# taz.de -- Die Wahrheit: D-Day forever
       
       > Am Donnerstag wird Doris Day, die Suburbia-Ikone schlechthin, 90 Jahre
       > alt. Warum wir dringend einen Doris Day brauchen.
       
 (IMG) Bild: „Bettgeflüster“: Rock Hudson hat seinen Film und seine Musikrichtung, Doris endlich ihren eigenen Tag.
       
       Ohio ist berühmt für seine Autoreifenproduktion in Akron – einer Stadt, in
       der Rauchen nicht gesundheitsschädlich ist, weil es darauf auch nicht mehr
       ankommt. Und Ohio genießt seit einer Studentendemonstration 1970 nicht
       unbedingt den besten Ruf. Vier Buchstaben: K-E-N-T. Dort waren bei einer
       Anti-Vietnam-Kriegskundgebung vier Studenten erschossen worden. Immerhin
       vertonten die beschämende Geschichte Crosby sowie Stills & Nash.
       
       Letztere bestrafte Ohio mit der Aufnahme in die Rock’n’-Roll Hall Of Fame
       in Cleveland. Dort werden besondere Momente und Persönlichkeiten der
       Rockmusik schockgefrostet und zur Besichtigung freigegeben. In Cleveland
       kursieren deshalb erfolgreich T-Shirts mit: „The only sign of life in
       Cleveland – Pittsburgh 142 miles!“
       
       Berühmteste Tochter Ohios ist Doris Day, die diese Woche neunzig wird und
       am 3. April 1924 als Kind eines Versicherungsvertreters und einer
       Trockenhaube im späteren Cincinnati auf die Welt kam. Just in jener Stadt,
       die man 1960 Doris zu Ehren nach einem legendären italienischen Filmstudio
       benannte, den Namen allerdings bei der telefonischen Übermittlung
       missverstand. Mit Cincinnati hat die Stadt am Ohio River noch Glück gehabt,
       hätten sie den Mädchennamen der Schauspielerin gewählt, hieße der Ort jetzt
       Von Kappelhoff. So aber heißen Städte in West-Texas.
       
       Als Schwarm der schweigenden Mehrheit inkarnierte Doris Suburbia, das
       Vorstadtamerika: Fertiggerichte, Instantkaffee inklusive Weisser,
       Basketballkörbe an der Garage und Zeitungsjungen. Und vor allem
       Wonderbread, jene weizenblonde Brotmasse, die Wissenschaftler vor Rätsel
       stellt, aber in jedem Heimwerkermarkt im Regal bei den Abdichtungsartikeln
       zu finden ist.
       
       Suburbia! Das Institute for Suburban Culture in Akron widmete Doris
       unlängst eine Werkschau, die an jene glorreichen Tage erinnert, da die
       Mentholzigarette den Waldspaziergang ersetzte. Doris war der Prototyp, nach
       dem sich über den Teich damals die Frauen stylten. Und großzügig bringen
       diese seither immer noch rund um die Uhr Tupperware-Reliquien unter die
       Leute oder erobern stramm mit dem Avon-Köfferchen in der Hand Amerika. Alle
       2,7 Sekunden wird aktuell auf der Welt eine Tupperware-Party eröffnet.
       
       Unvergessen sind natürlich auch Doris’ Filme. Cincinnati ist nicht zufällig
       die Heimat von Procter & Gamble. Die Firma gab jene ersten Radiodramen in
       Auftrag, aus denen sich später im Fernsehen die Soaps entwickelten. Doris
       bereicherte schon davor jede Seifenoper um eine hygienische Variante. „Ein
       Pyjama für zwei“ etwa knistert voller verdeckter Erotik, was möglicherweise
       am Polyester liegt. Heiß diskutierte die westliche Welt ihre Filme voll
       turbulenter Lockenverwicklungen und dabei waren Doris’ Haare von einem
       blond, für das es keinen Waffenschein brauchte.
       
       Schon in jungen Jahren war sie das missing link zwischen Frivolität,
       Sterilität und Senilität. Angeblich soll auch die Barbie-Puppe nach ihrem
       Vorbild entwickelt worden sein. Fest steht: Die Haarspray-Industrie hat
       Doris aus Ohio einiges, wenn nicht alles zu verdanken. Deshalb ist auch
       jüngst die Fassade ihres Geburtshauses in Cincinnati-Clifton mit silbernen
       Dosen verkleidet worden.
       
       Und gerade gestern erst war es Präsident Obama eine Herzensangelegenheit,
       Doris vorab zu würdigen. Er wandte sich in einer Fernsehansprache an die
       Nation. Die Wahrheit dokumentiert Auszüge: „Meine lieben Amerikaner! Nach
       Jack Lemon hat man Bitter Lemon getauft, nach Cary Grant die Grant Central
       Station in New York, nach Rock Hudson eine Musikrichtung und einen Fluss.
       Nach Doris Day benennen wir nun endlich gleich eine ganze Stadt. Bisher,
       meine Mitamerikaner, haben sich Daytona, Florida; Dayton, Ohio und
       Daytroit, Michigan beworben. Darüber wird der Oberste Gerichtshof
       entscheiden müssen. Den 3. April wird die Welt jedoch fortan und in alle
       Ewigkeit als Doris Day feiern!“
       
       31 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas C. Breuer
       
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