# taz.de -- Chinas Textilindustrie im WM-Modus: Die Nahtstelle von Original und Fake
       
       > Die Chinesen sind Weltmeister. Ein Großteil der weltweit verkauften
       > Sportartikel kommt aus der Volksrepublik – ebenso wie gefälschte Ware.
       
 (IMG) Bild: WM-Trikots: Adidas betreibt in China bereits seit einiger Zeit kaum mehr eigene Fabriken, sondern beauftragt Unternehmen mit der Produktion.
       
       PEKING taz | Mit einer eigenen Fußballmannschaft ist China bei der
       Weltmeisterschaft zwar nicht vertreten. Die Chinesen mischen in Brasilien
       aber trotzdem kräftig mit. Ob Ländertrikots, Fahnen, Fanartikel, die
       Handschuhe der Torwärter, selbst Brazuca, wie der offizielle Fußball mit
       dem bunten Schleifenmuster heißt – auf den meisten Artikeln, die in diesen
       Tagen in den brasilianischen Stadien verwendet werden, steht die Aufschrift
       „Made in China“.
       
       Obwohl sich immer mehr Produktionsstätten auch in Ländern wie Bangladesh,
       Pakistan und Vietnam ansiedeln – China ist nach wie vor das Land, aus dem
       die meisten Waren der berühmten Sportartikelmarken wie Adidas, Nike und
       Puma herkommen. Ein lukratives Geschäft: Die Marktforscher von der NPD
       Group gehen davon aus, dass in diesem Jahr weltweit rund 17 Milliarden
       Dollar mit Fußballausrüstung umgesetzt werden. Etwa 3,7 Milliarden seien
       unmittelbar auf die Weltmeisterschaft zurückzuführen.
       
       Brazuca etwa wird in den meisten Ländern für stolze 220 Dollar angeboten.
       Offiziell ein Produkt von Adidas, lässt der deutsche Sportartikelhersteller
       den WM-Ball wie die meisten seiner Artikel in der südchinesischen
       Industriemetropole Shenzhen oder der Textilstadt Yiwu in der
       ostchinesischen Provinz Zhejiang herstellen. Adidas betreibt in China
       bereits seit einiger Zeit kaum mehr eigene Fabriken, sondern beauftragt
       Unternehmen mit der Produktion.
       
       Im Fall von Brazuca handelt es sich um eine Firma mit dem wenig glanzvoll
       klingenden Namen Ya York Plastic Products, einer Tochtergesellschaft des
       taiwanischen Sportartikelherstellers Long Way. Schon bei der WM vor vier
       Jahren in Südafrika hatte sich dieses Konzept bewährt. Mehr als 13
       Millionen Kunstlederbälle setzte Adidas weltweit ab. Hergestellt wurden sie
       allesamt in den Long Way-Werken in Shenzhen.
       
       ## Gigantische Fabrikhallen für fanartikel
       
       Aber auch die meisten Fanartikel stammen aus der Volksrepublik. In Yiwu vor
       den Toren Shanghais stehen gigantische Fabrikhallen, in denen Zehntausende
       Arbeiterinnen und Arbeiter im vergangenen Jahr im Akkord die Trikots und
       Fahnen nähten. Allein an Deutschlands Fußballfans wurden in diesem Jahr
       schon mehr als eine Million Trikots verkauft, in normalen Jahren sind es
       250.000 Leibchen.
       
       Nach Angaben der englischsprachigen Staatszeitung China Daily ist die
       Ausfuhr von Yiwu nach Brasilien im ersten Halbjahr um über 40 Prozent
       gestiegen. Der Warenwert liegt bei ungerechnet rund 1,25 Milliarden Dollar.
       Doch nicht nur der das offizielle Geschäft mit Fan- und Sportartikeln
       boomt, sondern auch das mit Plagiaten.
       
       So sehr Adidas, Puma und Nike darunter leiden – den chinesischen Fabriken
       ist das egal. Deren Näherinnen und Näher stellen sowohl die Ware her, die
       dann hochpreisig in den Originalgeschäften verkauft werden, als auch die
       gefälschte Ware für die chinesischen Kleidermärkte. „Original- und Fakeware
       kommen quasi von denselben Händen und Nähmaschinen“, erläutert die
       Sportartikelzwischen-händlerin Vivian Wu.
       
       ## Qualitativ gut verarbeitete Ware
       
       Was die sehr viel teurer angebotene Ware in den zertifizierten Markenläden
       von der Ware auf den chinesischen Kleidermärkten unterscheidet:
       Zwischenhändler wie Vivian Wu gehen in die Fabriken und picken sich die
       sauber und qualitativ gut verarbeitete Ware heraus. Was wegen möglicher
       Mängel auf den Grabbeltischen übrig bleibt, verhökern die Angestellten an
       chinesische Kleinhändler, die die Ware dann im ganzen Land auf den Märkten
       oder eben in den Ramschgeschäften anbieten.
       
       In China selbst wird im Volksmund von Ware gesprochen, die von
       Lieferfahrzeugen heruntergefallen sei. Offiziell sind auch in der
       Volksrepublik Plagiate von Markenartikeln verboten. Chinas Geschäftsstraßen
       und Märkte sind dennoch voll von „gefälschter Ware“. Wenn es um
       Plagiatismus geht, drücken die chinesischen Behörden ein Auge zu. Aber auch
       ins Ausland schafft es diese Ware. Dem Adidas-Konzern zufolge haben die
       Zollbehörden allein 2010 mehr als acht Millionen gefälscher Adidas-Produkte
       beschlagnahmt. Die Dunkelziffer dürfte bei einem vielfachen liegen.
       
       2 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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