# taz.de -- SOZIALES: Sozialgipfel will neue APO bilden
       
       > Gewerkschaften, Sozialverbände und Initiativen wollen dem neuen Senat auf
       > die Füße treten, um die Lobby von Armen, Alten und Behinderten zu
       > verbessern.
       
 (IMG) Bild: Ein Sammler von Pfandflaschen bei der Arbeit in Berlin: Gewerkschaften und Sozialverbände wollen dem rot-schwarzen Senat in der Sozialpolitik Druck machen.
       
       Ursula Engelen-Kefer vom Sozialverband Deutschland prophezeit dem
       rot-schwarzen Senat heftigen Gegenwind in Sachen Sozialpolitik. "Wir werden
       uns ab sofort ständig einmischen", sagt sie entschlossen. Mit einem breiten
       Bündnis aus Gewerkschaften, Sozialverbänden und Initiativen will der
       Berliner Sozialgipfel den Senat an Missstände und die eigenen Versprechen
       erinnern. "Und zwar nicht nur mit schönen Worten", kündigt Roland Tremper
       von ver.di an.
       
       Bislang trafen die Mitglieder des Sozialgipfels einmal im Jahr zusammen, um
       über Themen wie Armut trotz Arbeit oder den Pflegenotstand zu diskutieren.
       Das öffentliche Interesse war gering, beim letzten Sozialgipfel ließ sich
       kaum ein Medienvertreter blicken. Nun wolle man sich über den Kongress
       hinaus "als neue außerparlamentarische Kraft etablieren", sagt Tremper.
       
       Als erstes haben sich die Initiatoren des Sozialgipfels die
       Koalitionsvereinbarung und die Regierungsrichtlinien vom Regierenden
       Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vorgenommen. Das Urteil ist gespalten.
       Kaum jemand hätte für möglich gehalten, dass mit der CDU eine Anhebung des
       Mindestlohns zu machen ist. Nun stehen 8,50 Euro pro Stunde im
       Koalitionsvertrag, gültig für alle Vertragspartner öffentlicher
       Einrichtungen. "Das begrüßen wir, aber es reicht nicht aus", sagt
       Engelen-Kefer. Der Sozialgipfel fordert einen Mindestlohn von 10 Euro pro
       Stunde. Außerdem sollten 400-Euro-Jobs zugunsten von
       sozialversicherungspflichtigen Jobs abgeschafft werden, um Armut trotz
       Arbeit zu verringern. Kritik ernteten die Vorstellungen von
       Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) zu öffentlich gefördeter Beschäftigung.
       Statt Mindestlohn und Sozialversicherung will Kolat 900 Euro für 30 Stunden
       Arbeit einführen. "Das liegt unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze", meint
       Engelen-Kefer.
       
       Auch die Pläne zur Umsetzung der seit 2009 geltenden
       UN-Behindertenrechtskonvention, die unter dem Stichwort Inklusion mehr
       Teilhabe für Menschen mit Behinderungen fordert, gehen dem Sozialgipfel
       nicht weit genug. Der Koalitionsvertrag strotze zwar vor Bauvorhaben, aber
       die behindertengerechte Umsetzung sei nicht ausreichend berücksichtigt.
       Berndt Maier vom Sozialverband VdK fordert zusätzliche Mittel: Der Senat
       habe etwa das Budget für Schulassistenten, die behinderten Kindern im
       Schulalltag zur Seite stehen, vor drei Jahren gedeckelt. Wenn aber mehr
       Kinder mit Behinderungen in inklusive Schulen gingen, brauche man auch mehr
       Schulassistenten.
       
       Damit aus Forderungen mehr als "schöne Worte" werden, wollen die
       Initiatoren des Sozialgipfels neue Wege der Einflussnahme nutzen:
       Unterstützung von Bundesratsinitiativen und Musterprozessen, Dialog mit den
       zuständigen Senatoren, Kontakt mit Abgeordneten, um kleine Anfragen und
       Anhörungen anzuregen. Aber auch die Straße soll zum Instrumentarium der
       neuen APO werden.
       
       12 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
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