# taz.de -- „Tatort“ aus Bremen: Entdeckung der Fehlbarkeit > Wenn Kommissarin Lürsen nicht die Kümmermutti spielt, sondern die > zerknirschte Zweiflerin, gibt es ganz großes Kino. Mit Spannung bis zum > Schluss. (IMG) Bild: Die verlorene Tochter kehrt wieder, doch die Kommissarin hat Zweifel Die „Tatort“-Beiträge von Radio Bremen sind wie diese bald vergessenen roten Kaugummiautomaten: Man weiß nie, was man kriegt. Der Versuch aber lohnt sich, denn wenn Kommissarin Lürsen nicht als quälend unfehlbare Kümmermutti alles wieder einrenkt, kommen schon mal gute bis sehr gute Kriminalfilme zustande. Was freilich nicht immer gewürdigt wird. 2005 erlaubten sich die Urheber der Episode „Scheherazade“, die Dinge in der Schwebe zu lassen. Prompt hagelte es Klagen, auch von Seiten, die heute lautstark komplexere TV-Serien einfordern. Aber Lernfähigkeit ist ja keine Schande. Und wieder einmal muss sich Inga Lürsen infrage stellen lassen. 2005 bearbeitete sie den Fall der vermissten siebenjährigen Fiona Althoff. Deren Vater, alkoholbedingt ohne Erinnerung, geriet in Verdacht, Lürsen nahm ihn heftig ins Gebet. Der Mann beteuerte seine Unschuld. Und wählte den Freitod. Die Witwe Silke Althoff machte Lürsen schwere Vorwürfe. Fiona wurde nie gefunden. Zehn Jahre später. Ein Mädchen mit rot gefärbten Haaren klingelt bei den Althoffs, in der Hand ein Flugblatt, mit dem nach Fiona gesucht wurde. Sie schweigt, wird argwöhnisch taxiert – und als die verschwundene Fiona erkannt. Die unverhoffte Wiederkehr setzt Lürsen endgültig ins Unrecht. Sie ist zerknirscht; umso schwerer fällt es ihr, ihren Zweifeln nachzugeben. Fiona erzählt in oft drastischem Vokabular, sie sei entführt und europaweit als Sexsklavin missbraucht worden. Eine Psychologin wird hinzugezogen, ein DNA-Test durchgeführt. Alles scheint seine Richtigkeit zu haben. Kein Mord am Anfang also, zweitrangig die Frage nach dem Täter. Das Rätsel lautet vielmehr: Was ist vor zehn Jahren tatsächlich geschehen? Sagt die junge Frau die Wahrheit? Daraus bezieht diese Geschichte ihre Spannung. Bildliche Reize gibt es auch – unnötige Konzessionen. Die Story macht’s. 15 Mar 2015 ## AUTOREN (DIR) Harald Keller ## TAGS (DIR) Prostitution (DIR) Tatort Bremen (DIR) TV-Krimi (DIR) Nürnberg (DIR) Brennpunkt (DIR) Tatort (DIR) Einsamkeit (DIR) Krimi ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Science-Fiction von vorgestern: Fremdscham im Cyberspace Der Radio-Bremen-Tatort „Echolot“ versucht, der neuen Arbeitswelt auf den Zahn zu fühlen – und scheitert dabei an seinem Genreballast (DIR) Tatort aus Nürnberg: Reinkarnation eines Lieblings Ein neues Tatort-Team: Paula Ringelhahn und Felix Voss sind die beiden Hauptkommissare. Irritationen fordern im Franken-Tatort das Publikum. (DIR) „Tatort“ aus Kiel: Alles ganz falsch machen In Kiel-Gaarden wird eine Leiche gefunden. Gaarden gilt als Schmuddelbezirk. Ein sozialkritischer „Tatort“ über Armut und Perspektivlosigkeit, der leider kalt lässt. (DIR) „Tatort“ aus Konstanz: Château la Dings-Büms Im „Tatort“ aus Konstanz geht es um Revolution und viel Rotwein. Entsprechend beschwipst kommt der Sonntagskrimi diesmal daher. (DIR) „Tatort“ aus Köln: Lasst mich bloß in Ruhe Alle sind allein in diesem „Tatort“. Sie sind keine Lonesome-Cowboys, sie leiden unter ihrem Dasein. Das wird leider etwas dick aufgetragen. (DIR) „Tatort“ aus Kiel: Bauern im Drogensumpf Crystal Meth ist aus dem „Tatort“ nicht mehr wegzudenken. „Der Himmel über Kiel“ handelt von Faszination und Folgen des Drogenkonsums.