# taz.de -- Kommentar Pro-Erdogan-Demo: Instrumentalisierte Migranten
       
       > Nicht nur die Erdogan-Gegner, sondern auch dessen Unterstützer gehen in
       > der Bundesrepublik auf die Straße. Das ist befremdlich.
       
       Was sich im Düsseldorfer Rheinpark abgespielt hat, war eine
       Machtdemonstration. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan hat seine
       Anhänger in Deutschland gerufen, und mehr sind gekommen als noch unlängst
       in Köln gegen ihn demonstriert haben.
       
       So bitter die Erkenntnis auch sein mag: Der Rückhalt für den
       selbstherrlichen neoosmanischen Pascha ist auch unter den Auslandstürken
       immer noch enorm. Das ist das Bild, das die Veranstalter von der
       nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt aus in die Türkei senden wollten –
       und leider auch senden konnten.
       
       So befremdlich der überbordende Personenkult sein mag, der bei zahlreichen
       Demonstranten zu besichtigen war: Dass nicht nur die Erdogan-Gegner,
       sondern auch dessen Unterstützer in der Bundesrepublik auf die Straße
       gehen, ist selbstverständlich völlig legitim. Aber nicht nur der große Hass
       auf die türkische Demokratiebewegung, der sich auf dem Platz artikulierte,
       erschreckt.
       
       Für die in Düsseldorf Versammelten sind die Protestierenden vom Gezi-Park
       nicht zum Symbol für die große Sehnsucht nach einer
       freiheitlich-demokratischen und humanistischen Gesellschaft geworden,
       sondern geben nur Anlass für absurde Verschwörungstheorien über böse
       ausländische Mächte, die die Türkei zerstören wollten.
       
       Von der gestrigen Großkundgebung geht aber noch aus einem anderen Grund ein
       fatales Signal aus. Es ging der Union Europäisch-Türkischer Demokraten
       (UETD), die das Massenereignis organisiert hat, weder im Vorfeld noch auf
       der Kundgebung selbst auch nur eine Sekunde darum, die Öffentlichkeit in
       der Bundesrepublik zu erreichen. Was sich nicht nur daran zeigte, dass die
       Veranstaltung ausschließlich in türkischer Sprache stattfand. Der UETD ging
       es einzig und allein um die Wirkung in der Türkei.
       
       In ihrer Satzung gibt die UETD vor, sie sei „parteipolitisch und
       weltanschaulich neutral“. Auch behauptet sie, für die Integration der in
       Deutschland lebenden Menschen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte
       einzutreten. Doch das ist eine Camouflage und eine Lüge. Seit Jahren dient
       die UETD der AK-Partei bei ihren Versuchen, die Auslandstürken für ihre
       politischen Ziele einzuspannen, als eine Art 5. Kolonne. Der Verein hilft
       der islamistischen Partei, sie als Claqueure und Stimmvieh zu missbrauchen.
       
       So organisierte die UETD Erdogans umstrittene Auftritte 2008 in Köln und
       2011 in Düsseldorf, wie sie jetzt zur Düsseldorfer Jubelveranstaltung
       mobilisierte. Wem es derart offensichtlich um die Instrumentalisierung der
       türkeistämmigen Migranten für die innenpolitischen Interessen der AK-Partei
       in der Türkei geht, der schadet nicht nur der Integration, sondern ist ihr
       erklärter Gegner. Deswegen war die gestrige Machtdemonstration nicht nur
       ein schlechtes Signal für die Demonstranten auf dem Taksimplatz.
       
       7 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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