# taz.de -- Klage wegen fehlender Staatsferne beim ZDF: Die SPD marschiert allein
       
       > Die SPD will noch vor Weihnachten Klage wegen des Rausschmisses von
       > ZDF-Chefredakteur Brender einreichen. Aber weiter nicht mit den Grünen
       > gemeinsame Sache machen.
       
 (IMG) Bild: Sein Abschied hat ein Nachspiel vor Gericht: Ex-ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender.
       
       Ein Jahr nach dem von Unionspolitikern inszenierten Rausschmiss von
       ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender geht die Sache vor Gericht. Der
       rheinland-pfälzische Ministerrat unter Ministerpräsident Kurt Beck (SPD)
       hat am Dienstag die Einreichung eines Normenkontrollantrags beim
       Bundesverfassungsgericht beschlossen.
       
       Karlsruhe soll überprüfen, wie es um die verfassungsmäßig vorgegebene
       Staatsferne beim ZDF bestellt ist. Damit macht Beck endlich ernst. Der
       SPD-Politiker, der auch Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats ist, hatte
       zunächst versucht, mit der CDU eine Lösung auf politischer Ebene zu
       verhandeln. Eine von den Grünen und der Linkspartei bereits im Februar
       vorgestellte erste ZDF-Normenkontrollklage erreichte bislang nicht die
       nötige Mehrheit von einem Viertel der Bundestagsabgeordneten.
       
       Der ZDF-Verwaltungsrat hatte im November 2009 den Vorschlag von
       ZDF-Intendant Markus Schächter abgelehnt, Brenders Vertrag als
       Chefredakteur zu verlängern. Drahtzieher im allein mit fünf ehemaligen oder
       amtierenden Ministerpräsidenten der Länder plus dem Medienstaatsminister
       des Bundes Bernd Neumann (CDU) besetzten Gremium waren Roland Koch (CDU)
       und Edmund Stoiber (CSU). Brender musste das ZDF darauf Ende März 2010
       verlassen, sein Nachfolger wurde Peter Frey.
       
       Mit dieser Klage will die rheinland-pfälzische Landesregierung "im
       Interesse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks klären, ob gesellschaftlich
       relevante Gruppierungen im Verhältnis zur Politik in den Gremien des ZDF
       ausreichend repräsentiert sind", sagte Beck im Mainz. Nach Auffassung der
       Landesregierung sei der dies regelnde ZDF-Staatsvertrag "nicht mehr
       verfassungsgemäß. Wir können nicht nach dem Motto 'Schwamm drüber'
       verfahren".
       
       Der Antrag ist laut Beck aber nicht darauf gerichtet, "Vertreter von
       Politik und Parteien aus den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
       insgesamt zu entfernen". Ihm gehe es vielmehr darum, eine angemessene
       Staatsferne in der Zusammensetzung der Aufsichtsgremien für die Zukunft
       sicherzustellen.
       
       Es gehe um eine "Frage der Quantität und der Einflussintensität", so Beck.
       Landespolitiker der SPD wie der Unionsparteien fürchten die Klärung des
       ZDF-Dilemmas durch das Verfassungsgericht: Es könnte nämlich urteilen, dass
       Ministerpräsidenten, MinisterInnen oder Staatskanzleichefs in den Gremien
       des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wegen dessen verfassungsmäßig
       gebotener Staatsferne nichts zu suchen haben. Und dann wären sie – Kurt
       Beck eingeschlossen - draußen.
       
       Daher hatte Beck auch stets Pläne anderer SPD-Medienpolitiker abgeblockt,
       sich der von den Grünen initiierten Klage anzuschließen, die in diesem
       Punkt weiter geht. Die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Tabea
       Rößner, sagte, Beck habe "erst spät erkannt, dass er mit einem
       Alibi-Reförmchen und seiner ursprünglichen Idee eines
       Normenkontrollverfahrens light nicht durchkommt".
       
       Die Bundestagsabgeordneten der SPD-Fraktion seien weiter eingeladen, ihren
       Normenkontrollantrag zu unterstützen, sagte Rößner: Nachdem sich die SPD
       nun sortiert habe, "erwarten wir, dass viele sozialdemokratische
       Kolleginnen und Kollegen dieses Zeichen für einen unabhängigen Rundfunk mit
       uns setzen werden".
       
       Das sieht man in Rheinland-Pfalz weiter anders: "Das wird mitnichten so
       sein", sagte Becks Staatssekretär Martin Stadelmaier (SPD) der taz. Man
       werbe aber jetzt im Kreis der SPD-regierten Bundesländer, damit sie die
       Mainzer Klage mit unterstützen. Sie soll noch vor Weihnachten offiziell
       beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden.
       
       30 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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