# taz.de -- Schleichwerbung bei Zeitungen : Einfluss zu verkaufen 
       
       > Eigentlich sollen Journalisten bestimmen, was in der Zeitung steht. Die
       > taz testete in einer verdeckten Recherche, ob Anzeigenkunden Einfluss
       > nehmen können.
       
 (IMG) Bild: Die Schleichwerbung im geeigneten Umfeld ist zumeist nicht als solche zu erkennen.
       
       Berlin taz | Einige deutsche Tageszeitungen bieten Unternehmen an, auf
       Umfang und Themenwahl ihrer Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Das ergab
       eine verdeckte Recherche der taz. Dem Reporter, der sich als Vertreter
       einer Werbeagentur ausgab, machten Verlagsmitarbeiter in Kundengesprächen
       entsprechende Zusagen.
       
       Ein Mitarbeiter der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) bot eine
       anzeigenfreie Beilage zum Thema Banken an, in der die Branche über ihren
       Umgang mit der Finanzkrise informieren könne. "Ein vierseitiges Banken
       Spezial ohne Anzeigen in der Gesamtausgabe kann ich Ihnen zum Gesamtpreis
       von 117.500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer anbieten", hieß es in einem
       schriftlichen Angebot.
       
       Für das Magazin "Reise Extra" wurde für gut 30.000 Euro pro Seite ein Paket
       aus Anzeigen und einem PR-Text in Aussicht gestellt. Dagegen sagte ein
       WAZ-Sprecher auf Nachfrage der taz: "In unseren
       Verlagssonderveröffentlichungen können nur Anzeigen gekauft werden, keine
       Texte."
       
       Bei der Frankfurter Rundschau (FR) sagte ein Mitarbeiter dem Reporter: "Wir
       wollen Anzeigenumsatz generieren und insofern - wenn Sie heute mit dem
       Thema ,Solarenergie' kommen, dann machen wir halt nächste Woche das Thema
       Solarenergie." Für den samstäglichen Reiseteil bot er eine Kombination aus
       Anzeige und Berichterstattung an: "Wenn ich eine ganze Seite buche, dann
       kann man schon über die zweite Seite redaktionell reden. So als
       Hausnummer."
       
       Der verdeckt recherchierenden Reporter fragte bei der FR auch, ob eine
       redaktionelle Seite zur Anlagemöglichkeiten im Ausland machbar sei.
       Daraufhin wurde ihm eine fertig layoutete Beispielseite zum Thema
       "Geldanlage in Österreich" zugesandt: ""Die entsprechenden Informationen
       und die Grundinformationen würden von Ihnen geliefert", heißt es im
       schriftlichen Angebot. Die Texte würden dann "von unserer Service-Redaktion
       entsprechend aufbereitet". Die Chefredaktion der Frankfurter Rundschau ließ
       eine Nachfrage zur Trennung von Journalismus und Anzeigengeschäft
       unbeantwortet.
       
       ## "Irgendwelche Koppelkisten"
       
       Beim Neuen Deutschland wurde dem taz-Reporter eine Beilage namens "ND
       Extra" vorgelegt, in der ein Pressesprecher über seine eigene Institution
       schreibt. "Wir haben hier auch richtig redaktionelle Beiträge, die wir uns
       über Produktionskostenzuschüsse bezahlen lassen", sagte der
       Verlagsmitarbeiter. Dagegen erklärte "ND"-Chefredakteur Jürgen Reents, sein
       Blatt lege großen Wert auf die Trennung zwischen redaktionellen Texten und
       dem Einfluss von Anzeigenkunden. Auch in "ND Extra" könnten keine Texte
       gekauft werden.
       
       Der taz-Reporter war an zehn deutsche Verlagshäuser herangetreten. Er hatte
       erklärt, er berate Firmen bei der Entscheidung, in welchen Medien sie
       Anzeigen schalten. Dabei habe er sich darauf spezialisiert, ein "geeignetes
       Umfeld" zu finden. Dies gilt in der Branche als ein Codewort für
       Schleichwerbung. Wenn eine bezahlte Veröffentlichung nicht schon durch ihr
       Layout als Anzeige zu erkennen ist, muss sie nach den Landespressegesetzen
       mit dem Wort "Anzeige" gekennzeichnet werden. Die drei genannten Zeitungen
       wollten die fraglichen Seiten mit Begriffen wie
       "Verlagssonderveröffentlichung", "Anzeigensonderveröffentlichung" und
       "Beilage" kennzeichnen.
       
       Bei anderen Medien stießen die Anfragen des Reporters auf Ablehnung. Das
       Düsseldorfer Handelsblatt etwa verwies auf seine Glaubwürdigkeit und wollte
       sich nicht auf "irgendwelche Koppelkisten" einlassen. Auch beim Spiegel in
       Hamburg wurden entsprechende Wünsche abschlägig beschieden. Das Protokoll
       der Recherche bei allen zehn Zeitungen und Zeitschriften lesen Sie in der
       sonntaz vom 2./3. April 2011.
       
       1 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Heiser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
       
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