# taz.de -- Kongresswahlen in den USA: Obama, das Wahlkampfhindernis
       
       > Demokratische Kandidaten wollen nichts vom Präsidenten wissen. Sein Image
       > ist zu schlecht. Die Mehrheit im mächtigen Senat steht auf der Kippe.
       
 (IMG) Bild: Ein Bild, das man nicht mehr so häufig sieht: Präsident Obama im Wahlkampf für seine Parteikollegen.
       
       NEW YORK taz | Das verflixte sechste Jahr. Es trifft jetzt auch den
       strahlenden Sieger von einst. Vor den Halbzeitwahlen ist Barack Obama
       seinen ParteifreundInnen zu einem Handicap geworden. In ihren Kampagnen
       sind sie auf Distanz zu dem Präsidenten gegangen und vermeiden selbst seine
       namentliche Erwähnung.
       
       Die RepublikanerInnen hingegen versuchen, die Wahlen zu einem Referendum
       über ihn zu machen. In ihren Werbespots ist er der Buhmann, der auf der
       ganzen Linie versagt hat: von der Staatsverschuldung, über die Bekämpfung
       des Terrorismus bis hin zu Ebola. Sämtliche Meinungsforscher geben ihnen
       recht. Sie prognostizieren, dass die Republikaner am kommenden Dienstag mit
       dem Senat auch die zweite Kammer des Kongresses erobern werden. Damit würde
       die seit Jahren massive Blockade in Washington total.
       
       Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Partei des Präsidenten bei
       Halbzeitwahlen von der Opposition abgestraft wird. Das haben Obamas
       Amtsvorgänger erfahren und das hat er selbst bei den vorausgegangenen
       Zwischenwahlen von 2010 erlebt. Doch Obamas Popularität ist auf knapp über
       40 Prozent abgesackt und nicht nur die Republikaner – deren Verantwortliche
       schon vor Jahren die Blockade seiner Politik zu ihrer obersten politischen
       Linie gemacht haben – sondern auch traditionelle demokratische Wähler haben
       sich von ihm abgewandt: Latinos sind enttäuscht darüber, dass die seit
       Jahren versprochene umfassende Einwanderungsreform nicht stattgefunden hat
       und in diesem Wahlkampf – auf Druck von Wahlkämpfern in der Demokratischen
       Partei – erneut verschoben worden ist.
       
       Umweltschützer verübeln ihm, dass er immer noch keine Entscheidung gegen
       die Ölpipeline Keystone XL gefällt hat, die ein schwerer Schlag gegen jede
       Klimapolitik wäre. Und Afroamerikaner betrachten Obama zwar weiterhin als
       Identifikationsfigur, können aber nicht feststellen, dass sich ihre Lage
       verbessert hat. Im Gegenteil: In den zurückliegenden Jahren haben
       republikanische Bundesstaaten quer durch das Land Dutzende bürokratische
       Hindernisse eingeführt, die das Wahlrecht zuungunsten von „Minderheiten“
       verändern. Und soziale Ungerechtigkeiten sowie die Polizeigewalt trifft
       weiterhin ganz überproportional die „Minderheiten“.
       
       ## Junge Wähler wenden sich ab
       
       Am schwersten für die Demokratische Partei, die bei ihren zurückliegenden
       Wahlkämpfen die Mehrheiten der jungen WählerInnen für sich gewinnen konnte,
       dürfte die Kehrtwende der jungen Generation wirken. Nur 43 Prozent der
       Jungwähler sind mit der Politik Obamas einverstanden. Und eine Mehrheit
       jener, die am Dienstag wählen wollen, favorisieren einen republikanisch
       geführten Kongress.
       
       Unschön für die DemokratInnen ist auch, dass die Wahlbeteiligung für eine
       Halbzeitwahl nicht besonders niedrig zu werden scheint. Das zeigen
       zumindest jene Bundesstaaten, in denen die Wahllokale bereits seit mehreren
       Tagen geöffnet sind und die teilweise schon jetzt höhere Wahlbeteiligungen
       als 2010 melden.
       
       Diese landesweit relativ einheitlichen Trends kontrastieren mit einem
       Wahlkampf, der sich durch Themenvielfalt auszeichnet. Außer der Opposition
       gegen Obama haben die Republikaner kein einheitliches Kampagnenthema. Je
       nach Bundesstaat variieren die Themen von der Cannabislegalisierung bis hin
       zur Anhebung des Mindestlohns.
       
       In Kentucky macht sich die demokratische Senatskandidatin Alison Grimes für
       Kohleförderung stark. Mit dieser Positionierung, die im Widerspruch zur
       Linie ihres Präsidenten steht, hat sie Chancen, den langjährigen Chef der
       republikanischen Fraktion im Senat, Mitch McConnell, zu Fall zu bringen.
       
       ## „Mutter. Soldatin. Konservative“
       
       Thematisch war 2010 völlig anders, als die Republikaner mit ihrer
       Fundamentalopposition gegen eine Gesundheitsreform die Mehrheit im
       Repräsentantenhaus erobert haben. Dieses Mal wirbt eine Republikanerin in
       Iowa als „Mutter. Soldatin. Konservative“ in einem Stall mit grunzenden
       Schweinen um ihre Entsendung nach Washington. Joni Ernst hält sich für
       qualifiziert, weil sie mit Schweinen umgehen kann und sagt über Washington,
       es ist „laut, dreckig und stinkt“.
       
       Im Bundesstaat Minnesota fordert ein Republikaner und Football-Trainer
       seine Schützlinge auf: „Rennt los und rammt jemanden.“ Während ein Spieler
       ihn ohne erkennbaren Grund unter die Gürtellinie schlägt, sagt der
       Kandidat: „Ich bin Mike McFadden und ich billige diese Botschaft“.
       „Bauernlümmelei“, nennt die New York Times diesen Ton im Wahlkampf.
       
       Mit einer erneut starken republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus
       haben sich die DemokratInnen längst abgefunden. Sie konzentrieren ihre
       geballte Kraft darauf, ihre knappe Mehrheit im Senat zu verteidigen. Und
       andererseits die Gouverneurssitze in ein paar Bundesstaaten zu erobern.
       
       ## Radikal rechts
       
       Die Verteidigung des Senats wird eine Zitterpartie werden. In fünf
       Bundesstaaten – Georgia, Kansas, Iowa, New Hampshire und North Carolina –
       liegen die konkurrierenden Kandidaten weniger als 3 Prozentpunkte
       auseinander. Das ist zu wenig, um ein klares Ergebnis vorherzusagen. Die
       endgültige Entscheidung über die künftige Mehrheit im Senat könnte sich
       sogar bis Anfang 2015 verzögern. In Bundesstaaten wie Georgia und Louisiana
       könnte es Stichwahlen geben, die erst im Januar stattfinden.
       
       Während demokratische Senats-Kandidaten Obama für ein Wahlkampfhindernis
       halten, riefen solche, die Gouverneur werden wollen, den Präsidenten im
       Endspurt ihres Wahlkampfes doch noch zu Hilfe. In Wisconsin, wo der radikal
       rechte Gouverneur Scott Walker gewerkschaftliche und betriebliche Rechte
       als auch die Löhne zusammengestrichen hat, forderte Obama gezielt
       afroamerikanische WählerInnen zur Unterstützung von Demokratin Mary Burke
       auf.
       
       An diesem Wochenende fährt er in einer ähnlichen Mission nach Detroit. Im
       Bundesstaat Michigan hat Gouverneur Rick Snyder in den letzten Jahren
       mehrere bankrotte Städte unter Zwangsverwaltung gestellt. All diese Städte
       haben mehrheitlich afroamerikanische Bevölkerungen. Die DemokratInnen
       hoffen, dass diese WählerInnen am Dienstag Snyder zu Fall bringen.
       
       2 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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