# taz.de -- Atomkraft in den USA: Erdbebengefahr an 24 AKWs
       
       > Eine US-Expertengruppe findet viele Lücken in den Sicherheitsregeln für
       > Atomreaktoren. Doch die Neubaupläne der Regierung Obama bleiben
       > unangetastet.
       
 (IMG) Bild: Überschwemmungen als Folge von Erdbeben gefährden US-Atomreaktoren.
       
       WASHINGTON taz | Die Sicherheitsregeln der 104 kommerziellen Atomreaktoren,
       die derzeit an 65 Standorten in den USA laufen, sind bislang Flickwerk. Sie
       müssen vereinheitlicht, transparenter und an vielen Punkten strenger
       werden: Es fehlen Vorkehrungen für den Fall von Feuer und Flut, die durch
       Erdbeben entstehen; der Umgang mit gebrauchten Brennstäben muss verbessert,
       die Notkühlung überarbeitet werden.
       
       Das sind einige der Feststellungen einer Gruppe von sechs Experten der
       Nuclear Regulatory Commission (NRC). In einem 90-seitigen Bericht geben sie
       zwölf "umfassende Empfehlungen"; innerhalb von 90 Tagen sollen konkrete
       Vorschläge zur Umsetzung folgen, sagte NRC-Chef Gregory Jaczko. Die daraus
       folgenden Arbeiten sollen spätestens in fünf Jahren abgeschlossen sein.
       Nach ersten Schätzungen aus der Atomindustrie werden sie mindestens eine
       Milliarde Dollar kosten.
       
       Der Auftrag zu dem Bericht kam von oberster Stelle. Barack Obama hat ihn
       nach der Atomkatastrophe von Fukushima gefordert. Zugleich erklärte der
       US-Präsident, dass er an seinem Plan festhält, neue Atomkraftwerke in den
       USA zu bauen. Auch die Experten äußern keine grundsätzlichen Einwände gegen
       die Fortsetzung des Atomprogramms. Für die künftigen AKWs verlangen sie
       aber weitergehende Erdbebenstudien und eine strengere Feuer- und
       Flut-Prophylaxe.
       
       ## Risiko Ostküste
       
       Die NRC hat bereits Mitte des vergangenen Jahrzehnts eine Studie über die
       langfristigen Erdbebenrisiken für Atomkraftwerke in den USA in Auftrag
       gegeben. Im Jahr 2005 liefen erstmals nach der durch das Unglück in Three
       Mile Island ausgelösten Pause wieder neue Anträge auf Bewilligung von AKWs
       bei der Behörde ein. Die Erdbebenstudie der NRC ist noch nicht
       abgeschlossen. Aber schon jetzt scheint klar, dass an mindestens 24
       AKW-Standorten in den USA langfristige Erdbebenrisiken bestehen.
       
       Bislang waren vor allem Risiken von der kalifornischen Küste bekannt. Jetzt
       richtet sich das Augenmerk auf Erdbeben im Mittleren Westen und an der
       Ostküste. Manche der "neuen" dort bekannt gewordenen Erdbeben liegen
       Jahrtausende zurück. Andere erst zwei Jahrhunderte. Wegen der
       unelastischeren Untergrundstruktur hätte ein Erdbeben an der Ostküste
       stärkere Folgen als in Kalifornien, so die Seismologen.
       
       Innerhalb der NRC scheint es Uneinigkeit über die Arbeitsbedingungen der
       Expertengruppe und den Umgang mit ihren Empfehlungen zu geben. Die New York
       Times berichtet von Mails, in denen NRC-Mitarbeiter klagen, die Experten
       hätten keinen vollen Zugang zu den analytischen Quellen gehabt.
       
       21 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Atomkraftwerk
 (DIR) Schwerpunkt Anti-AKW
       
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