# taz.de -- Deutschpflicht bei Ehegattennachzug: Türken werden benachteiligt > Deutschland verstößt mit den Regeln zum Nachzug von Ehegatten gegen > EU-Recht. Dies sagt ein Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof. (IMG) Bild: Gelernt werden darf hinterher - Sprachkurs in Leipzig. FREIBURG taz | Deutschland verstößt mit seinen Sprachtests beim Ehegattennachzug gleich mehrfach gegen EU-Recht. Diese Auffassung vertritt Paolo Mengozzi, ein Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), in einem Verfahren aus Berlin. Geklagt hatte das türkische Ehepaar Dogan, das seit 1993 verheiratet ist und vier Kinder hat. Während der Mann seit 1998 in Deutschland lebt und inzwischen als Geschäftsführer einer Berliner GmbH arbeitet, blieb die Frau in der Türkei und zog die Kinder auf. Erst 2011 stellte sie einen Antrag auf Ehegattenachzug, der aber abgelehnt wurde, weil sie Analphabethin ist. Seit 2007 bekommen nachziehende Ehegatten nur noch dann eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland, wenn sie sich „zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen“ können. Dies muss vor der Abreise durch einen Sprachtest nachgewiesen werden. Betroffen sind von der Regelung vor allem Türken, Russen und Kosovaren. Für EU-Staatsangehörige, Amerikaner und Bürger aus vielen anderen Industriestaaten gilt die Deutschpflicht nicht. Das Verwaltungsgericht Berlin fragte sich, ob das deutsche Gesetz gegen EU-Recht verstößt und legte den Dogan-Fall dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vor. In seinem Schlussantrag - einer Art Gutachten - empfahl Generalanwalt Mengozzi nun dem EuGH, das deutsche Recht zu beanstanden. Die Einführung der Sprachtests verstoße im Fall von türkischen Einwanderern gegen das Assozierungsabkommen EU-Türkei und ein entsprechendes Zusatzprotokoll von 1972. Dort war eine Stillhalteklausel vereinbart worden, wonach für Türken grundsätzlich keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit in der EU eingeführt werden dürfen. ## Zwangsehen sind kein Argument Mengozzi lehnte dabei auch das Argument der Bundesregierung ab, dass die Pflicht, vorab Deutsch zu lernen, zum Schutz vor Zwangsehen erforderlich sei. Eine solche Pflicht sei „unverhältnismäßig“, so der Generalanwalt. Es genüge, den Ehegatten nach der Einreise die Teilnahme an Integrationskursen vorzuschreiben. Auch dies würde den „Kontakt mit der deutschen Gesellschaft“ erleichtern und „spontane Hilfeersuchen“ der Opfer von Zwangsehen ermöglichen. Hilfsweise prüfte Mengozzi noch, ob die Sprachtests auch gegen die EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung verstoßen. Dies würde nicht nur Türken, sondern auch zum Beispiel russischen Ehegatten nützen. Mengozzi kam zum Schluss, dass eine generelle Pflicht, die deutsche Sprache vorab zu lernen, gegen EU-Recht verstoße. Erforderlich sei vielmehr eine Einzelfallprüfung. Dabei wären die Interessen minderjähriger Kinder an der Familienzusammenführung ebenso einzubeziehen wie die Möglichkeiten, im Heimatstaat Deutsch zu lernen. Der EuGH wird voraussichtlich im Sommer entscheiden. In der Regel folgt er den Anträgen der Generalanwälte. 30 Apr 2014 ## AUTOREN (DIR) Christian Rath ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Türkei (DIR) Europäischer Gerichtshof (DIR) Deutschpflicht (DIR) Ehegattennachzug (DIR) Ehegattennachzug (DIR) Ehegattennachzug (DIR) Familie (DIR) Schwerpunkt Türkei (DIR) Ehegattennachzug (DIR) Ehegattennachzug (DIR) Ehegattennachzug ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Kommentar Familiennachzug: Unbeirrt bis zum nächsten Urteil Beim Thema Integration setzt die Union weiter auf Hürden. Anderslautende Urteile des Europäischen Gerichtshofs stören sie nicht. (DIR) Sprachtests bei Ehegattennachzug: Eine Frage des Geldes Antonio Martinez-Almanzar aus der Dominikanischen Republik kann sich einen Deutschkurs nicht leisten. Pech, meint die deutsche Botschaft. (DIR) Kommentar Ehegattennachzug: Deutsch lernt man hier am besten Die Sprachtests für nachziehende Ehegatten waren wenig sinnvoll und vor allem ein innenpolitisches Symbol. Für die Betroffenen waren sie eher lästig. (DIR) Urteil zu Ehegattennachzug: Unverhältnismäßiger Automatismus Der Europäische Gerichtshof beanstandet die 2007 eingeführten Deutschtests beim Ehegattennachzug. Einige Fragen bleiben aber offen. (DIR) EuGH-Urteil zum Ehegattennachzug: Familie braucht keine Deutschprüfung Der Europäische Gerichtshof hat Deutschtests beim Nachzug von Eheleuten aus der Türkei gekippt. Die Regelung erschwere die Familienzusammenführung. (DIR) Deutschtests vor Ehegattennachzug: Liebe nur mit A1 Wer zu seinem Ehepartner nach Deutschland ziehen will, muss eine Sprachprüfung bestehen. Nirgends sind die Hürden so hoch wie hierzulande. (DIR) Hürden beim Ehegattennachzug: EU-Kommission gegen Deutschtests Die EU sieht bei den deutschen Kriterien zum Ehegattennachzug einen Verstoß gegen ihre Richtlinien. Und geht dagegen vor. (DIR) Diskriminierung bei Ehegattennachzug: Deutschkurs? Nur in Kabul Wer seinem Ehepartner nach Deutschland folgen will, muss Deutsch lernen. Das Gesetz toleriert Ausnahmen. Die Bundesregierung ignoriert das.