# taz.de -- Gaslager vor spanischer Küste gestoppt: Teurer Winterschlaf
       
       > Madrid stoppt nach mehreren Erdbeben den Betrieb eines Erdgaslagers im
       > Mittelmeer. Der Betreiber wird entschädigt, zahlen müssen die
       > Verbraucher.
       
 (IMG) Bild: Ein spanischer Gastanker durchfährt die Straße von Gibraltar.
       
       MADRID taz | 1,35 Milliarden Euro plus Zinsen sind es, die Erdgaskunden in
       Spanien in den kommenden 30 Jahren zusätzlich zur monatlichen Gasrechnung
       abzahlen müssen. Diesen Betrag erhält das Unternehmen Escal UGS als
       Entschädigung für den Stopp eines Gaslagers vor der Mittelmeerküste.
       
       Das Projekt mit dem Namen „Castor“ wird von der Regierung in „Winterschlaf“
       versetzt. Denn die Probebefüllung der Kalksteinschicht auf 1.800 Meter
       unter dem Meeresboden provozierte über 500 Erdbeben, das heftigste mit
       einer Stärke von 4,6 auf der nach oben offenen Richterskala.
       
       Die Befüllung wurde Ende September vergangenen Jahres auf Anweisung des
       Industrieministeriums gestoppt. Das Lager als solches, die Plattform, die
       zur Befüllung dient, sowie die Industrieanlage an Land sollten die
       Versorgungssicherheit Spaniens im Falle eines Lieferstopps für mindestens
       17 Tage gewährleisten.
       
       Eine Klausel in der Verordnung der damaligen sozialistischen Regierung
       unter José Luis Rodríguez Zapatero, mit der das „strategische Projekt“
       ausgeschrieben wurde, sieht eine Entschädigung vor, falls der Betrieb des
       Lagers „ausgesetzt oder die Genehmigung vorzeitig beendet“ wird. Eine Klage
       der derzeitigen konservativen Regierung unter Mariano Rajoy, diese Klausel
       sei nicht zumutbar und ein Rechtsmissbrauch, wurde vom obersten Gericht
       zurückgewiesen. Escal UGS muss somit entschädigt werden.
       
       ## Fehlende Voruntersuchung
       
       Die Castor-Betreiberfirma gehört zu zwei Dritteln dem Baukonzern ACS.
       Dessen Eigentümer ist der Präsident des hauptstädtischen Fußballvereins
       Real Madrid, Florentino Pérez. Das Projekt wurde von der Europäischen
       Investitionsbank (EIB) mit 200 Millionen Euro unterstützt.
       
       Die Befüllung habe „einen seismischen Prozess, der nicht untersucht wurde,
       ausgelöst“, heißt es in einem Gutachten der spanischen Geologischen
       Instituts, das nach der Erdbebenserie erstellt wurde. Vor dem Bau „wäre
       eine ausführliche Untersuchung notwendig gewesen“, heißt es weiter. Doch
       eine solche Studie gab es nie, und das obwohl auf der geologischen Karte
       der Küste vor der Region Valencia eine große tektonische Verwerfung
       eingezeichnet ist.
       
       Diese Verwerfung „diene als Deckel für das Erdgaslager“, hieß es von Seiten
       der Betreiber. Dass eine große Verwerfung höchstwahrscheinlich auch
       Verästelungen hat, daran dachte niemand. Für die Erdbeben waren, so sind
       sich die Experten mittlerweile sicher, wohl ein Gewirr aus kleineren
       Verwerfungen, die auf keiner Karte eingetragen sind, verantwortlich. Das
       Gewicht und der Druck das Gases hat schlafende Naturgewalten geweckt.
       
       Industrieminister José Manuel Soria möchte die Verbraucher mit einer
       Rechnung ganz besonderer Art beruhigen. Der Befüllungsstopp und die
       Entschädigung käme billiger als der Betrieb der Anlage, heißt es in einem
       Kommuniqué aus seinem Hause. „Ab 2017 sparen wir 110 Millionen pro Jahr“,
       rechnet das Ministerium vor.
       
       Für die Lagerung des Gases waren jährlich 210 Millionen veranschlagt. Die
       Entschädigung verschlinge nur 100 Millionen. Spanien hat kein Gaslager, und
       das zum Schnäppchenpreis.
       
       12 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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