# taz.de -- Pay-Wall bei der New York Times: Das Limit der 20 Texte
       
       > Die New York Times hat in eine Pay-Wall investiert, um ihre
       > Online-Inhalte zu verkaufen. 20 Texte sind kostenlos, dann muss bezahlt
       > werden. Doch die Konkurrenz ist günstiger.
       
 (IMG) Bild: Der Einstieg wird günstig gemacht: Online-Auftritt der New York Times.
       
       Bei Licht besehen ist das Ganze ein alter Hut: Nach diversen Vorbildern von
       London (Rupert Murdochs Times) bis Berlin (Axel Springers Berliner
       Morgenpost) ist nun also auch die New York Times hinter einer Pay-Wall
       verschwunden. Seit Montag gibt es pro Monat nur noch 20 Artikel oder andere
       Online-Beiträge wie Videos oder Fotostrecken umsonst. "Wir hoffen, Ihre 20
       kostenlosen Arikel haben Ihnen gefallen", informiert danach ein neues
       Fenster auf der Website – und wirbt für eine digitales Abo für "den besten
       Journalismus der Welt – jederzeit, überall und auf jedem Gerät".
       
       Auch das ist nicht eben neu – die Anfütterungsstrategie mit einem gewissen
       Freikontingent pro Tag/Woche/Monat praktizieren andere Medien – wie zum
       Beispiel die britische Financial Times – seit Jahren. "Frei" bleiben bei
       der New York Times weiterhin die Homepage sowie die "Section Fronts" – die
       Überblickseiten der Ressorts wie Politik, Kultur und Meinung - und "Blog
       Fronts" - die entsprechenden Seiten der NYT-Blogs. Hier kann man
       Nachrichtenübersichten, Überschriften und Artikelanfänge lesen – bei den
       Blogs sind manchmal auch vollständige Einträge kostenlos. Wer aber
       weiterklickt, kommt in den Bereich, wo mitgezählt wird – und später nach
       Erreichen des 20-Artikel-Limits bezahlt werden soll. Durchgängig kostenlos
       bleiben, wenig verwunderlich, dagegen die Anzeigen-Rubrikenmärkte.
       
       Richtig teuer ist der ganze Spaß im Vergleich zu den Abo-Preisen für die
       gedruckte Zeitung zwar nicht: Wer ein Print-Abo hat, ist damit
       konsequenterweise automatisch "on". Für alle anderen kostet der Vollzugang
       zur [1][NYTimes.com] inklusive Smartphone-App aktuell 3,75 Dollar pro Woche
       (umgerechnet rund 2,65 Euro) – oder 15 Dollar im Monat. Für
       Website-Vollzugang plus Tablet-App werden fünf Dollar wöchentlich fällig
       (ca. 3,50 Euro). Ein so genannter "All Digital Access" für Website, Telefon
       und Tablet-Computer kostet immerhin 8,75 Dollar (6,21 Euro) bzw. 35 Dollar
       im Monat.
       
       Allerdings verlangt die New York Times im Netz damit Einiges mehr als ihre
       britische Namensschwester. Die Londoner Times kostet umgerechnet pro Woche
       zwei Pfund (4 Dollar/2,40 Euro) inklusive Smartphone und Tablet. Das
       Murdoch-Blatt bietet darüber hinaus auch noch einen 24-Stunden-Pass für
       einen Pfund (2 Dollar/1,20 Euro) an. Auch das Wall Street Journal (WSJ),
       die große US-Konkurrenz für die New York Times, die ebenfalls zu Rupert
       Murdochs Medienkonzern News Corporation gehört, ist billiger. Nicht ganz
       zufällig läuft dort aktuell eine Rabattaktion, die für ein etwas
       verlängertes Jahresabo (54 Wochen) der gedruckten Ausgabe inklusive
       [2][WSJ.com] spektakulär niedrige 2,69 Dollar pro Woche für US-Kunden
       aufruft, das reine Digital-Abo ist sogar für 1,99 Dollar zu haben.
       
       ## Hacker haben das System bereits geknackt
       
       Und nicht nur die günstigere, erfahrene – und immer schon kostenpflichtige
       – WSJ-Konkurrenz dürfte der New York Times-Paywall Probleme bereiten:
       Hacker haben längst das offenbar nicht besonders ausgefeilte
       Sicherheitssystem geknackt. Und dass, obwohl nach Berichten in US-Zeitungen
       die Einführung des Online-Bezahlsystems mehr als 40 Millionen Dollar
       gekostet haben soll.
       
       Gesellschafter und Management des Blattes betonen derweil
       gebetsmühlenartig, dass der Schritt zur Bezahlpflicht im Netz
       unausweichlich war: "Die Einführung digitaler Abos ist eine Investition in
       unserer Zukunft", schreibt NYT-Herausgeber Arthur Sulzberger und wird
       leicht pathetisch: "Denn sie sollen für neue Einnahmen sorgen, die es uns
       möglich machen, an unserer journalistischen Mission festzuhalten."
       
       Dabei ist die Debatte um Bezahlinhalte von Zeitungen im Netz längst zu
       einer Glaubensfrage geworden. Während die eine Schule um Alan Rusbridger,
       den Chefredakteur des britischen Guardian, jegliche Bezahlmodelle im Netz
       (allerdings nicht für Smartphones und Tablets) als Verrat an der schönen
       neuen, (kosten-)freien Welt des Internets geißeln, setzen mehr und mehr
       Verlage auf Modelle, bei denen alle oder Teile des Online- und
       Digitalangebots kostenpflichtig sind.
       
       Die NYT geht dabei einen Mittelweg, schreibt Gabriel Snyder auf
       [3][gawker.com] – was wohl auch daran liege, dass Sulzberger selbst auch
       keine Ahnung habe, welcher Kurs nun der richtige sei: Geld zu verlangen und
       einen deutlichen Rückgang des Online-Traffics hinzunehmen. Oder – wie der
       Guardian – die Nutzerzahlen in immer neue Höhen zu treiben und darauf zu
       hoffen, dass der Online-Werbemarkt das eines Tages honoriert.
       
       ## Online-Traffic eingebrochen
       
       Einen Hinweis könnte wiederum ein Blick auf die britische Times geben, die
       schon im Sommer 2010 hinter einer deutlich rigideren Paywall verschwand:
       Ihr Online-Traffic brach laut britischen Medienberichten um bis zu 90
       Prozent ein. Dafür meldete das Blatt am 29. März eine neue "Rekordzahl" von
       zahlungswilligen Online-NutzerInnen: Für das digitale Abo zahlen aktuell
       rund 79.000 AbonnentInnen – im November waren es erst knapp 50.000.
       
       Diese Zahlen dürfen dabei nicht den Blick auf die höchst unterschiedlichen
       Nutzungsarten im Netz verstellen: Ein Großteil jedes Traffics kommt durch
       unregelmäßige NutzerInnen zustande. Daher rechnen Branchenexperten auch bei
       der New York Times mit so niedrigen Anteilen wie zwei Prozent der
       bisherigen Online-Leserschaft, die sich für ein Abo nach den 20
       Frei-Artikeln entscheiden würden. Der größte Teil der NutzerInnen – rund 80
       Prozent – nutze dagegen NYT.com deutlich seltener und käme nach diesen
       Schätzungen mit den 20 Frei-Beiträgen im Monat über die Runden.
       
       Ach so: Und wenn man einen Artikel in einem Monat zwei- oder mehrmals
       liest, wird das natürlich nicht mitgezählt.
       
       31 Mar 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.nytimes.com/
 (DIR) [2] http://europe.wsj.com/home-page
 (DIR) [3] http://gawker.com/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Eine Zeitung für das iPad: Jeden Morgen frisch aufs Display
       
       Rupert Murdoch investiert 30 Millionen Dollar in sein Projekt "Daily" -
       eine Zeitung exklusiv fürs iPad. Aber ob sich dafür wirklich zahlende
       Kunden finden lassen?
       
 (DIR) Blogger Evgeny Morozov über Demokratie: "Das Internet wird überschätzt"
       
       Die Proteste im Iran galten als "Twitter-Revolution". Der Wissenschaftler
       Evgeny Morozov über den Unterschied zu Tunesien und die Bedeutung von
       sozialen Medien für politische Umstürze.
       
 (DIR) AOL kauft "Huffington Post": Eine gewagte Strategie
       
       Der amerikanische Internetkonzern AOL kauft den linken politischen Blog
       "Huffington Post" für 315 Millionen Dollar. Eine ungewöhnliche Ehe.
       
 (DIR) Wie Kreative im Internet Geld verdienen: Genug gejammert. Und jetzt?!
       
       Spenden, Merchandising, Flattr: Künstler und Journalisten können im
       Internet durchaus Geld verdienen. Kreative Selbstvermarktung ist der
       Schlüssel zu Aufmerksamkeit und Reichtum.
       
 (DIR) Einen Monat Paywall der "New York Times": "Bestenfalls eine Pay-Hecke"
       
       Der Traffic auf der NYT-Website ist seit Einführung der Bezahlpflicht
       zurückgegangen. Kein Wunder, findet die Gründerin der "Huffington Post".