# taz.de -- Kommentar Kurdenproteste: Erdogan muss Kurdenfrage lösen
       
       > Der türkische Ministerpräsident hat es in der Hand, eine Entspannung im
       > Kurdenkonflikt zu erreichen. Schlägt er die Chance aus, droht ein
       > blutiges Drama.
       
       Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat angekündigt, er wolle
       sich nicht erpressen lassen. Nicht von 700 hungerstreikenden kurdischen
       Gefangenen und schon gar nicht von der dahinterstehenden verbotenen Partei
       PKK und die sie unterstützende legale kurdische Partei BDP.
       
       Doch Erdogan braucht sich auch gar nicht erpressen zu lassen – er muss nur
       von sich aus entscheiden, dass der auf der Insel Imrali inhaftierte
       PKK-Chef Abdullah Öcalan wieder von seinen Anwälten besucht werden darf.
       Das wäre gar nichts Neues, sondern nur die Wiederherstellung des Status,
       der zehn Jahre lang für Öcalan galt und erst im Juli des letzten Jahres
       aufgehoben wurde.
       
       Erdogan wehrt sich gegen diese legitime Forderung, weil damit Öcalan auf
       die politische Bühne der Türkei zurückkehren würde und über seine Anwälte
       wieder Kontakt zu seinen Anhängern aufnehmen könnte. Der Ministerpräsident
       und die anderen für die Kurdenpolitik zuständigen Politiker und Militärs
       haben im letzten Jahr beschlossen, Öcalan zu isolieren, weil zuvor ein
       Dialogversuch zwischen Staat und PKK gescheitert war.
       
       Wechselseitiges Misstrauen und eine Fraktionierung innerhalb der PKK waren
       wohl die wichtigsten Gründe dafür. Daraufhin wollte Ankara wieder einmal
       mit militärischer und polizeilicher Gewalt versuchen, die PKK
       auszuschalten. Sie ist dabei, wie schon in den zwei Jahrzehnten zuvor,
       blutig gescheitert.
       
       Jetzt nähert sich die Türkei, auch angesichts der Situation in den
       kurdischen Gebieten im Nordirak und in Syrien, der finalen Entscheidung.
       Die Kurden erwarten wie im Nordirak und wohl auch bald in Syrien ein Stück
       echter Selbstverwaltung. Entweder kommt es zu einem wirklichen politischen
       Deal, der eine Art von Autonomie für die Kurden in der Türkei vorsieht,
       oder es kommt zu einem blutigen Drama. Die toten Gefangenen, die für die
       kommenden Tage im Hungerstreik zu erwarten sind, wären der unheilvolle
       Auftakt dafür.
       
       5 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) PKK
 (DIR) Öcalan
 (DIR) Hungerstreik
 (DIR) PKK
 (DIR) Abdullah Öcalan
 (DIR) Kurden
 (DIR) Kurden
 (DIR) Todesstrafe
 (DIR) Kurden
 (DIR) PKK
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar über Verhandlungen mit PKK: Neue Einsicht in Ankara
       
       In der Kurdenfrage besteht immer die Gefahr, dass die staatlichen Angebote
       zu spät und zu substanzlos sind, um wirklich zu einem Frieden zu führen.
       
 (DIR) Türkei und die PKK: Verhandlungen mit dem Chef der PKK
       
       Ankara will erreichen, dass die PKK ihren bewaffneten Kampf aufgibt und die
       Waffen abliefert. Darum spricht sie mit dem inhaftierten PKK-Führer
       Abdullah Öcalan.
       
 (DIR) Kurden beenden ihren Hungerstreik: Isolationshaft etwas gelockert
       
       Rund 700 Gefangene folgen einem Aufruf des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah
       Öcalan und brechen ihre Aktion nach 68 Tagen ab. Das Ziel des Widerstandes
       sei erreicht.
       
 (DIR) Deutsche Politikerin in Istanbul verhaftet: Vorwurf der PKK-Sympathie
       
       Die türkische Polizei hat die Linkspartei-Politikerin Feleknas Uca
       verhaftet. Ihr wird Unterstützung der PKK vorgeworfen, weil sie sich für
       die Rechte der Kurden einsetzt.
       
 (DIR) Kommentar Todesstrafe in der Türkei: Erdogans Zivilisationsbruch
       
       Es ist zu befürchten, dass der türkische Ministerpräsident seine Androhung
       wahr macht, die Todesstrafe wieder einzuführen. Es wäre eine klare
       Kampfansage an die PKK.
       
 (DIR) Kurden fordern kulturelle Rechte: „Warum hilft uns Europa nicht?“
       
       Tausende Kurden solidarisieren sich mit dem Hungerstreik von Gefangenen und
       protestieren gegen Diskriminierung. Sie fordern Rechte und Freiheit.
       
 (DIR) Kurden protestieren für Öcalan: Hungerstreik wird zum Thema
       
       Über 700 kurdische Gefangene verlangen ein Ende der Isolationshaft von
       PKK-Chef Öcalan. Nun mehren sich in der Öffentlichkeit die Stimmen, die ein
       Einlenken fordern.