# taz.de -- Regierung richtet Blutbad an: Schwarzer Freitag in Jemen
       
       > Regierungstruppen haben in Sanaa über 50 Demonstranten getötet, die
       > Proteste gegen den Präsidenten Saleh gehen weiter. Dieser entlässt
       > kurzerhand die gesamte Regierung.
       
 (IMG) Bild: „Go out!“, fordern diese Frauen von ihrem Präsidenten Saleh in Sanaa.
       
       BERLIN taz | Offenbar als Reaktion auf die anhaltenden Proteste im Land hat
       Jemens umstrittener Präsident Ali Abdallah Saleh die Regierung entlassen.
       Dies berichtete am Sonntagabend die amtliche Nachrichtenagentur Saba. Zuvor
       hatten die Proteste gegen die Regierung und vor allem auch gegen Saleh
       einen neuen Höhepunkt erreicht.
       
       Ungeachtet der zahlreichen Toten im Jemen in den vergangenen Tagen sind
       auch am Sonntag wieder tausende Regimegegner in Sanaa sowie in Taiz, Aden
       und anderen Orten auf die Straße gegangen. Unter ihnen waren nicht nur
       Studenten, sondern auch Stammesmitglieder, die sich von Präsident Ali
       Abdullah Saleh abgewendet haben.
       
       Scheich Sadik al-Ahmar, der Führer des Haschid-Stammes, dem auch Saleh
       angehört, rief gemeinsam mit religiösen Führern des Landes den Präsidenten
       dazu auf, den Forderungen des Volkes nachzukommen und sein Amt zu räumen.
       
       Nach taz-Informationen beträgt die Anzahl der Regimegegner, die bei dem
       bisher heftigsten Angriff von Regierungstruppen am Freitag vor der
       Universität Sana ums Leben kamen, inzwischen 52. Mindestens 126 Menschen
       wurden bei dem Überfall verletzt. Scharfschützen hatten sich auf den
       Dächern rund um das Protest-Camp in Stellung gebracht und auf die Menge auf
       dem Platz vor der Universität geschossen, der von den Demonstranten „Platz
       des Wandels“ genannt wird.
       
       „Es war der schrecklichste Moment meines Lebens und ein unglaublich
       brutales Massaker, das sich auf dem ‚Platz des Wandels‘ abspielte“,
       kommentiert gegenüber der taz eine junge jemenitische Bloggerin, die seit
       dem 20. Februar in dem Camp ausharrt, um von dort aus im Internet über die
       Proteste zu berichten. „Dieser schwarze Freitag bedeutet, dass das Regime
       politisch und moralisch am Ende ist. Daher lassen wir uns auch durch diesen
       schlimmen Rückschlag in unseren Kampf für die Freiheit nicht entmutigen.“
       
       Zwar habe der Ausnahmezustand, den der nationale Sicherheitsrat am Freitag
       verhängt hat, die Planung weiterer Protestaktionen erschwert, so die
       Aktivistin, doch man lasse sich trotz „Massaker“ und Ausnahmezustand das
       Recht auf friedliche Demonstrationen nicht abringen.
       
       ## Auch Politiker wenden sich ab
       
       Das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte hat sogar in Salehs eigenen Reihen
       große Empörung hervorgerufen. In New York trat am Sonntag „aus Protest
       gegen diesen Akt der Gewalt“ Abdullah as-Saidi zurück, Jemens Botschafter
       bei den Vereinten Nationen.
       
       Zuvor war bereits am Samstag Huda al-Baan mit der gleichen Begründung als
       Menschenrechtsministerin aus Salehs Kabinett ausgeschieden und verließ
       ebenfalls den Allgemeinen Volkskongress (MSA), die Regierungspartei des
       Jemen. Der MSA verfügte bis dahin über 238 der 301 Parlamentssitze in der
       Madschlis asch-Schura, dem jemenitischen Parlament.
       
       Unterdessen fordert Human Rights Watch die sofortige Aussetzung sämtlicher
       US-Militärhilfen, die in den vergangenen fünf Jahren 300 Millionen Dollar
       betragen haben sollen. Christoph Wilcke, Mitarbeiter der Abteilung
       Mittlerer Osten von HRW, sagte gegenüber der taz am Sonntag: „Die USA
       dürfen nicht diejenigen weiterhin militärisch unterstützen, die
       unrechtmäßig Gewalt gegen die eigene Bevölkerung ausüben.“
       
       21 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Lejeune
       
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