# taz.de -- Die Wahrheit: Schlank durch Beten
       
       > „Bodypray“ ist der allerneueste Fitnesstrend in der Ertüchtigungsbranche.
       > Jetzt schwappt die Workout-Welle auch nach Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Auslöser der Fitnesswelle ist der Oberbodyprayer Didier Drogba von Galatasaray Istanbul.
       
       Pilates und Zumba sind out – der aktuelle Fitnesstrend 2014 heißt
       „Bodypray“, ein göttlicher Mix aus choreografischen Workouts, fetziger
       Musik und gezieltem Muskelaufbau. In der Türkei und in den USA sind bereits
       Millionen Menschen im Bodypray-Wahn, jetzt schwappt die neue Workout-Welle
       auch nach Deutschland.
       
       Das Konzept entwickelt hat Fußball-Fitnesscoach Mark Versteken. „Irgendwann
       ist mir mal aufgefallen, dass immer mehr Sportler – gerade Fußballer – nach
       der Trainingslehre der religiösen Ertüchtigung jubeln“, sagt Versteken, der
       aktuell bei Galatasaray Istanbul unter Vertrag ist und dort Topstar Didier
       Drogba fit hält. „Das sind Zeichen des Friedens, der Toleranz, vor einem
       Millionenpublikum“, erklärt Versteken. „Religion verbindet die Menschen
       über Grenzen, Kulturen und Sportarten hinweg – oder umgekehrt. Da war es
       nur logisch, das eine mit dem anderen zu kombinieren.“
       
       So entwickelte Versteken das „Religious-Workout“ mit Choreografien aus
       Gebetshaltungen verschiedener Glaubensrichtungen. Der Coach kommandiert:
       „Die Hände zu Schalen geformt auf Brusthöhe halten, dann mit ausgestreckten
       Zeigefingern nach oben recken. Der Blick geht zum Himmel. Mit der rechten
       Hand ein Kreuz beschreiben von der Stirn zur Brust und zu beiden Schultern.
       Dann niederwerfen, wobei Stirn, Nase, Handflächen, Knie und Zehenspitzen
       den Boden berühren. Achtung: Schultern tief, Bauch ist fest!“ Dazu läuft
       eine feurige Musikmischung aus orientalischem Pop und gregorianischen
       Chorälen, untermalt von Bauchtanzbeats.
       
       Was zunächst als Fitnessprogramm für Fußballer gedacht war, entwickelte
       sich zum Mega-Trend: Bei einem öffentlichen Training zeigte Drogba spontan
       eine Choreo, animierte die Galatasaray-Fans zum „muskelaufbauenden und
       seelenboostenden“ Mitbeten – und das Youtube-Video ging um die Welt.
       
       Eine aktuelle Studie des American College of Sports Medicine sieht Bodypray
       bereits unter den Top 10 der globalen Fitness-Trends des Jahres. US-Promis
       wie Britney Spears, Lady Gaga und Teenieschwarm Justin Bieber schwören
       darauf, auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hält sich
       schon mit Bodypray fit. Muskelpaket Madonna hat ihren Song „Like a prayer“
       als Trainingsmusik neu bearbeitet, in ihrem Fitnessstudio „Hard Candy“ in
       Berlin-Dahlem werden jetzt die deutschlandweit ersten Bodypray-Kurse
       angeboten.
       
       „Das ist das perfekte Ganzkörperprogramm, das alle großen und viele kleine
       Muskelgruppen wirksam trainiert“, sagt Studioleiterin Heide Flum: „Das ist
       wie sonst auch beim Beten: Es lässt sich sehr leicht lernen, man muss nicht
       viel nachdenken, sondern powert sich einfach aus.“ Je nach Instructor,
       Songauswahl, eigener Fitness und Belastung ließen sich bis zu 1.000
       Kalorien pro Stunde verbrennen, schwört Flum – insbesondere bei der
       Hardcore-Variante „Bodypray Power“: „Hier wird mit speziellen Hanteln in
       Kreuzform, den sogenannten Toning Sticks, trainiert.“ Besonders
       gelenkschonend ist „Aqua Bodypray“ – wobei für die Übungen in gebückter
       Haltung allerdings ein „gewisses Gottvertrauen“ nötig ist.
       
       Die Industrie hat Bodypray längst für sich entdeckt. Das Modelabel „True
       Religion“ bringt die passenden Outfits auf den Markt – darunter die
       atmungsaktive Microfaser-Burka in trendigen Farben. „The Body Shop“ bietet
       eine Bodypray-Pflegeserie mit Weihrauch- und Myrrhedüften an. Ein
       DVD-Programm für zu Hause sowie Videospiele für die Xbox, Nintendo Wii und
       Playstation sind in Arbeit.
       
       Sogar Papst Franziskus sei von dem neuen Trend angetan, erklärt
       Vatikansprecher Federico Lombardi. Dabei gehe es ihm allerdings nicht um
       den Aspekt der Gewichtsreduktion. Der Papst unterstütze vielmehr „jede Form
       von Bemühung um gegenseitigen Respekt zwischen unterschiedlichen
       Religionen, die deren Überzeugungen und Praktiken nicht lächerlich machen
       oder herabsetzen“, sagt Lombardi. Franziskus habe die Bodypray-typische
       Kniebeuge „Heiliger Meniskus“ bereits in seine morgendliche Gebetsstunde
       integriert.
       
       Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sieht Bodypray hingegen als
       Teil einer neuen Afrika-Strategie der Bundesregierung: Sie entsende zwar
       keine Kampfeinheiten in die Zentralafrikanische Republik, wo der Konflikt
       zwischen Christen und Muslimen weiter eskaliert. Aber die Bundeswehr werde
       ihrem „humanitären Auftrag“ dennoch gerecht, sagt die Ministerin. Sie
       schicke Bodypray-Ausbilder in das Land, die „mit frommem Eifer zur
       Versöhnung beitragen“ und zentralafrikanische Milizen trainieren. „Nach
       einer Stunde sind die so platt, da kann keiner mehr eine Machete halten“,
       erklärt von der Leyen.
       
       Fitness-Guru Mark Versteken zeigt sich begeistert: „Bodypray wird die Welt
       verändern.“
       
       18 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Kokoska
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fitness
 (DIR) Didier Drogba
 (DIR) Kinder
 (DIR) Christian Lindner
 (DIR) Ikea
 (DIR) Erika Steinbach
 (DIR) Tchibo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: O du Wunderkind der Justiz!
       
       Die Wahrheit-Sommerserie „Wahre Wunder“ (5): Eine Ode an ein ganz frisches
       Frankfurter Genie des Rechts mit einem erstaunlichen Werdegang.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Doppelwumms im Ehebett
       
       Unklare Familienverhältnisse und die Nachwehen einer liberalen Hochzeit
       belasten Finanzminister Christian Lindner.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Sitzt du noch?
       
       Neu auf dem Markt: Die elektronische Fußfessel „Lasse“. Denn Ikea will
       jetzt auch Justizvollzugsanstalten einrichten. Politiker sind begeistert.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Brüh im Glanze
       
       Ein Herz für Königsberger Klopse: Die Ober-Vertriebene Erika Steinbach
       verklagt die Europäische Union.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Kaffee mit Herz
       
       „Während wir hier gemütlich bei einer Tasse ’Feine Milde‘ sitzen, warten
       12.000 Menschen auf ein Spenderorgan“. Tchibo steigt in den Organhandel
       ein.