# taz.de -- Lohndumping in der Fleischindustrie: Arme Fleischer
       
       > Kontrollen in der deutschen Fleischindustrie ergeben ein düsteres Bild:
       > Unerträgliche Arbeitsbedingungen und miese Löhne gehören zum Alltag.
       
 (IMG) Bild: Menschenunwürdige Zustände und Hungerlöhne: Die deutsche Fleischindustrie setzt verstärkt auf Werkverträge.
       
       KÖLN taz | Je mehr ein Unternehmen auf Werkvertragsmitarbeiter setzt, umso
       schlechter ist der Arbeitsschutz. Das ist die Quintessenz, die der
       nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) aus
       Kontrollen in zwei Dutzend Betrieben der Fleischindustrie an Rhein und Ruhr
       zieht. Die Prüfungen, deren Ergebnisse Schneider am Dienstag in Düsseldorf
       präsentierte, zeichnen ein düsteres Bild. Unerträgliche Arbeitsbedingungen
       und miese Bezahlung gehören zum Alltag in der Branche.
       
       Im Juli und August ließ Schneider 24 Großbetriebe der Fleischindustrie
       überprüfen. Außerdem musterte die Arbeitsschutzverwaltung 27
       Werkvertragsfirmen. Das ernüchternde Ergebnis: Bei zwei Drittel der
       kontrollierten Betriebe wurden massive Arbeitsschutzmängel festgestellt.
       Beispielsweise sei der Sicherheitsabstand zwischen den Beschäftigten beim
       Umgang mit scharfen Messern häufig zu gering gewesen, erläuterte Schneider.
       Wer durch Unfall oder Krankheit ausfalle, flöge raus. Bisweilen herrschten
       „frühkapitalistische Bedingungen“.
       
       Auch bei der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften gab es erhebliche
       Verstöße. In manchem Betrieb mussten die Beschäftigten bis zu
       dreizehneinhalb Stunden am Tag am Fließband stehen. Gesetzlich erlaubt sind
       acht Stunden, in Ausnahmefällen zehn Stunden. „Es gibt keine Großen, wo
       nichts festgestellt wurde“, sagte Schneider. Etliche Bußgeldverfahren seien
       eingeleitet worden. Die Namen der Unternehmen nannte er nicht.
       
       Schneider sieht einen engen Zusammenhang zwischen der Nichteinhaltung
       gesetzlicher Schutzvorschriften und dem Einsatz von
       Werkvertragsbeschäftigten. „Oft werden Menschen, insbesondere aus Mittel-
       und Osteuropa, unter menschenunwürdigen Verhältnissen zu Hungerlöhnen in
       Deutschland beschäftigt“, sagte der Minister.
       
       Besonders die Fleischindustrie setze verstärkt auf Werkvertragsfirmen zur
       Drückung der Lohnkosten. So würden sieben der kontrollierten
       fleischverarbeitenden Unternehmen sogar ihre gesamte Produktion
       ausschließlich von Billiglöhnern erledigen lassen, die bei Subunternehmern
       unter Vertrag stünden. Darunter seien Betriebe, in denen bis zu 15
       Werkvertragsfirmen gleichzeitig tätig sind. Um dem Missbrauch von
       Werkverträgen Einhalt zu gebieten, kündigte Schneider eine
       Bundesratsinitiative an.
       
       28 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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