# taz.de -- Atomanlagen in Russland: Schlampereien schon beim AKW-Rohbau > Nachdem das Metallgerüst eines neuen Reaktors eingestürzt ist, schlagen > russische Umweltschützer Alarm. Die Atomanlagen seien trotz Fukushima > nicht sicherer. (IMG) Bild: War offenbar für die Atomanlagen in Russland kein schlechtes Vorbild: Fukushima. MÖNCHENGLADBACH taz | Das mehr als zwanzig Meter hohe Metallgerüst eines neuen Reaktors des St. Petersburger Atomkraftwerks ist mitten in der Rohbauphase eingestürzt. Auch wenn eine radioaktive Verseuchung in diesem Bauabschnitt noch nicht zu befürchten ist, fragen sich Anwohner, wie sicher die Anlage werden kann - zumal der Einsturz nicht die erste Panne ist: Im Januar war schon einmal eine 14 Meter hohe Ummantelung zusammengebrochen, im Dezember hatte die Staatsanwaltschaft den Bau zunächst gestoppt, weil die Brandschutzbestimmungen nicht eingehalten wurden. Auf der Baustelle werden geschlampt und unprofessionell gearbeitet, schrieb die Zeitung Nowaja Gaseta. Das AKW wird vom Energiekonzern Rosatom errichtet, der auch die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen kontrollieren soll, sich also quasi selbst beaufsichtigt. Die Baumaßnahmen unterlägen einer strengen Geheimhaltung, deshalb lasse sich nur schwer nachvollziehen, was tatsächlich los sei, beklagt sich der in der Atomstadt Sosnowij Bor vor St. Petersburg lebende Umweltschützer Oleg Bodrow. Dass es dabei zu Fehlern komme, sei jedoch nachvollziehbar: Die Arbeiter, die vor allem aus der Ukraine und Weißrussland stammten, seien unter menschenunwürdigen Bedingungen 12 Stunden täglich im Einsatz. Besonders beunruhigt über die Vorfälle ist man in Weißrussland. Dort wird in Ostrowez ein baugleicher Reaktor errichtet. Auch am Ural, dem nach Tschernobyl am stärksten atomar verseuchten ehemals sowjetischen Gebiet, das unter anderem die Plutoniumproduktion des Werks Majak beheimatet, sorgt man sich. In manchen Landstrichen ist die Belastung mit radioaktivem Strontium-90 laut dem Ministerium für Strahlen- und Umweltsicherheit viermal so hoch wie der Grenzwert, an dem staatliche Schutzmaßnahmen eingeleitet werden müssten. Als Konsequenz schrieb die Tscheljabinsker Bezirksverwaltung einen 7.500-Euro-Auftrag für Programmierer aus. Der Auftragnehmer müsse dafür sorgen, dass Besucher von Internet-Suchmaschinen auf Fragen zur ökologischen Lage der Region zu 80 Prozent positive Antworten erhielten. Zugleich hat die Staatsanwaltschaft von Tscheljabinsk Vorwürfe der russischen Sektion von Greenpeace bestätigt, dass Gelder, die für die Umsiedlung der Bevölkerung des radioaktiv belasteten Dorfes Musljumowo vorgesehen waren, veruntreut wurden. Letzten Dienstag war der ehemalige Rosatom-Vizechef Jewgenij Jewstratow verhaftet worden. 25 Jul 2011 ## AUTOREN (DIR) Bernhard Clasen (DIR) Bernhard Clasen ## TAGS (DIR) Atomenergie (DIR) Schwerpunkt Atomkraft (DIR) Schwerpunkt Atomkraft ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Schwerer nuklearer Störfall in Russland: Werte um das Tausendfache erhöht Behörden bestätigen eine Verstrahlung im Ural nahe der Atomfabrik Majak. Die gemessenen Werte liegen fast tausendmal über der Norm. (DIR) AKW-Neubau in Weißrussland: Reaktorgehäuse plumpste in die Tiefe Baumängel und Unfälle: Kritiker befürchten gefährliche Spätfolgen an dem neuen Kraftwerk Ostrowez in Weißrussland. (DIR) Amtsmissbrauch in der Ukraine: Timoschenko in U-Haft Schuld ist ein "verräterisches" Gasabkommen, das die Ukraine beinahe ruiniert hätte. Dafür muss die ehemalige Regierungschefin Timoschenko nun in U-Haft. (DIR) Atomkraft in den USA: Erdbebengefahr an 24 AKWs Eine US-Expertengruppe findet viele Lücken in den Sicherheitsregeln für Atomreaktoren. Doch die Neubaupläne der Regierung Obama bleiben unangetastet. (DIR) Evakuierungen in Fukushima: Gefahr für Kinder und Schwangere Wegen erhöhter Strahlenwerte auch außerhalb der bisherigen Sperrzone legen die Behörden weitere Evakuierungen nahe. Bislang bleibt es bei Empfehlungen. (DIR) Kommentar zum AKW-Bau in Litauen: Atomstrom als Exportschlager Ein AKW-Neubau ist in Litauen für die Energieversorgung nicht notwendig. Es lockt die Möglichkeit des Stromexports. Deutschland sollte sich davon unabhängig machen. (DIR) Akw-Neubau zusammen mit Hitachi: Litauen steigt ein Litauens Regierung beschließt den Neubau eines Atomkraftwerks. Der 1.300-Megawatt-Reaktor soll 2020 ans Netz gehen – doch die Finanzierung ist ungeklärt.