# taz.de -- Bürgerentscheid in Friedrichshain: Gebaggert wird trotzdem
       
       > Gegen die Bebauung des „Freudenberg-Areals“ hat eine Initiative 5.900
       > Unterschriften gesammelt. Das reicht für einen Bürgerentscheid – aber
       > keinen Baustopp
       
 (IMG) Bild: Die Mieten im neuen Projekt seien sozialverträglich, findet der Investor
       
       Gegen die geplante Wohnbebauung auf dem sogenannten Freudenberg-Areal in
       Friedrichshain ist ein Bürgerbegehren zustande gekommen. Das Bezirksamt
       Friedrichshain-Kreuzberg meldete am Montag, die Kiezinitiative
       „Ideenwerkstatt Freudenberg-Areal“ habe 5.910 gültige Unterschriften
       vorgelegt. Damit seien die erforderlichen 3 Prozent Unterstützung für einen
       Bürgerentscheid erreicht.
       
       Ob es zum Entscheid kommt, ist dennoch fraglich. Denn die Bauwert-Gruppe,
       die zwischen Boxhagener Platz, Holtei- und Weserstraße 650 Wohnungen
       errichten will, führt dort bereits „bauvorbereitende Maßnahmen“ durch. Sie
       darf das auch: Im Juli 2014 erteilte die Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung dem Investor das Baurecht. Daran kann auch ein
       Bürgerentscheid nichts mehr ändern.
       
       „Es ist eine absurde Situation“, erklärt Jonas Schemmel,
       Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV)
       von Friedrichshain-Kreuzberg, die komplizierte Lage. „Wir können zwar
       darüber abstimmen, ob wir den Willen des Volkes annehmen. Aber praktisch
       wird das keinerlei Konsequenzen haben. Denn die Senatsverwaltung für
       Stadtentwicklung hat als übergeordnete Behörde bereits Fakten geschaffen,
       denen wir uns als Bezirk beugen müssen.“
       
       Konkret heißt das: Am Mittwoch entscheidet die BVV, ob sie das
       Bürgerbegehren annimmt. Tut sie das, wird trotzdem weitergebaut – weil das
       Bauvorhaben vom Senat genehmigt wurde. Lehnen die Bezirksverordneten das
       Begehren dagegen ab, könnten die Baugegner einen Bürgerentscheid
       durchsetzen. Doch auch dieser würde nichts ändern – weil es zu spät ist,
       das Baurecht rückgängig zu machen. Der Entscheid wäre lediglich „eine
       Meinungsäußerung der Bevölkerung“, so Schemmel.
       
       Eine teure Meinungsäußerung, findet Henning Hausmann, Sprecher der
       Bauwert-Gruppe. „Das kostet alles nur Steuergelder und bringt nichts“,
       kommentiert er gegenüber der taz die Unterschriftenaktion. „Die
       bauvorbereitenden Maßnahmen sind bald abgeschlossen und im Sommer beginnt
       der Bau wie geplant.“
       
       Das Geplante sei bereits ein Kompromiss, sagt Hausmann: Von den 650
       Wohnungen entstehen 122 in Kooperation mit der städtischen
       Wohnungsbaugesellschaft Howoge, größtenteils zu einem sozialverträglichen
       Mietpreis von 6,50 Euro pro Quadratmeter netto kalt. Außerdem wird es eine
       Kita geben und einen 6.000 Quadratmeter großen öffentlichen Park. Auch
       durchschneidet keine Straße das Gelände – ganz im Sinne der Anwohner. Mit
       diesen Zugeständnissen wollte der Investor die soziale Akzeptanz des
       Projekts erreichen. Dass es trotzdem zur Unterschriftenaktion kam, versteht
       er nicht: „Wir sind wahrscheinlich der einzige Bauträger Berlins, der drei
       öffentliche Runde Tische veranstaltet hat“, sagt Hausmann. „Aber irgendwann
       muss man dann auch mal bauen.“
       
       Selbst im grün regierten Bezirk, in dem man seit Jahren mit dem Projekt
       ringt, klingt ein gewisses Verständnis für den Bauherrn durch. Die
       Baugegner kündigen indes weiteren Widerstand gegen das „Betonmonster“ an.
       Sie wollen eine weniger dichte Bebauung und ein reguläres
       Bebauungsplanverfahren für das 2,6 Hektar große Areal. Der Verein
       NaturFreunde Berlin reichte Mitte Februar eine Klage ein, um den vom Senat
       erteilten Bauvorbescheid wieder aufzuheben.
       
       24 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nina Apin
       
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