# taz.de -- Konsumgut 3-D-Drucker: Vom Copyshop zur Minifabrik
       
       > 3-D-Drucker sind gerade dabei, den Massenmarkt zu erobern. Damit haben
       > sie das Potenzial, die Produktion von Waren komplett umzukrempeln.
       
 (IMG) Bild: Da war er noch ein unbekanntes Druckobjekt: 3-D-Drucker auf der Computermesse CeBIT in Hannover 2013.
       
       BERLIN taz | Kein Rattern und Klappern wie das der Nadeldrucker damals,
       kein rhythmisches Surren wie von heutigen Laser- oder Tintenstrahldruckern.
       3-D-Drucker verrichten ihre Arbeit diskret. Leises Klacken, ab und an ein
       Piepen, dazu blaues Licht, das den Druckkopf, der den Kunststofffaden
       Schicht um Schicht zu einer Skulptur aufbaut, in eine Kunstwelt taucht.
       
       „Das blaue Licht ist nur zum Schönaussehen“, sagt Manfred Ostermeier,
       Geschäftsführer des 3-D-Druckladens Botspot, und klopft auf das
       mikrowellengroße Gerät. Ein bisschen farbliche Atmo für alle, denen es zu
       profan ist, dass aus dem geschmolzenen Kunststofffaden aus Maislaktat hier
       ein Ersatzteil für die Kaffeemaschine entsteht. Oder ein Bär in
       Miniaturformat. Oder ein Brillengestell.
       
       3-D-Drucker sind dabei, vom spezialisierten Industrieprodukt zu einem für
       den Massenmarkt zu werden. Auch wenn der Preis nach oben offen ist –
       günstigere Drucker sind mittlerweile für um die 600 Euro zu haben und
       liegen damit im selben Preissegment wie ein iPhone der aktuellen
       Generation. Die Geräte werden die Produktion im gleichen Maße verändern,
       wie der E-Commerce den Einkauf von Waren verändert hat, prognostiziert etwa
       das Marktforschungsinstitut Gartner.
       
       Bei Ostermeier beginnt einer der Drucker gerade damit, ein von einem Kunden
       entworfenes Teil auszudrucken. Undefinierbare Form, gerade mal daumengroß,
       rot. Der Drucker zieht das Rohmaterial von einer Spule ein wie eine
       überdimensionierte Nähmaschine. Leitet es durch einen Kanal hin zum
       Druckkopf, wo der Kunststoff erhitzt wird, auf 165 Grad. Und schichtet dann
       die flüssigen Fäden aufeinander. So entsteht die charakteristische
       Oberfläche des fertigen Produkts: aus der Nähe betrachtet nicht ganz glatt,
       sondern mit haarfeinen Rillen. Diese Rillen und die Einfarbigkeit – denn
       außer bei spezialisierten Druckern ist das Mischen von Farben und
       Materialien noch nicht möglich – sind es wahrscheinlich, anhand deren man
       in 10 Jahren die heute hergestellten Dinge eindeutig als Objekte aus der
       Anfangsphase des Massen-3-D-Drucks wird identifizieren können.
       
       ## Egal ob Tasse oder Turnschuhe
       
       Bis 2016, so schätzen die Marktforscher von Gartner, werden auch
       3-D-Drucker, die mit ihrer Leistung und ihrem Funktionsumfang für
       Unternehmen gedacht sind, für weniger als 2.000 US-Dollar auf dem Markt
       sein. Das ermögliche neue Unternehmensformen und eine Verlagerung der
       Produktion. „Wir werden selbst zu kleinen Fabriken“, prognostiziert
       Ostermeier. Ist die Vorlage eines Gegenstands – sei es eine Tasse oder ein
       Turnschuh – erst einmal entworfen, kann jeder mit Zugang zu einem Drucker
       das Objekt selbst erzeugen.
       
       „Es ist gut möglich, dass sich die Produktion nach Hause oder in Copyshops
       verlagert und nur noch Baupläne verkauft werden“, sagt Hauke Prüß, der an
       der TU Braunschweig zu 3-D-Druckern forscht. Erfolgt die Produktion genau
       dann, wenn ein Objekt gebraucht wird, macht das einen weiteren Schritt der
       Logistik überflüssig: Vorräte. „Wir werden eher auf Bestellung arbeiten und
       wenig Lagerhaltung haben“, sagt Ostermeier. Und schließlich: Langlebigkeit.
       Ostermeier erzählt von einer Kundin, die ihre Kaffeemaschine aus den 1960er
       Jahren nicht mehr nutzen konnte – defekt, Ersatzteil nicht mehr erhältlich.
       Nach 25 Minuten und 96 Schichten war das etwa kugelschreibergroße Teil
       gedruckt, die Maschine lief wieder. 3-D-Druck bietet so das Potenzial für
       eine längere Nutzung von Objekten.
       
       Werden wir also in Zukunft nicht mehr in einen Laden, ob online oder in der
       Fußgängerzone, gehen, sondern die Tasse oder den Turnschuh direkt zu Hause
       ausdrucken? Ostermeier überlegt. „In die Zukunft gedacht ist das möglich.“
       Er erwartet eine Mischung, ähnlich wie bei den zweidimensionalen Druckern:
       Günstigere Geräte für kleinere Aufträge zu Hause, spezialisierte
       Dienstleister mit teureren Maschinen für komplexere Objekte.
       
       ## „Waffen sind auf dem Schwarzmarkt billiger zu haben“
       
       Die Schattenseite des neuen Werkzeugs machte vor einem Jahr Schlagzeilen:
       die Veröffentlichung eines Bauplans, mit dem man sich selbst eine
       Schusswaffe ausdrucken kann. Tests zeigten zwar schnell, dass solch eine
       Waffe aus Plastik eine Gefahr vor allem für den Schützen ist, weil sich das
       Material sofort verzieht. Doch Ende des Jahres druckte ein texanisches
       Unternehmen eine Waffe aus Metall – Drucker, die das können, kosten derzeit
       rund eine halbe Million Euro. „Da sind Waffen auf dem Schwarzmarkt billiger
       zu haben“, sagt Ostermeier. Offen bleibt, ob Metalldrucker irgendwann
       einmal so erschwinglich werden wie die heutigen Kunststoffdrucker.
       
       Prüß vergleicht die Entwicklung mit der von zweidimensionalen Druckern:
       „Wir befinden uns gerade in der Phase, in der die ersten Nadeldrucker
       Einzug in die Haushalte fanden.“ Und wie das immer so ist in der
       Anfangsphase, geht es erst einmal darum, auszuprobieren. Was ist überhaupt
       möglich, was sinnvoll, und was geht vielleicht nun mit einem 3-D-Drucker,
       das vorher überhaupt nicht möglich war?
       
       Leichtere Schuhsohlen zum Beispiel, daran experimentiert die
       Bekleidungsindustrie. Teile, die nach dem Matroschka-Prinzip
       zusammengesetzt sind, ohne dass es bei der jeweils äußeren Hülle Öffnungen
       oder Nahtstellen gibt. Oder neue Strukturen von Materialien, von denen
       heute noch völlig unklar ist, ob und in welchen Bereichen der 3-D-Druck
       nicht nur die Produktion, sondern auch das Produkt von Grund auf verändern
       könnte.
       
       9 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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