# taz.de -- Euro im Baltikum: Lettland wird die neue Schweiz
       
       > Der baltische Staat wird zum 1. Januar den Euro einführen. Das Land setzt
       > auf Steuersparmodelle und niedrige Unternehmensteuern. Eine Krise scheint
       > nah.
       
 (IMG) Bild: Der eine geht, der andere kommt: Lats und Euro.
       
       BERLIN taz | Lettland wird am 1. Januar 2014 das 18. Mitglied der
       Europäischen Währungsunion. Dem haben gestern die Finanzminister der EU
       zugestimmt. Lettland erfüllt formal alle Kriterien für den Eurobeitritt in
       Bezug auf Haushaltsdefizit, Staatsverschuldung, Inflation und
       Währungsstabilität. Dennoch fragen sich manche Beobachter ein wenig bange,
       was da auf die Eurozone zukommt.
       
       Zunächst einmal ist die starke Abhängigkeit der lettischen Wirtschaft von
       der Finanzwirtschaft besorgniserregend. Die EU und der Internationale
       Währungsfonds (IWF) kritisieren vor allem, dass rund die Hälfte aller
       Einlagen aus dem Ausland stammen. Bei der ersten Andeutung von Problemen
       könnten sie schnell abgezogen werden und eine Krise auslösen. Ähnlich wie
       2008, als mit der Parex-Bank eine der größten Banken des Landes vor der
       Pleite stand. Der lettische Staat musste im Jahr darauf vom IWF gerettet
       werden.
       
       Doch statt die Reißleine zu ziehen, setzt die Regierung nun noch stärker
       auf den Finanzsektor. Das Land soll offenbar zur Steueroase ausgebaut
       werden, wie Ministerpräsident Valdis Dombrovskis im Spiegel klarmachte:
       „Wir haben unsere Steuergesetze geändert, um Lettlands Wettbewerbsfähigkeit
       und den Finanzplatz Riga zu stärken.“
       
       Gleichzeitig mit der Euroeinführung werden weitere Steuererleichterungen
       für sogenannte Holdings eingeführt – Dachgesellschaften, deren bloßer Zweck
       es ist, Beteiligungen an anderen Gesellschaften zu halten. Auch der normale
       Unternehmensteuersatz ist mit 15 Prozent unter den niedrigsten in der EU.
       
       ## Bei Anlegern populär
       
       Ein Großteil der Banken ist längst auf Kunden vor allem aus Staaten der
       früheren Sowjetunion spezialisiert. Dass man sich auf Russisch verständigen
       kann, hilft sicher. Überdies lockt Lettland ausländische Investoren – ab
       70.000 Euro – mit einer Aufenthaltserlaubnis inklusive Reisefreiheit im
       Schengen-Raum.
       
       Seit Ausbruch der Zypernkrise hat Lettland noch mal deutlich an Popularität
       für Anleger gewonnen – nicht nur aus dem Osten. So bieten auch zwielichtige
       Steuerberatungsfirmen aus den USA ihren Kunden Offshore-Konten nicht nur
       auf Karibikinseln oder auf Zypern, sondern auch in Lettland. Das Land sei
       inzwischen so etwas wie „eine baltische Schweiz“, meint Tom Wayne von der
       Menschenrechtsorganisation Global Witness.
       
       Es hat den Anschein, als wolle Lettland jetzt die Geschäfte übernehmen, die
       die Schweiz inzwischen auf internationalen Druck hin ablehnt. Dazu passen
       Berichte wie der des UN-Sicherheitsrats, wonach Waffenschmuggler aus der
       Elfenbeinküste Geschäfte über Lettland abwickelten.
       
       „Lettland darf nicht zur neuen Destination für russische Großanleger
       werden, die mit Zypern eine Steueroase verloren haben“, fordert der
       CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Und sein grüner Kollege Sven Giegold
       fügt hinzu: „So schwach wie unzureichend angewandt die Gesetzgebung zur
       Geldwäsche ist, so stark und unantastbar ist das Bankgeheimnis.“
       
       10 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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