# taz.de -- Autoindustrie und RWTH Aachen: Wirtschaft forscht
       
       > Ein mit der Autoindustrie verbandeltes Aachener Institut schreibt Studien
       > für die Regierung. Die Ergebnisse sind fragwürdig.
       
 (IMG) Bild: Laut dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) erstellt das Aachener Institut für Kraftfahrzeuge (ika) oft „sehr industriegefällige Gutachten“.
       
       KÖLN taz | Lutz Eckstein ist ein gefragter Experte und mischt an vorderster
       Front mit: An diesem Dienstag, gegen 12 Uhr, spricht der Professor der RWTH
       Aachen in Berlin auf der von der Bundesregierung ausgerichteten
       internationalen Konferenz zur Elektromobilität. Das Vortragsthema:
       „Ausbildung & Qualifizierung Elektromobilität – vom Wahlfach zur
       interdisziplinären Kernqualifikation“. Was das von ihm geleitete
       [1][Institut für Kraftfahrzeuge] (ika) und dessen Nähe zur Autoindustrie
       anbetrifft, sind Eckstein und seine Mitarbeiter dagegen deutlich
       schweigsamer.
       
       Fragen der taz werden nicht beantwortet. Institutsleiter Eckstein sei am
       Rande der Berliner Konferenz zu sprechen, teilt ein Mitarbeiter stattdessen
       schließlich mit. Und stellt Bedingungen: „Wir erachten es als
       selbstverständlich, dass ein daraus resultierender Artikel uns vorab zur
       Freigabe vorgelegt wird.“
       
       Der Vorwurf der industriegeleiteten Gefälligkeitsforschung wird dem
       Institut immer wieder gemacht. In Aachen reagiert man nicht mit Offenheit.
       Nichts, selbst Anfragen zur Mitarbeiterzahl will Kathrin Noreikat
       beantworten, immerhin „Ansprechpartner“ des ika für die Presse. Das
       Institut ist aufs Engste verbunden mit der [2][Forschungsgesellschaft
       Kraftfahrwesen] (fka), die laut Bundesanzeiger dem drittgrößten deutschen
       Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen gehört.
       
       Man teilt sich Personal, zum Beispiel die Ansprechpartnerin für die Presse.
       Aus der Nähe zur Automobilwirtschaft machen die Wissenschaftler keinen
       Hehl. „Die enge Zusammenarbeit des Instituts für Kraftfahrzeuge an der RWTH
       Aachen University (ika) mit der Industrie führte 1981 zur Gründung der
       Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka)“, heißt es auf der
       Homepage.
       
       ## 12 Millionen Euro Umsatz im Jahr
       
       Zusammen machen beide Einrichtungen 12 Millionen Euro Umsatz im Jahr,
       Tendenz steigend. „Die deutliche Steigerung der betrieblichen
       Gesamtleistung wurde insbesondere durch die Erhöhung des Unterauftrags an
       das ika realisiert“, heißt es im Geschäftsbericht des fka für 2011.
       
       Die Wissenschaftler und Studenten der Einrichtungen forschen zu allen
       möglichen Aspekten des Autobaus, konstruieren und simulieren vom Antrieb
       über neue Systeme der Fahrerassistenz bis zum Aufbau von Prototypen.
       „[3][Gefragter Durchlauferhitzer für die Automobilindustrie]“, schreibt die
       Branchenzeitung Automobilwoche.
       
       Zu den Kunden und Partnern zählen nicht nur Autohersteller und Zulieferer,
       sondern auch öffentliche Institutionen. Michael Müller-Görnert vom
       ökologisch orientierten [4][Verkehrsclub Deutschland] (VCD) beobachtet das
       mit Sorge: „Kenner der Umweltszene wissen, dass das ika oft sehr
       industriegefällige Gutachten erstellt.“
       
       ## CO-Ausstoß
       
       Für Aufregung gesorgt hat vor allem ein Gutachten zu den Kosten, die
       schärfere Regeln für den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen verursachen würden. Das
       Bundeswirtschaftsministerium hat es beim ika in Auftrag gegeben. Pünktlich
       zu den Verhandlungen auf EU-Ebene legte das ika im Februar das Ergebnis
       vor: Höhere Grenzwerte würden die Verbraucher demzufolge viel Geld kosten,
       im Schnitt 1.900 Euro.
       
       Das war im Sinne der Automobilindustrie, die sich gegen höhere Grenzwerte
       wehrt. Die Studie versuche die Akzeptanz für weniger CO2 zu unterminieren,
       so die ehemalige NRW-Umweltministerin und heutige grüne
       Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn. „Die Studie hat uns sehr geärgert“, sagt
       Müller-Görnert vom VCD. Die Wissenschaftler hätten falsche Marktpreise
       zugrunde gelegt. Die wahren Mehrkosten lägen nur bei einem Viertel.
       
       28 May 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.ika.rwth-aachen.de/
 (DIR) [2] http://www.fka.de/
 (DIR) [3] http://www.automobilwoche.de/article/20061120/HEFTARCHIV/611200432/gefragter-durchlauferhitzer-fur-die-autoindustrie#.UaN36LaQpZI
 (DIR) [4] http://www.vcd.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Automobilindustrie
 (DIR) Gutachten
 (DIR) CO2-Ausstoß
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Norwegen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Protest gegen VW: Der bezahlte Applaus
       
       Wo Greenpeace-Aktivisten gegen VW protestieren, warten schon die
       Gegendemonstranten. Offenbar kauft sich der Konzern die Fans ein.
       
 (DIR) Strommix und Elektromobilität: Elektroauto als Dreckschleuder
       
       Norwegen und Estland haben in Europa den größten Anteil an Elektroautos.
       Gut für die Umwelt ist das nur in einem der beiden Länder. Grund ist der
       Strommix.
       
 (DIR) Energiewende: Mit Schwarm-Intelligenz heizen
       
       Alle reden von Terrawattkabel und Offshorewindparks – beim Stichwort
       „Energiewende“ haben viele nur Mega-Projekte im Kopf. Lichtblick hält mit
       Minikraftwerken dagegen.