# taz.de -- Polizei bei „Augsburger Allgemeinen“: Der Beschluss ist rechtlich fragwürdig
       
       > Es ist fraglich, ob im Fall der Beschlagnahme bei der „Augsburger
       > Allgemeinen“ eine Straftat vorliegt. Sie war daher nicht verhältnismäßig.
       
 (IMG) Bild: Der Beschluss zur Durchsuchung hätte erst gar nicht von der Staatsanwaltschaft ausgestellt werden dürfen.
       
       FREIBURG taz | Der Beschlagnahmebeschluss des Augsburger Amtsgerichts ist
       rechtlich in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Zunächst ist schon fraglich,
       ob überhaupt eine Straftat vorliegt. Zwar hat der anonyme Foren-User den
       Augsburger Ordnungsreferenten der „Rechtsbeugung“ bezichtigt. Als
       Beleidigung könnte dies aber allenfalls dann strafbar sein, wenn es sich um
       eine Tatsachenbehauptung handelte.
       
       Das ist aber abwegig: Ein Beamter gehört nicht zur Justiz und kann daher
       laut Strafgesetzbuch gar keine Rechtsbeugung begehen.
       
       Der Vorwurf der Rechtsbeugung war also eher ein grobes Werturteil und damit
       von der Meinungsfreiheit geschützt. Ohne Straftat bestand aber schon gar
       kein Grund für eine Durchsuchung.
       
       Selbst wenn man die Äußerung als Beleidigung klassifiziert, so ist
       zweifelhaft, ob die Beschlagnahme der User-Daten rechtmäßig war. Denn die
       Strafprozessordnung enthält ein Beschlagnahmeverbot für redaktionelle
       Unterlagen. Dazu dürften auch Daten wie die Registrierung in einem
       Online-Forum der Zeitung gehören.
       
       ## Beschlagnahme-Verbot missachtet
       
       Eine Ausnahme vom Beschlagnahme-Verbot der Zeitung besteht nur, wenn
       Journalisten selbst an der Tat (also der Beleidigung) beteiligt waren. Das
       dürfte bei der – wohl automatischen – Veröffentlichung eines
       Online-Kommentars fernliegen.
       
       Und selbst wenn die Polizei gegen die Zeitung ermittelt, so ist die
       Beschlagnahme von redaktionellem Material laut Strafprozessordnung auch
       dann nur ausnahmsweise möglich.
       
       Zum einen muss die Beschlagnahme die einzige Möglichkeit sein, den
       Sachverhalt aufzuklären; das kann man wohl annehmen. Zum anderen muss die
       Polizeiaktion aber mit Blick auf das Rechtsgut der Pressefreiheit
       verhältnismäßig sein. Daran ist nun wirklich sehr zu zweifeln.
       
       ## Unverhältnismäßig und rechtswidrig
       
       Die Durchsuchung und Beschlagnahme war dann also unverhältnismäßig und
       rechtswidrig.
       
       Gegen den Durchsuchungsbeschluss kann die Augsburger Allgemeine auch
       nachträglich Rechtsschutz verlangen. Wegen der erlittenen Stigmatisierung
       und des Eingriffs in Grundrechte besteht hier ein Rechtsschutzbedürfnis.
       Der Augsburger Beamte hat schon früher Klarnamen von Online-Usern verlangt,
       daher besteht Wiederholungsgefahr.
       
       Wenn die Zeitung vor den bayerischen Gerichten mit ihrer Klage keinen
       Erfolg hat, könnte sie notfalls mit einer Verfassungsbeschwerde auch das
       Bundesverfassungsgericht einschalten.
       
       29 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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