# taz.de -- Politologe über industriellen 3-D-Druck: „Die Produktion wird dezentraler“
       
       > In Industriezweigen wie der Luftfahrt ist der Einsatz von 3-D-Druckern
       > bereits Alltag. Bald könnten sie die gesamte Arbeitswelt verändern, sagt
       > ILO-Experte David Seligson.
       
 (IMG) Bild: 3-D-Drucker bei der Arbeit.
       
       taz: Herr Seligson, manche Forscher glauben, dass 3-D-Druck die Produktion
       stärker verändert als die industrielle Revolution. Kann das passieren? 
       
       David Seligson: Der 3-D-Druck verursacht auf jeden Fall eine Revolution.
       Wie groß sie sein wird – das lässt sich noch nicht genau sagen, schließlich
       stehen wir gerade erst ganz am Anfang.
       
       Welche Potenziale sehen Sie denn für diese Technik? 
       
       Kern der Veränderung ist der Produktionszyklus. Der wird kürzer, sodass
       sich Produkte wie Prototypen und individualisierte Objekte viel schneller
       fertigen lassen. Und das ist nicht nur etwa der individuelle Schuh –
       sondern auch so etwas wie die künstliche Hüfte, die schnell und individuell
       gefertigt werden kann. Dieser Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass die
       Produktion näher zum Konsumenten rückt, also dezentraler wird.
       
       Wie wirkt sich das auf die Arbeitsbedingungen aus? 
       
       Bereits jetzt sehen wir Effekte in Bereichen, wo komplexe Produkte und
       solche, die nicht in riesigen Stückzahlen gefertigt werden, entstehen. Zum
       Beispiel im Bereich der Luftfahrt. Damit werden sich auch die Fähigkeiten
       ändern, die Arbeitgeber von ihren Angestellten erwarten.
       
       Zum Beispiel? 
       
       Das geht in zwei Richtungen: Einerseits erfordert es in der Regel weniger
       Fähigkeiten, einen 3-D-Drucker zu bedienen als eine konventionellen
       Maschine. Auf der anderen Seite verlangt die 3-D-Fertigung, gerade wenn es
       um individuelle Produkte geht, einen ganz anderen Vorlauf: Da muss das
       Objekt über Software in ein druckbares Modell umgewandelt werden, also
       werden hier Menschen mit entsprechenden Kenntnissen gebraucht. Und die
       Nachfrage nach Menschen mit spezialisiertem Wissen über Materialien wird
       steigen. Denn 3-D-Druck erlaubt die Kombination und Verarbeitung von
       Materialien auf eine Art und Weise, wie es die konventionelle Herstellung
       nicht kann.
       
       Sprechen wir hier nur über einzelne Branchen oder über mehr? 
       
       Es ist schon davon auszugehen, dass die Veränderungen sich im großen Rahmen
       bewegen, dass also nicht nur einzelne Branchen betroffen sind. Schon jetzt
       ist die Bandbreite groß: 3-D-Druck wird etwa für die Herstellung von
       Spielzeug genutzt, bei Schmuck und im Energiesektor, wie der Herstellung
       von Elektroaggregaten für Fahrräder.
       
       Um welche Zeithorizonte geht es bei dieser Entwicklung? 
       
       In einigen Branchen haben wir den Punkt, in dem die Fertigung mittels
       3-D-Technologie normal wird, bereits überschritten, wie beispielsweise der
       Luftfahrt. Andere Einsatzbereiche klingen heute noch nach Science-Fiction –
       wie die Produktion von menschlichen Organen. Insgesamt wird sich schon in
       den nächsten Jahren viel tun.
       
       Das heißt, dass sich in diesem Zeitraum auch die Nachfrage auf dem
       Arbeitsmarkt ändern wird? 
       
       Genau. Es werden voraussichtlich Jobs verloren gehen, aber anderswo wieder
       neue entstehen. Und dabei wird es auch um die Frage gehen, wie Menschen
       umgeschult oder weitergebildet werden können.
       
       Die industrielle Revolution war nicht sehr umweltfreundlich – wie ist das
       beim 3-D-Druck? 
       
       Wenn man die reine Produktion eines Objekts vergleicht, auf jeden Fall.
       Denn schon das Prinzip des 3-D-Drucks ist genau umgekehrt zum bisherigen:
       Bei der konventionellen Produktion nehmen wir ein Material, sei es Metall
       oder Holz, und schneiden die Form aus, die wir brauchen. In der
       Metallproduktion beträgt der Anteil des Ausschusses 90 Prozent. Beim
       3-D-Druck schichtet man dagegen Material aufeinander, so entsteht deutlich
       weniger Abfall.
       
       22 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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