# taz.de -- Breite Zustimmung für Obamas „No“: Ohrfeigen aus Moskau
       
       > Außenpolitisch verursacht er eine Eiszeit. Doch zu Hause erntet
       > US-Präsident Barack Obama Beifall für seinen Korb an Russlands Präsident
       > Wladimir Putin.
       
 (IMG) Bild: Bereits beim letzten Treffen der beiden Staatschefs Obama und Putin in Irland im Juni 2013 war die Stimmung eisig.
       
       WASHINGTON taz | „Es ist unserer Ansicht nach konstruktiver, das Treffen zu
       verschieben, bis auf unserer gemeinsamen Agenda mehr Ergebnisse vorliegen“,
       begründete Obamas Sprecher, Jay Carney, am Mittwoch in Washington, die
       Absage des Zweiertreffens am Rande des G-20-Gipfels. Eine Ansage, die in
       den USA viel Zustimmung erntete.
       
       Es gebe nicht genügend Fortschritt bei bilateralen Fragen für solche
       Gespräche - angefangen von Abrüstungsbemühungen über Handels- und
       Wirtschaftsfragen bis zu Angelegenheiten der globalen Sicherheit oder der
       Menschenrechte. Dann erst räumte Carney ein: Das russische Asyl für den
       US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden sei „auch ein Faktor, den
       wir bei der Bewertung des gegenwärtigen Stands unseres bilateralen
       Verhältnisses berücksichtigt haben.“
       
       „Der Präsident hat ganz klar die richtigen Entscheidungen getroffen“, lobte
       der einflussreiche demokratische Sentator Charles Schumer: „Putin benimmt
       sich wie ein Pausenhoftyrann und verdient den Respekt nicht, den er mit
       einem bilateralen Gipfel erhalten hätte.“
       
       Die Absage habe helfen sollen klarzumachen, „wie inakzepatbel es ist, dass
       die russische Regierung Snowden einen Flüchtlingsstatus einräumt“, sagte
       der Republikaner Ed Royce, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im
       Repräsentantenhaus. Und Außenamtsspecherin Jen Psaki erklärte: „Wir haben
       keine Angst, klar zu sagen, wo wir unsere Meinungsverschiedenheiten haben.“
       
       ## Feindselige Rhetorik
       
       Seit langem hatten nicht nur die Falken im Kongress darauf gedrängt,
       Präsident Putin nach einer Reihe von Provokationen die rote Karte zu
       zeigen. Immer feindseliger wurde ihre Rhetorik. „Das Verhältnis zwischen
       den USA und Russland ist vergifteter als jemals seit dem Ende des Kalten
       Krieges“, sagte Schumer.
       
       In einem Fernsehinterview des Senders NBC hatte Obama sich bereits am
       Vortag „enttäuscht“ über die Snowden-Entwicklung geäußert. Sie reflektiere
       die „unterschwelligen Herausforderungen“, die die USA im Umgang mit der
       russischen Regierung bewältigen müssten. „Es gibt Zeiten, da rutschen sie
       wieder in das Denken und die Mentalität des Kalten Krieges zurück.“
       
       Obamas Kritiker, wie der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses,
       John Boehner, reagierten auch mit Hähme: „Die Außenpolitik mit der
       selbsternannten eigenen Handschrift von Obama - ein Neustart mit Russland -
       ist soeben kollabiert“, erklärte Boehner durch seinen Sprecher Brendan
       Buck. Tatsächlich sei das Verhältnis beider Länder seit Obamas Amtsantritt
       nicht wirklich von der Stelle gekommen, meinen Beobachter.
       
       Die Beziehung der beiden Großmächte war spätestens seit Putins
       Amtsübernahme im Mai 2012 kontinuierlich auf den derzeitigen Tiefpunkt
       zugesteuert. Das Asyl für Snowden, von dem das Obama-Team vergangene Woche
       auch nur durch die Breaking News von CNN erfuhr, war nur noch das
       i-Tüpfelchen einer Kette von Provokationen.
       
       ## Warnung vor Erniedrigung
       
       Zu den jüngsten Ohrfeigen aus Moskau gehört Putins Schulterschluss mit
       Syriens Diktator Baschar al-Assad. Während Washington fortwährend
       verkündete, dass dessen Tage gezählt seien, lieferte Moskau ihm Waffen.
       Unter anderem blockierte Russland eine Syrien-Resolution im
       Uno-Sicherheitsrat, um der US-Strategie zum Sturz des Machthabers einen
       Riegel vorzuschieben. Als Obama im Juni bei seinem Besuch in Berlin eine
       neue Abrüstungsrunde für Atomwaffen anregte, ignorierte es der Kremlchef,
       der sein Land wiederum durch den US-Raketenschild in Osteuropa provoziert
       sieht.
       
       Beider Treffen am Rande des G8-Gipfeltreffens in Irland war offenkundig von
       wenig Zuneigung geprägt. Russland moniert, dass die USA zwar in Sachen
       Menschenrechte immer andere Länder belehrten, aber sich im Fall Snowden
       selbst nicht an die Regeln hielten. Erst am Dienstag hatte Obama in der
       NBC-“Tonight Show" erklärt, er habe „keine Geduld mit Ländern, die Schwule,
       Lesben und Transsexuelle auf eine Art behandeln, die sie beleidigen oder
       ihnen gar schaden.“ Obama warnte auch davor, Homosexuelle bei den
       Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zu erniedrigen.
       
       Doch der US-Präsident weiß auch, dass sein Land auf ein halbwegs
       partnerschaftliches Verhältnis zu Russland angewiesen ist, um etwa Krisen
       wie die in Syrien oder den Atomkonflikt mit dem Iran zu lösen. Auch für den
       Abzug der US-Truppen aus Afghanistan setzt Obama auf russische Kooperation.
       Würde Putin den Truppen den Durchzug durch sein Land verwehren, bliebe
       ihnen lediglich der weitaus kompliziertere und gefährliche Weg durch
       Pakistan.
       
       Trotz der Verstimmungen will Obama im September zum G20-Gipfel reisen. An
       diesem Freitag wollen sich zudem die Außen- und Verteidigungsminister
       beider Länder in Washington treffen. Das war wegen der Snowden-Affäre lange
       Zeit in Frage gestellt worden. „Wir arbeiten weiter mit Russland in
       Angelegenheiten, in denen wir eine gemeinsame Basis finden können“,
       erklärte dazu Obamas stellvertretender Sicherheitsberater Ben Rhodes.
       
       8 Aug 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Passenheim
       
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