# taz.de -- Beziehungsmord in Berlin: Die Grausamkeit der Tat
       
       > Semanur O. wurde von ihrem Mann durch Messerstiche in Hals und Brust
       > getötet. Die Enthauptung, deuten Psychologen, sei eine „absolute
       > Depersonalisierung des Opfers“.
       
 (IMG) Bild: Tatort in Berlin Kreuzberg.
       
       BERLIN taz | Das Foto zeigt eine rundliche Frau mit Kopftuch, die ernst und
       verschlossen in die Kamera blickt. Das Datum der Aufnahme, die jetzt von
       Zeitungen veröffentlicht wurde, ist nicht bekannt. Die 30-jährige Semanur
       O. lebt nicht mehr. Die Mutter von sechs Kinder wurde in der Nacht zu
       Montag auf der Dachterasse ihrer Wohnung in Berlin-Kreuzberg von ihrem
       Ehemann umgebracht. Die Grausamkeit der Tat stellt manches in den Schatten,
       was Mordkommissionen im Bereich häuslicher Gewalt bislang unterkommen ist.
       
       Semanur O. starb durch Messerstiche in Hals und Brust. Danach enthauptete
       der Mann die Leiche, schnitt ihr die linke Brust ab und warf die
       Körperteile vom Dach in den Hof. Das Vorgehen sei Ausdruck „absoluter
       Depersonalisierung des Opfers“, so die Deutung eines Psychologen.
       
       Die Familie O. wohnt in einem fünfstöckigen Mehrfamilienhaus. Gegen 1.15
       Uhr war bei der Polizei ein Notruf von alarmierten Nachbarn eingegangen,
       die einen heftigen Streit in der Dachgeschosswohnung vernommen hatten.
       Durch Rufe und Schreie habe man versucht, den Mann von seinem Tun
       abzuhalten, aber aufgrund der Ferne von der gegenüberliegenden Hausseite
       habe man nichts ausrichten können, gaben Augenzeugen zu Protokoll.
       
       Die Beamten stießen in der Wohnung auf die kopflose Leiche. Der 32-jährige
       Ehemann Orhan S. habe bei der Festnahme heftigen Widerstand geleistet,
       heißt es. Die ebenfalls zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesenden sechs
       Kinder im Alter von elf Monaten bis 13 Jahren wurden dem Kindernotdienst
       übergeben.
       
       Orhan S. habe die Tat inzwischen eingeräumt, teilte die Polizei am Dienstag
       mit. Vom Ergebnis der ärztlichen Untersuchung hängt nun ab, ob er in
       Untersuchungshaft kommt oder vorläufig in ein psychiatrisches Krankenhaus
       eingewiesen wird. Nicht bestätigt hat die Polizei Behauptungen, der Mann
       habe regelmäßig Psychopharmka genommen.
       
       Schon vorher sei Orhan S. gegenüber seiner Frau gewälttätig geworden,
       werden Nachbarn von Medien zitiert. Er soll ihr gedroht haben, ihr den Kopf
       abzuschneiden, wenn sie nicht gehorche. Ob die Kinder das Geschehen
       mitansehen mussten, ist unklar. Ein Nachbar wird mit der Aussage zitiert,
       Semanur O. habe die Kinder eingeschlossen, um sie in Sicherheit zu bringen,
       weil der Mann gedroht habe, auch den ältesten Sohn umzubringen.
       
       Das Paar soll aus einer kurdischen Provinz in der Türkei stammen. Orhan S.
       habe sich in Berlin als Selbstständiger auf dem Bau verdingt. Einig sind
       sich die Zeitungen darüber, Orhan S. habe in der Nachbarschaft noch eine
       feste Freundin und mit dieser zwei weitere Kinder. Behauptet wird auch, die
       Getötete sei erneut schwanger gewesen. Zumindest letzteres entspricht nach
       Informationen der taz nicht der Wahrheit.
       
       5 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Plutonia Plarre
 (DIR) Plutonia Plarre
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Gewalt gegen Frauen
       
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