# taz.de -- Die Wahrheit: Meister des Mainstreams
       
       > Ich bin ein stinknormaler Hetero. Das ist ja fast peinlich. Meine Eltern
       > wussten von Anfang an, dass ich Durchschnitt bin. Normal.
       
 (IMG) Bild: Spiel mit dem Wurstfeuer
       
       Ich fühle mich schrecklich. Ich bin keine Minderheit! Bin ich dann
       automatisch Mainstream? Ich bin von Subkultur so weit weg wie die Zugspitze
       vom nächsten Erdbeerfeld. Bin ich genauso scheiße wie die anderen?
       Mittelmaß? Ich bin weder hochbegabt, noch wollte ich je mit meiner Mutter
       schlafen. Ich bin ein stinknormaler Hetero. Das ist ja fast peinlich.
       
       Ich war etwas links, aber weil ich die Sprache in den K-Gruppen nicht
       verstand, habe ich mich nicht agitieren lassen, sondern bin auf Zeltfeste
       gegangen, habe getrunken und Schieber getanzt! Als ich das erste Mal auf
       Discos mit sogenannter „progressiver Rockmusik“ ging, also mit 18-minütigen
       Gitarrensoli und so, und alle „ohne anfassen“ tanzten, habe ich gedacht:
       „Ja, und wie komme ich hier nun an die Frau?“ Das erledigt der Ostwestfale
       beim Schwofen. Das heißt: eng tanzen.
       
       Übrigens macht der Ostwestfale das bis heute so, trotz Internetforen.
       Schwofen ist nonverbale Kommunikation. Da ist dann ein Korb auch kein Korb
       gewesen, es lief nur nicht. Man merkt das. Sofort. Freundlicher kann der
       Mensch doch gar nicht absagen.
       
       Ich fahre einen gebrauchten Mittelklassewagen. Wie jeder andere. Ich mag
       Currywurst mit Pommes, ich habe Übergewicht. Vielleicht deswegen. An
       manchen Tagen esse ich kein Fleisch, bin aber deshalb noch lange kein
       Vegetarier und brauche auch keinen Veggie-Day dafür, hab aber auch nichts
       dagegen.
       
       Ich bin Durchschnitt! Absolut. Wobei man sich ja mittlerweile selbst als
       Marathonläufer nicht mehr abheben kann von der Masse, weil alle Marathon
       laufen. Ja, auch mit Übergewicht. In meiner Jugend war es ein absolutes
       Rätsel, wie Menschen in der Lage sein können, 42,195 Kilometer zu laufen.
       Das macht heute die Putzfrau. Das ist nicht abfällig gedacht. Ich liebe
       meine Putzfrau. Ich wäre aufgeschmissen ohne sie. Allerdings fährt sie ein
       Auto, das ist teurer als meins.
       
       Das Einzige, was mich vielleicht heraushebt, ist, dass meine Putzfrau bis
       vor kurzem ein Putzmann war. Nein, keine Geschlechtsumwandlung. Er hat
       einen neuen Job. Mit einer Putzfrau, die eine Geschlechtsumwandlung
       vorgenommen hätte, ja, damit wär ich ganz vorne dabei! Aber nein, mein
       Putzmann feiert jetzt Bühnenerfolge, als Comedian! Übrigens indem er von
       meiner Wohnung erzählt. Ich war heimlich in seinem Programm und habe alles
       ganz genau wiedererkannt.
       
       Ich habe nicht mal eine Eigentumswohnung. Neulich habe ich meinem Freund
       Achim gesagt: „Alle meine Cousins haben Häuser gebaut, alle! Ich hab nicht
       mal ne Wohnung, die mir gehört!“ Da hat er gegrinst und gesagt: „Na ja,
       eigentlich gehören uns mindestens zwei bis drei Kneipen.“ Aber haut es das
       raus? Ich meine, das Bukowski-Image war doch spätestens im Eimer, als ich
       den komödiantischen Putzmann engagierte, um meine neue Freundin nicht zu
       verlieren.
       
       Alle meine Freunde haben Kinder, die etwas Besonderes sind. So haben meine
       Eltern ihre Söhne nie gesehen. Im Gegenteil. Meine Eltern wussten also von
       Anfang an, dass ich Durchschnitt bin. Normal. Haben meine Eltern etwa in
       allem recht?
       
       14 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Gieseking
       
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