# taz.de -- CSU-Politiker zu Schwimmunterricht: „Das gehört zum Bildungskanon“
       
       > Michael Frieser will eine bessere Schwimmausbildung, nicht nur für
       > Muslime. Er glaubt, dass hier mehr integriert wird, als in gemeinsamen
       > Religionsunterricht.
       
 (IMG) Bild: Zwei Schülerinnen mit ihrer Lehrerin beim Schwimmunterricht in Freiburg.
       
       taz: Herr Frieser, das Oberverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden,
       dass muslimische Mädchen am gemischten Schwimmunterricht teilnehmen müssen
       - im Zweifel im Burkini. Wie finden Sie das? 
       
       Michael Frieser: Ich begrüße, dass es jetzt eine höchstrichterliche
       Entscheidung für den koedukativen Schwimmunterricht gibt – und dass nicht
       mehr jeder aus religiösen Gründen entscheiden darf, ob er daran teilnehmen
       will oder nicht. Der Burkini ist ein gangbarer Kompromiss.
       
       Wenn gemeinsamer Sportunterricht der Integration dient: Warum ist er an den
       meisten Schulen in Bayern dann getrennt? 
       
       Der Sportunterricht ist in der Regel getrennt. Der Schwimmunterricht aber
       findet schon aus organisatorischen Gründen meistens gemeinsam statt. Und
       sehen Sie: als Politiker bemängeln wir immer wieder, dass immer weniger
       Kinder überhaupt Schwimmen lernen. Dann können wir davon auf der anderen
       Seite nicht immer mehr Ausnahmen zulassen.
       
       Warum dient gerade der gemeinsame Schwimmunterricht der Integration? Wäre
       ein gemeinsamer Religionsunterricht da nicht viel besser? 
       
       Nein. Der Religionsunterricht dient dazu, all jenen, die mit einem
       bestimmten Glauben aufgewachsen sind, die Möglichkeit zu geben, mehr über
       die Grundsätze ihrer Konfession zu lernen. Deshalb bin ich auch dafür, dass
       es überall dort, wo es mehrheitlich Schüler muslimischen Glaubens gibt,
       auch einen gemeinsamen islamischen Religionsunterricht gibt. Am besten von
       Lehrern, die in Deutschland ausgebildet worden sind.
       
       Wenn die Eltern ihr Kind auf eine private Schule schicken, auf der es gar
       keinen Schwimmunterricht gibt, ist der Integration aber auch nicht gedient,
       oder? 
       
       Nein, überhaupt nicht. Es geht aber auch nicht darum, jemanden an der
       Entfaltung seines Glaubens zu hindern. Die namhaften muslimischen Verbände
       haben dieses Urteil alle akzeptiert. Und nehmen wir an, diesem Mädchen
       passiert etwas im Wasser. Dann müssen wir uns alle fragen: warum haben wir
       es veräumt, diesem Kind das Schwimmen beizubringen?
       
       Wenn ein katholischer Schüler die Harry-Potter-Bücher nicht im Unterricht
       lesen möchte, weil Papst Benedikt sie mal als unchristlich bezeichnet hat –
       was sagen Sie dem? 
       
       Dem würde ich sagen: wo kommen wir denn da hin? Der Papst hat Harry Potter
       ja auch nicht verboten. Und auch Goethe war mit seinen freigeistigen
       Schriften zum Teil im direkten Konfrontationskurs zur Kirche. Aber deswegen
       wird doch niemand den Faust als Schullektüre ablehnen. Wenn wir es ernst
       meinen mit einer Schulpflicht, dann haben der Staat und die Pädagogen auch
       die Pflicht, für sich festzulegen, was wir für beibringenswert halten. Dazu
       gehört, neue Horizonte zu öffnen. Wie will ein junger Mensch die Freiheit
       haben, sich für seine Religion zu entscheiden, wenn er nichts anderes
       kennen lernt als das, was ihm von seiner eigenen Religion vorgesetzt wird?
       
       Das klingt wie ein Plädoyer für gemeinsamen Religionsunterricht. 
       
       Es ist keinem Schüler verboten, sich in einen anderen Religionsunterricht
       zu setzen, so lange er seinen eigenen nicht schwänzt. Oder, sich mit dem
       islamischen Glauben zu beschäftigen und eine Moschee zu besuchen. Und Vice
       Versa. Andere Sichtweisen kennen zu lernen und die Perspektive zu wechseln,
       das ist doch der Inbegriff unseres Lehr- und Lerninhaltes!
       
       Laut einer Studie des Deutschen Sportbundes fällt in Deutschland jede
       vierte Sportstunde aus, an vielen Schulen gibt es keinen Schwimmunterricht.
       Betroffen sind vor allem sozial schwache Stadtteile. Was macht die Union
       dagegen? 
       
       Im Bund kann man da relativ wenig machen, das ist eine Frage der
       Schulträger vor Ort. Aber richtig ist: in meiner Generation haben noch drei
       Viertel der Schüler das Schwimmen gelernt – heute sind wir bei 40 Prozent.
       Das muss auf der Prioritätenliste nach oben, das gehört zum Bildungskanon.
       Aber bisher fällt das oft in die Kategorie freiwillig.
       
       Was muss geschehen? 
       
       Wir müssen die Kommunen stärken und die Schulen von den Ländern besser
       ausstatten und verpflichten, damit sie das organisieren können. Das tut ja
       auch den städtischen Bädern gut, wenn die Schulen da feste Zeiten buchen.
       Keine Frage, dass dann trotzdem oft Stunden ausfallen, das ist eine
       Zeitkrankheit. Aber ich will, dass in diesem Land wieder mehr als die
       Hälfte der Schüler schwimmen können, wenn sie die Schule verlassen.
       
       12 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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