# taz.de -- Nachhaltiger Fischfang: Guten Gewissens Dorsch essen
       
       > Die erste deutsche Fischereigemeinschaft in der Ostsee erhält das
       > MSC-Siegel für umweltschonende Fischerei bei Dorschen.
       
 (IMG) Bild: Volle Netze: ab jetzt aber nachhaltig
       
       Sie sind die ersten in der Ostsee, die nachhaltig fischen. Die
       "Erzeugergemeinschaft der Nord- und Ostseefischer GmbH" darf ab sofort für
       Dorsche aus der östlichen Ostsee das international anerkannte
       MSC-Zertifikat für nachhaltige Fischerei führen. In der westlichen Ostsee
       hingegen hätten sich die Bestände, die 2005 kurz vor dem Zusammenbruch
       standen, "nur leicht erholt", sagt Karoline Schacht, Fischereiexpertin bei
       der Umweltstiftung WWF. Dort fängt das Unternehmen jedoch nicht.
       
       In der östlichen Ostsee hingegen hätten sich die Bestände binnen sechs
       Jahren versechsfacht, sagt Christopher Zimmermann vom bundeseigenen
       Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock: "Dies ist ein wunderbares
       Beispiel dafür, wie schnell sich selbst totgesagte Bestände erholen können,
       wenn man sie nur lässt." Das bestätigt auch Schacht. Die Erholung sei zu
       großen Teilen auf die Eindämmung der polnischen Piratenfischerei
       zurückzuführen. Seit Einführung eines EU-Managementplanes 2008, dessen
       Einhaltung streng kontrolliert wird, gibt es dort kaum noch illegale Fänge.
       Bis dahin hatten polnische Kutter ihre Fangquoten jahrelang um bis zu 45
       Prozent überfischt.
       
       Die 52 Kutter der Erzeugergemeinschaft hatten 2010 etwa 4.300 Tonnen Dorsch
       gefangen, was etwa 50 Prozent des gesamten Ostseefanges entspricht. Sie
       verwenden keine Grundschleppnetze mehr, die den Meeresboden samt allen dort
       lebenden Organismen zerstören, zudem sind in den Netzen Fluchtfenster für
       Jungfische eingebaut. "Wir wollen nur den ausgewachsenen Dorsch fangen",
       erklärt Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer der Fischereigemeinschaft: "In
       unserer Fischerei fällt kaum ungewollter Beifang an."
       
       Das ist ein wichtiger Grund für die Zuerkennung des blauen MSC-Siegels,
       sagt Marnie Bammert, Leiterin des deutschen MSC-Büros in Berlin: "Wir
       hoffen, dass der Dorsch bald in vielen Frischfischtheken mit MSC-Siegel zu
       finden sein wird." Neben Dorsch fängt die Erzeugergemeinschaft auch
       MSC-zertifizierten Seelachs in der Nordsee, fünf weitere deutsche
       Fischereien befinden sich noch im Anerkennungsverfahren. "Die Verbraucher
       werden dieses nachhaltige Angebot sicher dankbar annehmen", hofft Bammert.
       
       Kabeljau, der nur in der Ostsee Dorsch heißt, ist eine der meistgenutzten
       Fischarten im Nordatlantik und seinen Randmeeren. In der Beliebtheitsskala
       der deutschen Verbraucher rangiert er seit Jahrzehnten konstant auf einem
       vorderen Platz. Dass jetzt wieder deutlich mehr - und auch ältere und
       größere - Dorsche in der Ostsee schwimmen, habe dort allerdings
       Auswirkungen auf andere Fischarten, sagt Schacht. Denn Dorsche ernährten
       sich gerne von Sprotten und jungen Heringen: "Alle drei auf einmal gibt es
       eben nicht."
       
       8 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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