# taz.de -- Papstbesuch in der Türkei: Nicht in Benedikts Fußstapfen
       
       > Bei seinem dreitägigen Besuch plädiert Franziskus für den Kampf gegen
       > Gewalt und die Überwindung der Kirchenspaltung.
       
 (IMG) Bild: Franziskus und Bartolomäus I. am Sonntag in Istanbul.
       
       ISTANBUL taz | Mit einem Aufruf zur Überwindung der Spaltung der
       katholischen und orthodoxen Kirche ist am Sonntag das Besuchsprogramm von
       Papst Franziskus in der Türkei zu Ende gegangen. Zuvor hatte Franziskus
       auch den obersten jüdischen Rabbiner getroffen, mit dem Großmufti von
       Istanbul gemeinsam gebetet und bei dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip
       Erdogan die Gleichberechtigung der drei monotheistischen Religionen
       angemahnt.
       
       Der Papst bemühte sich während seines Besuchs, die Gemeinsamkeiten von
       Christentum und Islam hervorzuheben. Angesichts des Terrors von Gruppen wie
       dem Islamischen Staat hob er das Streben nach Frieden als oberstes Ziel
       beider Religionen hervor. Franziskus setzte bei seiner „Mission Türkei“ auf
       Ausgleich und Zurückhaltung.
       
       In Ankara, wo er am Freitag eingetroffen war, absolvierte er das politische
       Protokoll eines Staatsoberhauptes. Er traf sich aber auch mit dem Chef der
       Religionsbehörde Diyanet, um einen ersten Akzent für die
       christlich-islamische Verständigung zu setzen. Zuvor hatte er die Zumutung
       eines Auftritts in Erdogans neuem Palast weggelächelt und die harschen
       Anmerkungen des Präsidenten zur westlichen Islamophobie unkommentiert
       gelassen. Stattdessen behielt der Papst während seines dreitägigen
       Abstechers in die islamische Welt sein Ziel der Versöhnung fest im Blick.
       
       Damit unterschied er sich von seinem Vorgänger Benedikt. Dieser hatte 2006
       vor seiner Türkeireise unter Verwendung eines Zitats eines byzantinischen
       Kaisers den Islam im Reich des Bösen verankert. Demgegenüber wollte
       Franziskus jetzt die gemeinsame Haltung von Islam und Christentum gegen
       Terror und Gewalt in den Mittelpunkt seines Besuchs stellen. Diese
       Botschaft kam bei den Medien an.
       
       Besonders das gemeinsame Gebet des Papstes und des Großmuftis von Istanbul
       in der Blauen Moschee am Samstagmittag wurde breit gewürdigt. Auch wenn der
       Vatikan den Auftritt von Franziskus in der Moschee später nicht als Gebet,
       sondern als Akt der Einkehr interpretiert wissen wollte, war die Presse
       begeistert, dass erstmals ein Papst gen Mekka gebetet hat.
       
       ## Im kleinen Renault statt in der Staatskarosse
       
       Auch persönlich kam Franziskus in der Türkei gut an. In Zeiten, in denen
       der eigene Präsident ein immer stärkeres Protzgehabe an den Tag legt,
       bestand der Papst darauf, in einem kleinen grauen Renault durch die Gegend
       gefahren zu werden, statt sich in die staatlich vorgesehenen Staatskarossen
       zu setzen.
       
       War das Bemühen um eine christlich-islamische Friedensgemeinschaft als
       politisch-religiöses Projekt schon deutlich erkennbar, so ging die
       Begegnung zwischen dem Papst und dem obersten Patriarchen der orthodoxen
       Kirche noch weit darüber hinaus. Seit der Kirchentrennung 1054 dürfte es
       nicht mehr ein solch herzliches Verhältnis zwischen dem Bischof von Rom und
       dem Patriarchen von Konstantinopel gegeben haben wie jetzt zwischen
       Franziskus und Bartholomäus I. Die beiden ließen in Istanbul keine
       Gelegenheit aus, sich gemeinsam zu zeigen.
       
       Der Papst begründete seinen Wunsch nach einer Versöhnung der katholischen
       und orthodoxen Kirche nicht nur theologisch, sondern auch politisch.
       Angesichts der Kriege und Krisen in der Welt „können wir uns den Luxus
       eines isolierten Handels nichts mehr leisten“, sagte Franziskus in der
       Hauptkirche des orthodoxen Patriarchats am Sonntag zum Abschluss seines
       Türkeibesuches.
       
       30 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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