# taz.de -- Kosten für Asylunterkünfte in NRW: Essen ist sich selbst zu teuer
       
       > Nach dem Skandal um von Wachmännern misshandelte Asylbewerber ist Essen
       > die neue Sicherheitsfirma zu teuer. Pikant: Das Unternehmen gehört der
       > Stadt.
       
 (IMG) Bild: Nach Misshandlungen in Burbach wollte Nordrhein-Westfalen die Anforderungen an das Wachpersonal erhöhen
       
       KÖLN taz | Nicht einmal ein Jahr nach dem Skandal um die Asylheime in NRW
       sind der Stadt Essen die Sicherheitskosten für die Bewohner nun zu teuer
       geworden. Die Stadt forderte den privaten Betreiber European Homecare
       Anfang des Jahres auf, sich eine günstigere Sicherheitsfirma für ihre
       Behelfsunterkünfte zu suchen. Homecare will deshalb den aktuellen
       Dienstleister RGE im Mai durch die billigere Stölting Holding ersetzen und
       hat bereits die Kündigungen verschickt.
       
       Die RGE gehört gänzlich der Stadt Essen: Damit ist der Stadt ihr eigener
       Dienstleister zu teuer. Bis zu 60 Mitarbeitern der RGE droht nun die
       Kündigung zum 30. April. Verdi hat sich deshalb schon in der vergangenen
       Woche mit einem offenen Brief an den Oberbürgermeister und den
       verantwortlichen Beirat der Stadt Essen gewandt. „Was passieren kann, wenn
       man den billigsten Anbieter nimmt und nicht auf die Qualität achtet, haben
       Sie im letzten Jahr doch bereits feststellen müssen“, kritisiert die
       Gewerkschaft.
       
       Verdi fordert die Verantwortlichen nun auf, den Firmenwechsel zu stoppen.
       RGE bildet seine Mitarbeiter drei Jahre zur Fachkraft für Schutz und
       Sicherheit aus, sie erhalten einen Stundenlohn von 11,84 Euro. Die
       Mitarbeiter der Stölting hingegen absolvieren nur eine kurze
       Sachkundeprüfung. Ihr Lohn beträgt 9,35 Euro.
       
       In der Gemeindeordnung ist vorgeschrieben, dass die RGE nicht am Markt
       tätig sein darf. Deshalb gibt es einen stadtintern vorgegebenen
       Leistungsaustausch, also eine Vorgabe, dass sich städtische Unternehmen
       gegenseitig beauftragen sollen. Laut Beirat Peter Renzel wurde diese
       Vorgabe hier berücksichtigt.
       
       ## Misshandlungen der Bewohner
       
       Formal stimmt das, weil als privater Betreiber European Homecare zwischen
       Stadt und Sicherheitsfirma agiert, Homecare ist nicht an den
       Leistungsaustausch gebunden und kann sich seine Sicherheitsfirma aussuchen.
       So hat die Stadt „nur“ indirekt ihre eigene Firma durch eine private
       ersetzen lassen.
       
       Die zuletzt von European Homecare beauftragte Wachfirma SKI stand im
       Oktober vergangenen Jahres wegen Misshandlungen der Bewohner in der Kritik.
       Die seither zuständige RGE war bisher nie negativ aufgefallen – im
       Gegensatz zur privaten Nachfolgerin Stölting Holding, die von Verdi wegen
       unregelmäßiger Lohnabrechnungen kritisiert wird. Außerdem verhindere sie
       die Bildung von Betriebsräten.
       
       Die Linksfraktion in Essen kritisiert, die Stadt könne sich „nicht einfach
       aus der Verantwortung für ihre Mitarbeiter bei der RGE stehlen, auch wenn
       formal European Homecare zuständig ist“, so die Fraktionsvorsitzende
       Gabriele Giesecke. „Stölting Group arbeitet mit Methoden, die in Richtung
       Lohndumping gehen und versucht so andere Firmen vom Markt zu verdrängen.“
       
       Außerdem kritisiert auch der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft die
       Kündigung. Die aktuellen Vorgänge in Essen würden zeigen, dass „besonders
       öffentliche Auftraggeber nichts aus den Geschehnissen gelernt“ hätten. Der
       Verband hatte in der Vergangenheit schon betont, dass eine qualifizierte
       Betreuung, wie sie in Asylbewerberheimen nötig ist, „nicht zum Mindestlohn“
       erfolgen könne. Der Kostenaspekt dürfe nicht maßgeblich bei der Vergabe der
       Aufträge sein: Sicherheit sei keine Ware wie jede andere.
       
       30 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Helke Ellersiek
       
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