# taz.de -- Suche nach Atommüll-Zwischenlager: Zoff hinterm Deich
       
       > Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck hat Brunsbüttel
       > als Atommüll-Zwischenlager angeboten - hat aber die Rechnung ohne den
       > roten Innenminister gemacht.
       
 (IMG) Bild: Castortransporte nach Brunsbüttel? Landesminister Habeck (Grüne, l.) und Bundesumweltminister Altmaier beim Plausch im Watt.
       
       KIEL taz | Die Suche nach einem „rücksichtslosen Golf“ beschäftigte die
       Beamten im Polizeirevier Brunsbüttel zuletzt ebenso wie ein Laubeneinbruch
       im Kleingartengebiet „Mole IV“. Demnächst aber droht Größeres: Der Ort am
       Nord-Ostsee-Kanal könnte zum nächsten Atommüll-Zwischenlager der Republik
       werden. Das bedeutet Groß-Demos, wenn Castoren anrollen, und einen
       dauernden Schutzbedarf für das Zwischenlager.
       
       Für die Landespolizei sei das ohne mehr Personal, mehr Geld und Hilfe
       anderer Bundesländer nicht zu bewältigen, warnte Schleswig-Holsteins
       Innenminister Andreas Breitner (SPD) vor einigen Tagen und ging damit auf
       Gegenkurs zu Umwelt- und Energieminister Robert Habeck (Grüne), der
       Schleswig-Holstein als Standort für den Atommüll angeboten hatte. Am
       Donnerstag nun besuchte Breitner, selbst gelernter Polizist, das Revier in
       Brunsbüttel – ein Zeichen der Solidarität.
       
       Bei dem Ortstermin appellierte Breitner an die anderen Länder und den Bund:
       „Schleswig-Holstein kann nicht allein die Lösung sein.“ Man sei bereit,
       Teil der Lösung des bundesweiten Problems zu werden, aber der
       Bundesumweltminister sei in der Pflicht, für einen nationalen Konsens zu
       sorgen.
       
       Wortgleich äußert sich inzwischen auch Habeck: Schleswig-Holstein sei
       „bereit, einen solidarischen Beitrag im Rahmen einer Gesamtlösung zu
       leisten. Das heißt nicht, dass wir die alleinige Last tragen“. Auch er
       appellierte an die anderen Länder, ihre „Nicht-vor-meiner-Haustür-Haltung
       zu überprüfen“. Außer Schleswig-Holstein hatte sich nur das grün-rot
       regierte Baden-Württemberg bereit erklärt, Atommüll zwischenzulagern, bis
       ein Standort für ein Endlager gefunden ist. Bundesumweltminister Peter
       Altmaier (CDU) will offenbar Brunsbüttel zum alleinigen Lager für künftige
       Castoren machen.
       
       Habeck hat sich seinen Vorstoß nachträglich vom Kabinett absegnen lassen
       und sich Rückendeckung aus dem Regierungslager geholt: Sowohl SPD-Landes-
       und Fraktionsvorsitzender Ralf Stegner als auch die Grünen-Spitzenfrau Eka
       von Kalben sprangen ihm bei – unter der Prämisse, dass Schleswig-Holstein
       nicht der einzige Standort wird. Die Grünen wollen das Thema am 23. April
       auf einem Sonderparteitag in Neumünster debattieren.
       
       Die Opposition dagegen kritisiert den Minister: Habeck opfere „die
       Interessen der Brunsbütteler Bevölkerung und der Umgebung auf dem Altar
       grüner Eitelkeiten“, so der Dithmarscher FDP-Abgeordnete Oliver Kumbartzky.
       CDU-Fraktionschef Johannes Callsen forderte angesichts der
       unterschiedlichen Signale aus der Regierung ein klares Wort von
       Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Habeck habe früher vor Sturmfluten
       und Schiffshavarien an Kraftwerks-Standorten gewarnt, „heute will er dort
       Atommüll zwischenlagern“, so Callsen. Auch dass Habeck den als
       „unzuverlässig“ eingestuften Energiekonzern Vattenfall mit der Lagerung
       beauftragen wolle, sei „unglaublich“.
       
       Widerstand regt sich auch in Brunsbüttel, das jahrzehntelang mit und vom
       Atomkraftwerk lebte, aber den Status als Zwischenlager „nicht einfach
       hinnehmen“ werde, so Bürgermeister Stefan Mohrdieck: „Wir wollen nicht zum
       neuen Atomklo der Nation werden.“
       
       11 Apr 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geisslinger
       
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