# taz.de -- Camp am Oranienplatz: Auf der Flucht vor der Kältehilfe
       
       > Senat und Bezirk wollen Flüchtlinge nicht mehr auf Platz übernachten
       > lassen. Dafür bieten sie den Bewohnern Winterquartiere an.
       
 (IMG) Bild: Mit dem zugigen Camp am O-Platz in Kreuzberg soll es bald vorbei sein.
       
       Senat und Bezirk erhöhen den Druck auf die Flüchtlinge vom Oranienplatz.
       Auf einer Pressekonferenz am Freitag versprachen Sozialsenator Mario Czaja
       (CDU) und die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann
       (Grüne), den Bewohnern des dortigen Protestcamps in Kürze ein
       Winterquartier anzubieten. Gleichzeitig machte Herrmann klar, dass nach
       Bezug kein Übernachten mehr auf dem Platz erlaubt werde.
       
       Geprüft werden derzeit zwei Objekte, beide in Friedrichshain-Kreuzberg:
       Czaja nannte keine Adresse, sprach von einer privaten Wohnungslosenhilfe.
       Herrmann schlägt die frühere Polizeiwache in der Friedenstraße in
       Friedrichshain vor, unweit der Landsberger Allee. Eigner des leeren Hauses
       ist der Liegenschaftsfonds, Betreiber könnte hier die evangelische Kirche
       sein. Czaja und Herrmann sprachen von einer gleichwertigen Prüfung beider
       Objekte. Die Finanzierung sei noch zu klären.
       
       Czaja begründete seine Offerte mit der „humanitären Notwendigkeit“, den
       Flüchtlingen einen zweiten Winter in Zelten zu ersparen. Das Angebot gelte
       als „Kältehilfe“ und sei auch nur für den Winter vorgesehen. Was danach mit
       den Flüchtlingen geschieht, ließ er unbeantwortet.
       
       Auch ein Bezugsdatum nannte Czaja nicht: Das Camp solle „Zug um Zug“
       umziehen. Herrmann versprach den Flüchtlingen, auf dem Oranienplatz weiter
       ein Infozelt behalten zu dürfen. „Politischer Protest ist dort weiter
       möglich.“ Zelte zum Übernachten werde der Bezirk aber "keine weitere
       Duldung aussprechen".
       
       Diese Bedingung dürfte unter den Flüchtlingen auf dem Oranienplatz, derzeit
       rund 100, für Diskussionen sorgen. Dort gibt es inzwischen zwei Lager: Das
       größere, Flüchtlinge aus Lampedusa, zeigte sich nach dem Pressetermin
       aufgeschlossen. Man müsse erst Adresse und Konditionen des Hauses kennen,
       sagte deren Sprecher Bashir Zakariyar. Sollte das passen, werde man
       umziehen. Der Protest werde aber weitergehen. „Wir wollen ja kein Haus, wir
       wollen arbeiten und leben wie alle anderen.“
       
       Die Gruppe der Urbesetzer, die ein Ende von Abschiebungen und
       Residenzpflicht fordern, lehnt einen Umzug dagegen ab. „Der Oranienplatz
       ist unser politisches Zentrum“, sagte Patras Bwansi. Das Camp sei
       bundesweiter Anlaufpunkt des Flüchtlingswiderstands und müsse „als Ganzes“
       bleiben. Er warnte, das Camp „von außen zu spalten“.
       
       Indes geht der Hungerstreik von 20 Flüchtlingen aus Bayern vorm
       Brandenburger Tor weiter. Diese fordern seit Mittwoch die Annahme ihrer
       Asylanträge. Drei Protestler mussten inzwischen wegen Schwächeanfällen im
       Krankenhaus behandelt werden. Sie kehrten im Anschluss in den Hungerstreik
       zurück. Czaja und Herrmann beziehen diese Flüchtlinge nicht in die
       Herbergssuche ein: Sie hätten mit dem Oranienplatz nichts zu tun.
       
       11 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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