# taz.de -- Krise in der Elfenbeinküste: Maschinengewehre gegen Frauendemo
       
       > Laurent Gbagbos Armee richtet in Abidjan ein Blutbad unter
       > Demonstrantinnen an. Das nördliche Viertel Abobo ist inzwischen reines
       > Bürgerkriegsgebiet.
       
 (IMG) Bild: Die Frauen in Abidjan forderten Laurent Gbagbo zum Rücktritt auf.
       
       BERLIN taz | Die Frauen hatten sich an einem Kreisverkehr versammelt, in
       Abobo, dem umkämpften nördlichsten Stadtviertel der ivorischen Metropole
       Abidjan. Mehrere hundert Demonstrantinnen wollten auf einem Friedensmarsch
       den an der Macht klebenden Verlierer der ivorischen Präsidentschaftswahl,
       Laurent Gbagbo, zum Rücktritt auffordern. „Männer in Uniform fuhren heran
       und begannen, wahllos zu schießen“, berichtete später die Demonstrantin
       Idrissa Dirrassouba gegenüber Journalisten.
       
       „Sechs Frauen waren sofort tot. Sie wurden alle erschossen.“ Gegenüber
       Reuters sagte ein Sprecher von Gbagbos Armee, es habe sich um einen
       „bedauerlichen Irrtum“ gehandelt. Die Zahl der Toten wurde später mit
       sieben bis zehn angegeben. Sie seien mit schweren Maschinengewehren
       niedergemäht worden.
       
       Das Massaker am Donnerstagnachmittag zeigt, welche Spannung in Abidjan
       herrscht. Streitkräfte Laurent Gbagbos und „patriotische“ Milizen jagen
       seit Monaten mutmaßliche Anhänger des Wahlsiegers Alassane Ouattara, der
       sich unter UN-Schutz in einem Hotel verschanzen muss und nicht regieren
       kann, aber internationale Sanktionen gegen Gbagbo durchgesetzt hat. In der
       Nordhälfte der Elfenbeinküste herrschen Rebellen, die Ouattara als
       Präsidenten anerkennen.
       
       Während am Donnerstag in mehreren Teilen Abidjans Frauen gegen die Gewalt
       auf die Straße gingen, präsentierten die Verantwortlichen der UN-Mission in
       der Elfenbeinküste (Unoci) vor dem UN-Sicherheitsrat in New York die
       neuesten Zahlen: 365 bestätigte Todesopfer seit der Wahl Ende November,
       200.000 Vertriebene in Abidjan allein, bis zu 70.000 Flüchtlinge im Westen
       des Landes. Der Rat forderte die Unoci auf, ihr Mandat zum Schutz der
       Zivilbevölkerung „mit allen notwendigen Mitteln“ zu erfüllen.
       
       Das Stadtviertel Abobo, eine Ouattara-Hochburg, steht laut Berichten
       inzwischen weitgehend unter Kontrolle einer neuen Rebellion, die sich
       „unsichtbares Kommando“ nennt und die Gbagbo-Streitkräfte weitgehend aus
       den Straßen vertrieben hat. Während das Gbagbo-Lager die „Unsichtbaren“ für
       einen Vortrupp der nordivorischen Rebellen hält, meldete sich am Donnerstag
       ein „Kapitän Aka“ im Namen der „Unsichtbaren“ zu Wort und erklärte, die
       Elfenbeinküste „gehört weder Laurent Gbagbo noch Alassane Ouattara“. Die
       Elfenbeinküste brauche „eine neue Führungsschicht“. Die Armee habe „die
       historische Pflicht, ihre Verantwortung zu übernehmen und das Land zu
       befreien“.
       
       Die rund 250.000 Einwohner Abobos stehen zunächst zwischen den Fronten.
       Bleiben sie, müssen sie angesichts der anhaltenden Kämpfe täglich um ihr
       Leben fürchten. Gehen sie, werden sie in anderen Vierteln Abidjans für
       infiltrierte Rebellen gehalten. Laut Zeitungsberichten wurden seit dem
       vergangenen Wochenende im Gbagbo-treuen Viertel Yopougon mindestens acht
       Zivilisten lebendig verbrannt.
       
       4 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Menschenrechte
       
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