deutschlands
       gegen Stalin. Erst während des Prager Aufstands in den letzten Kriegstagen
       unterstützte sie dann die aufständischen Tschechen gegen die Wehrmacht. In
       Russland gelten die Wlassow-Soldaten bis heute als Verräter.
       
       2 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alexandra Mostyn
       
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