# taz.de -- Kolumne Fernsehen: Und dann sagt man sich goodbye
       
       > Nun endet „Wetten, dass..?“. Zeit für ein bisschen Sentimentalität,
       > Erinnerungen an die Babysitterin – und an Udo Jürgens.
       
 (IMG) Bild: Servus, „Wetten, dass..?“!
       
       Udo Jürgens sang 15-mal bei „Wetten, dass..?“. Peter Maffay war sogar noch
       zweimal häufiger da, aber die Auftritte habe ich alle verdrängt. So wie ich
       vieles verdrängt habe, was „Wetten, dass..?“ mir viele Jahre lang zugemutet
       hat.
       
       Doch jetzt, da die Show ihrem endgültigen Ende entgegengeht, werde ich
       sentimental. Ein bisschen. Ist sonst nicht meine Art. Eigentlich halte ich
       es wie Udo Jürgens in seinem Song „Und dann sagt man sich goodbye“:
       
       „Man tut so, als wäre nichts geschehen / und dann sagt man sich goodbye“ 
       
       So halten es fast alle. Der Stern hat mal umgefragt: Nur 13 Prozent der
       Menschen in Deutschland werden „Wetten, dass..?“ vermissen. Es wollen halt
       alle zu den Siegern gehören – und „Wetten, dass..?“ ist ein Verlierer. Udo,
       dein Einsatz!
       
       „Was wir fühlen, das zeigt man nicht / Unser Weg ist zu Ende / Und wir
       lächeln uns ins Gesicht / Reichen uns noch die Hände“ 
       
       Ich war sechs Jahre alt, als unsere Babysitterin Johanna, die uns immer
       „Hilfe, die Herdmanns kommen“ vorlas, im Fernsehen war. Bei „Wetten,
       dass..?“! Sie hatte gewettet, dass sie alle bis dahin ausgestrahlten 314
       Folgen der „Lindenstraße“ an den letzten fünf Sekunden erkennen würden. Sie
       wusste, dass „Fest der Liebe“ Folge 56 war und am 28.12.1986 lief. Sechs
       Episoden folgten. Nur einmal musste sie länger überlegen, da fasste sie
       sich beim Nachdenken mit Daumen und Zeigefinger an den Nasensteg ihrer
       Brille. Sie kannte natürlich auch die.
       
       Auf dem Showsofa schaute Marie-Luise Marjan zu. Die kannte ich, wusste aber
       ihren Namen nicht. Björn Engholm saß neben ihr. Der war damals mein
       Ministerpräsident. Ich kannte weder ihn noch seinen Namen.
       
       Aber mein Bruder und ich kannten Johanna und wählten am Ende der Show und
       wählten und wählten. Unser Telefon hatte kein Wahlwiederholungstaste.
       Wählen, besetzt, wählen, besetzt, wählen, „Ihr Anruf wurde gezählt, bitte
       auflegen“, wählen, besetzt – bis die Leitungen geschlossen wurden. Johanna
       gewann! Wettkönigin! Ich glaube, dass es damals 5.000 Mark gab.
       
       „Die Erinnerung nimmt uns niemand fort / Und dann sagt man sich goodbye“ 
       
       Es war ein schöner Abend. Meine Eltern waren nicht da. In meiner Erinnerung
       gingen mein großer Bruder und ich irgendwann – beseelt von unserem Erfolg
       an der Wählscheibe – ins Bett. Obwohl es viel wahrscheinlicher ist, dass
       wir vor dem Fernseher eingeschlafen sind. Schließlich war Fernsehengucken
       bei uns im Haus ein künstlich verknapptes Gut, das wir Kinder uns mit einer
       familieninternen Währung ([1][Fernsehchips]) erkaufen mussten.
       
       Wenn ich darauf und auf „Wetten, dass..?“ zurückblicke, muss ich wieder Udo
       anstimmen:
       
       „Bleib doch bei mir / rief so gern ich dir zu / Ich weiß nicht, warum ich’s
       nicht tu“ 
       
       Ich hab „Wetten, dass..?“ lange nicht mehr geschaut. Am Samstag werde ich
       für die letzte Sendung ein paar Fernsehchips springen lassen.
       
       13 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!104732/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürn Kruse
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wetten, dass... ?
 (DIR) Markus Lanz
 (DIR) Thomas Gottschalk
 (DIR) Fernsehen
 (DIR) Charlie Hebdo
 (DIR) Wetten, dass... ?
 (DIR) taz.gazete
 (DIR) Borgen
 (DIR) Quentin Tarantino
 (DIR) Sat.1
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kolumne Fernsehen: „Hinterher ist man halt schlauer“
       
       Die „Tagesschau“ wird in letzter Zeit ordentlich in die Mangel genommen.
       Ja, sie soll sich wehren und streiten. Aber nicht so.
       
 (DIR) Die Streitfrage: „Ich werde es nicht vermissen“
       
       Nur noch wenige Tage, dann ist „Wetten, dass..?“ Geschichte. Und dann? Das
       ZDF komplett abschaffen, meint Oliver Kalkofe.
       
 (DIR) Kolumne Fernsehen: Happy World Television Day!
       
       Am Freitag ist Weltfernsehtag. Da soll das Fernsehen mal so richtig
       gefeiert werden. Verdient hat es das aber nun wirklich nicht.
       
 (DIR) Dänischer Erfolgsregisseur Ingolf Gabold: „Genau wie bei einem Orchester“
       
       Ingolf Gabold produziert dänische Erfolgsserien wie „Borgen“ und
       „Kommissarin Lund“. Vorher komponierte er Opern. Beides sei ähnlich, sagt
       er.
       
 (DIR) Kolumne Fernsehen: Jetzt schon Kult, das „Kult“-Verbot
       
       Kultserien, Kultshows, Kultfilme – das nervigste Wort der Welt gehört
       endlich auf den Index. Wann reagieren Politik und Verbraucherschutz?
       
 (DIR) Kolumne Fernsehen: Merkel, Guido Knopp und Gina Wild
       
       Besondere Anlässe brauchen besondere Formate: Am Dienstag läuft der
       Sat.1-Superfilm „Die Staatsaffäre“. Hier ein Vorausstrahlungsliveticker.