# taz.de -- Ungereimtheiten in der Hoeneß-Affäre: Jede Menge offene Fragen
       
       > Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet darauf, in der Steuersache
       > Hoeneß in Revision zu gehen. Ein Versäumnis, denn es gäbe noch vieles zu
       > klären.
       
 (IMG) Bild: Stammte Uli Hoeneß' (l.) Börsen-Startkapital wirklich vom ehemaligen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus? (Montage)
       
       BERLIN taz | Uli Hoeneß konnte sich kaum retten vor Respektsbekundungen für
       seine Entscheidung, nicht in Revision zu gehen. Sogar die Bundeskanzlerin
       hatte den zu dreieinhalb Jahren Knast verurteilten Steuerhinterzieher am
       vergangenen Freitag dafür gelobt, dass er willens ist, umstandslos ins
       Gefängnis zu gehen. Selten wurde ein Krimineller für diese fast schon
       gönnerhafte Geste derart gebauchpinselt von politischen Akteuren. Nun hat
       auch die Staatsanwaltschaft verworfen, in Revision zu gehen. Respekt
       bezeugen ihr, abgesehen von der bayerischen Staatskanzlei, die wenigsten,
       denn der Fall Uli Hoeneß ist mitnichten erledigt.
       
       Es bleiben Fragen über Fragen: War es wirklich der damalige Adidas-Chef
       Robert Louis-Dreyfus, der ihm im Jahr 2000 ein Startkapital von 20
       Millionen Mark überließ, oder kam das Geld von anderer Seite? Falls es sich
       um Adidas-Geld gehandelt haben sollte: Wie konnte so ein Deal im Vorfeld
       des Einstiegs des Sportartikelherstellers in den Fußballklub Bayern München
       abgewickelt werden? War die Zahlung an Bedingungen geknüpft? Warum
       scheiterte ein angeblich höher dotiertes Angebot des Adidas-Konkurrenten
       Nike?
       
       Wie schaffte es Hoeneß, bis zu 30 Börsentransaktionen täglich abzuwickeln?
       Reichte dazu ein Pager oder hätte er nicht eher tagtäglich vor mindestens
       zwei Monitoren sitzen müssen, um den Überblick über Kurs- und
       Chartverläufe, Transaktionen und Hebelprodukte zum Devisenhandel bewahren
       zu können? Wie passt das zu einem Uli Hoeneß, der stets damit kokettierte,
       keinen Computer im Büro stehen zu haben und nichts anfangen zu können mit
       moderner Technik?
       
       Sind exorbitante Gewinne eines Laien im Devisenhandel möglich oder liefen
       ganz andere Geschäfte mit der Schweizer Bank Vontobel, deren Chef Hoeneß
       stets persönlich kontaktierte? Was hat es mit Bareinzahlungen und
       Barabhebungen auf sich, die auf dem Konto getätigt wurden? Wurden
       Bayern-Gelder auf dem Hoeneß-Konto geparkt? Warum hegt nach Recherchen des
       Schweizer Tagesanzeigers eine international ausgerichtete Zürcher
       Anwaltskanzlei, die auch Kunden bei steuerlichen Selbstanzeigen betreut,
       den Verdacht, dass im Fall Hoeneß auch Korruption und Geldwäscherei im
       Spiel sein könnten?
       
       Wurden wirklich alle Hoeneß-Konten in der Schweiz durchforstet, denn er
       soll nicht nur bei Vontobel Kunde gewesen sein, sondern möglicherweise auch
       bei der Graubündner Kantonalbank? Was hat er im Mai vergangenen Jahres eine
       Stunde lang in einer Filiale dieser Bank gemacht? Wieso klagte der
       Staatsanwalt nur 3,5 Millionen Euro hinterzogene Steuern an und nicht jene
       28,5 Millionen, die dann im Prozessverlauf genannt wurden? Hing das mit den
       verspätet eingereichten Dokumenten der Hoeneß-Seite zusammen oder gab es
       doch so etwas wie einen Deal zwischen Staatsanwaltschaft und dem
       Angeklagten?
       
       ## Erstaunlich kurzer Prozess
       
       Warum wurde der Prozess in nur vier Tagen über die Bühne gebracht, wo doch
       offenkundig war, dass die neuen Unterlagen, angeblich 70.000 Seiten, nur
       flüchtig gesichtet werden konnten? Warum kam es zu keiner
       Prozessunterbrechung, um echten Rechtsfrieden herzustellen? Wieso war im
       Prozessverlauf nie die Rede von jenem Whistleblower, der schon im Jahr 2010
       die Mainzer Kanzlei Hoffmann & Partner vom Fall Hoeneß unterrichtete, wie
       es der Spiegel in seiner neuen Ausgabe berichtet? Wieso war die bayerische
       Steuerfahndung also nicht schon 2010 Hoeneß auf der Spur?
       
       Warum sollte im Prozessverlauf der Eindruck erweckt werden, der deutsche
       Staat hätte es allein der „Steuerehrlichkeit“ von Hoeneß zu verdanken, dass
       belastendes Material auf den Tisch kam? Warum spielte der Schweizer
       Insider, der sogar das Passwort („Beaufort“) zum Konto von Hoeneß kannte,
       keine Rolle im Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht?
       
       Warum bedankte sich Hoeneß bei den Ermittlern, dass sie die
       Hausdurchsuchung so diskret durchgeführt hätten? Warum wurde der Fall
       Hoeneß schon im April des vergangenen Jahres, also weit vor den
       Landtagswahlen in Bayern, publik? Wurde das Steuergeheimnis bewusst
       verletzt, um Ruhe zu haben im Vorfeld des Urnengangs?
       
       Und schließlich: Warum geht die Staatsanwaltschaft München II nicht in
       Revision? Hat das wirklich nur mit den 3,8-prozentigen Erfolgsaussichten zu
       tun? Oder mit etwas ganz anderem?
       
       17 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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