# taz.de -- Morddrohungen in Kolumbien: Menschenrechtlerin in Angst
       
       > Die Menschenrechtlerin Bautista wird von rechtsextremen Paramilitärs
       > bedroht. Nun verleumdet Ex-Präsident Alvaro Uribe sie auch im Parlament.
       
 (IMG) Bild: Yanette Bautista Mitte August bei den Friedensverhandlungen in Havanna, Kuba.
       
       BERLIN taz | Für Yanette Bautista und ihre Familie war dieser 17.
       September, als würden sie Zeugen eines Geständnisses. Nur dass der Täter
       nicht verhaftet wurde, sondern nach wie vor als einflussreicher Senator im
       kolumbianischen Parlament sitzt. An diesem Tag sprach der ehemalige
       Präsident Álvaro Uribe im Kongress – wie immer hetzte er gegen die im
       kubanischen Havanna andauernden Friedensverhandlungen zwischen Kolumbiens
       Regierung und der Farc-Guerilla. Aber diesmal legte er noch eins drauf.
       
       Es sei ein Unding, jetzt nicht mehr von Opfern des Terrorismus zu sprechen,
       sondern von „Opfern des bewaffneten Konflikts“, und damit die ruhmreiche
       kolumbianische Armee mit Terroristen gleichzusetzen. Und im Übrigen: Die
       Vertreter von Opferorganisationen, die einige Wochen zuvor nach Havanna
       gereist waren, seien gar keine.
       
       Schon gar nicht Yanette Bautista von der Menschenrechtsstiftung Nydia Erika
       Bautista. Es gebe nämlich Zeugen, behauptete Uribe, die bestätigten, dass
       sie nach wie vor eine Guerilla-Kämpferin der kleineren ELN-Guerilla sei.
       Die hat Uribe freilich nie benannt - kann er auch nicht, sagt Bautista,
       weil ja der Vorwurf eine reine Lüge ist.
       
       Allein so eine Verleumdung durch den einflussreichsten Politiker der
       kolumbianischen extremen Rechten könnte schon Menschen in Gefahr bringen.
       Für Yanette Bautista war Uribes Brandrede nur eine Drehung weiter in der
       Bedrohungsspirale: Wie etwa 90 weitere VertreterInnen von
       Menschenrechtsorganisationen hatte sie gerade acht Tage zuvor eine E-Mail
       von der paramilitärischen Organisation „Aguilas Negras“ erhalten. „Wir
       werden einen nach dem anderen von euch Guerilla-Arschlöchern auslöschen,
       wenn ihr mit eurem Scheiß-Friedensmärchen weiter das Land anschwult“, hatte
       es da geheißen.
       
       ## 1987 vom Militärischen Geheimdienst verschleppt und ermordet
       
       Am nächsten Tag kam eine weitere Mail mit noch konkreteren Drohungen, auch
       gegen die Familien. Die Organisationen schlugen Alarm, [1][Amnesty
       International] rief zu Appellen an die kolumbianische Regierung auf, die
       [2][Interamerikanische Menschenrechtskommission] zeigte sich besorgt. Und
       dann kam Uribe und legte nach. Seither ist die Bedrohung für Yanette
       Bautista greifbar. Sie ist in einem staatlichen Schutzprogramm, hat
       Leibwächter und einen gepanzerten Wagen. Aber solche Programme laufen
       irgendwann aus. Die Angst bleibt.
       
       Yanette Bautistas Schwester war 1987 vom militärischen Geheimdienst
       entführt und ermordet worden. Auch sie selbst wurde bedroht, verbrachte
       zehn Jahre im Exil. Bis heute wurde für das Verbrechen niemand zur
       Verantwortung gezogen. Die Gründung der nach ihrer Schwester benannten
       Stiftung gibt auch dem Kampf Yanette Bautistas Ausdruck, gegen die
       Straflosigkeit, für Gerechtigkeit.
       
       2012 war Bautista mit dem deutsch-französischen Preis für
       Menschenrechtsarbeit in Kolumbien ausgezeichnet worden, hatte im
       vergangenen Jahr Deutschland besucht und hier auch die taz getroffen. Ihr
       Neffe Antonio Erik Arellana Bautista, Sohn ihrer ermordeten Schwester,
       überlebte selbst mehrere Attentate. Seit Jahren lebt er im Exil in
       Deutschland.
       
       In einem offenen Brief schrieb er nach der Rede Uribes im Parlament: „Nun
       ist es also offensichtlich, woher die Todesdrohungen, die Feindseligkeiten,
       die Verfolgungen, der Psychoterror kommen, die wir erlitten haben und denen
       wir noch immer ausgesetzt sind.“ Uribes Rede – ein Geständnis eben. Ein
       folgenloses.
       
       1 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-229-2014/menschenrechtlerinnen-massiv-bedroht
 (DIR) [2] http://www.oas.org/en/iachr/media_center/PReleases/2014/103.asp
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Alvaro Uribe
 (DIR) Menschenrechte
 (DIR) Berta Cáceres
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Juan Manuel Santos
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Juan Manuel Santos
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Kolumbien
 (DIR) Kohle
 (DIR) Kolumbien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Menschenrechte in ganz Amerika: Kein Geld, kein Interesse
       
       Der Interamerikanischen Menschenrechtskommission CIDH geht das Geld aus.
       Wenn nichts mehr reinkommt, müssen 40 Prozent der Mitarbeiter gehen.
       
 (DIR) Menschenrechte in Kolumbien: Anerkennung des Staatsverbrechens
       
       Der interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Kolumbien wegen
       Mord und Folter nach der Erstürmung des Justizpalastes 1985.
       
 (DIR) Friedensverhandlungen in Kolumbien: Farc-Guerilla lässt General frei
       
       Die Entführung von General Rubén Alzate hat ein gutes Ende genommen. Die
       Gespräche zwischen der Farc und der Regierung können damit fortgesetzt
       werden.
       
 (DIR) Geiselnahme in Kolumbien: Zurück nach Havanna
       
       Die Farc-Guerilla hat die Freilassung des von ihr verschleppten Generals
       angekündigt. Die Friedensverhandlungen können weitergehen.
       
 (DIR) Friedensverhandlungen in Kolumbien: Gespräche mit der Farc ausgesetzt
       
       Nach dem Verschwinden eines Generals bleibt die Regierungsdelegation
       vorerst zu Hause. Präsident Santos verlangt eine rasche Freilassung.
       
 (DIR) Zivilcourage gegen Gewalt in Kolumbien: Das Schlachthaus hat geschlossen
       
       Mafiabanden terrorisierten das Hafenviertel im kolumbianischen Buenaventura
       – bis die Bewohner es zur „humanitären Zone“ erklärten.
       
 (DIR) Kommentar Versöhnung in Kolumbien: Das Erbe der Terrors
       
       Dass in Kolumbien die Opfer der Farc das Wort haben, ist ungewöhnlich. Denn
       in vielen anderen Länder Südamerikas dominiert das Verdrängen.
       
 (DIR) Versöhnung in Kolumbien: Reue von ganzem Herzen
       
       Vertreter der Farc-Guerilla entschuldigen sich für ihre Gewalttaten bei den
       Opfern. Der Dialog soll in kleinen Gruppen fortgesetzt werden.
       
 (DIR) Paramilitärs im Dienste Chiquitas: US-Gericht „nicht zuständig“
       
       Der Bananenkonzern Chiquita hat insgesamt 1,7 Millionen Dollar an
       Kolumbiens Paramilitärs gezahlt. Für die Folgen aber soll er nicht
       verantwortlich sein.
       
 (DIR) Kohle aus Kolumbien: Blut in deutschen Kraftwerken
       
       Schwere Vorwürfe gegen Rohstoffhändler Glencore Xstrata: Lieferanten von
       kolumbianischer Kohle sollen jahrelang mit Paramilitärs kooperiert haben.
       
 (DIR) Kommentar Präsident Kolumbien: Ein großes kleineres Übel
       
       Die Linken haben den Konservativen Santos unterstützt – damit der
       Friedensprozess mit der Guerilla eine Chance erhält. Sicher ist dieser aber
       nicht.