# taz.de -- Vampirfilme zu Halloween: Vergnügungssüchtige Hedonisten
       
       > Es ist Halloween: Vampirfilme laufen deshalb auf allen Kanälen. Die
       > Geschichte eines Blutsaugers, der aus der Aufklärung stammt.
       
 (IMG) Bild: Die Gier nach Blut eint alle Vampirmythen.
       
       Sie sind etwas blass, aber trotzdem sexy, machen jede Nacht durch und haben
       merkwürdige Ernährungsgewohnheiten. Die jungen Hipster unterscheiden sich
       von klassischen Vampiren eigentlich nur dadurch, dass man ihnen den
       ausschweifenden Lebenswandel irgendwann ansieht, während Dracula und
       Konsorten auf ewig weiterfeiern.
       
       Seit knapp 300 Jahren frönen die Blutsauger dem Hedonismus.
       
       „Das Wort Vampir gelangt in einem Bericht aus Wien (über Vorfälle in
       Belgrad) 1725 nach Leipzig“, heißt es im Kluge, dem etymologischen
       Wörterbuch. Der Vampir ist also ein Produkt der Aufklärung. 1797 dann
       schrieb Johann Wolfgang von Goethe himself „Die Braut von Korinth“, eine
       erotische Ballade, in der sich die Braut durch ihren eigenen Tod nicht
       davon aufhalten lässt, sich den versprochenen Bräutigam zu nehmen: „Aus dem
       Grabe werd’ ich ausgetrieben / Noch zu suchen das vermisste Gut / Noch den
       schon verlornen Mann zu lieben / Und zu saugen seines Herzens Blut.“
       
       Die Gier nach Blut eint alle Vampirmythen. „Deutsche Namen sind: Gier,
       Gierhals, Gierrach, Begierig, Unbegier, seltener Blutsauger“, heißt es im
       Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Geschichten von Untoten und
       Wiedergeborenen gibt es schon immer, aber Blut saugen können nur Vampire.
       Vermutlich ist es eine Umkehrung der christlichen Sakramente. Jesus gibt
       seinen Jüngern beim letzten Abendmahl sein Blut zu trinken und steht danach
       wieder von den Toten auf.
       
       Im 19. Jahrhundert eroberten die Vampire dann den Rest der Welt. Der Harry
       Potter unter den Vampirromanen, Bram Stokers „Dracula“, wurde 1897
       geschrieben, da war der Hype schon fast wieder vorbei. Was aber im selben
       Moment das Licht (und den Schatten) der Welt entdeckte, war: der Film.
       
       ## Vampire auf der Leinwand
       
       Vampire gehören auf die Leinwand wie Zuschauer ins Kino. Murnaus
       „Nosferatu“ ist dafür nur ein zwingender Beweis unter vielen. Seit dem
       letzten Wochenende laufen auf allen Fernsehsendern die Vampirfilme hoch und
       runter. Es ist Halloween.
       
       Von Klassikern wie Polanskis „Tanz der Vampire“ (14 Uhr, Arte) über
       Merhiges Nosferatu-Hommage „Shadow of the Vampire“ bis zu dem berührend
       romantischen Vampirkinderfilm „So finster die Nacht“ (23.15 Uhr, WDR) oder
       der südkoreanischen Vampirromanze „Durst“ (0.00 Uhr, Arte).
       
       Es ist die Idee der straflosen Sünde, die den Vampir so sexy macht. Leider
       ist genau das der Punkt, an dem Stephanie Meyer ansetzt. Ihre
       Twilight-Vampire sind nämlich überhaupt gar keine vergnügungssüchtigen
       Hedonisten mehr, sondern oberkorrekte Superspießer, die eben nur ein
       bisschen schöner, ein bisschen reicher und ein bisschen stärker sind als
       andere Menschen. Sie zerfallen auch nicht zu Staub im Sonnenlicht. Sie
       glitzern! Zum Glück läuft Twilight demnächst nicht im Free-TV.
       
       31 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lea Streisand
       
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