# taz.de -- Ökologie: Hart am Wind
       
       > Bremen will noch vor Niedersachsen zum Zentrum für Windenergie in der
       > Nordsee werden. Und dafür Naturschutzgebiete opfern, aber kein Geld
       > ausgeben
       
 (IMG) Bild: Noch sind die Hafenanlagen auf der Luneplate nur schemenhaft am diesigen Horizont zu erkennen.
       
       Bremen will einen ganz neuen Hafen bauen, um dort so schnell wie möglich
       Windräder zusammen schrauben und aufs Meer verschiffen zu können. Das Land
       will ihn "auf jeden Fall". Und vor allem will es schneller sein als die
       Niedersachsen, die ähnliches in Cuxhaven planen. Und in Emden. Aber Bremen
       möchte diesen Hafen nicht bezahlen. Und es hat dafür keinen Ort, der bei
       Umweltschützern nicht umstritten wäre. Schon bahnt sich Streit in der
       rot-grünen Koalition an.
       
       2014 soll er fertig sein, der neue Spezialhafen, mit dem Bremerhaven
       endgültig zum "Zentrum der Offshore-Windenergie" aufsteigen soll. So hat es
       die Landesregierung gestern beschlossen. Geht es doch um eine Branche, der
       Wachstumsraten von jährlich 25 Prozent vorausgesagt werden. Schon bald
       sollen in der Nordsee 500 bis 800 neue Windräder pro Jahr installiert
       werden, jedes 150 Meter hoch. 1.000 Menschen in Bremerhaven arbeiten schon
       jetzt in dieser Branche, einige hundert könnten dazu kommen. "Das wäre",
       sagt Bremens Wirtschaftssenator Ralf Nagel (SPD), "der Beginn der
       Industrialisierung der Offshore-Windenergie." Alle zwei bis drei Tage soll
       von Bremerhaven aus ein fertiges Windrad aufs Meer gefahren werden.
       
       Und Nagel weiß auch, von wo aus: von der Luneplate. Eben jener Weserinsel
       südlich von Bremerhaven, die das Land Bremen gerade für 30 Millionen Euro
       gekauft hat. Und zwar als "ökologische Ausgleichsfläche" für den
       Containerterminal CT 4 in Bremerhaven, der inzwischen längste Stromkaje der
       Welt. In den vergangen Jahren ist auf der Luneplate ein zehn Hektar großes
       Vogelschutzgebiet entstanden, zweistellige Millionenbeträge hat das Land
       dafür investiert. Mit Erfolg: Dort werden Seeadler gesichtet, dort rasten
       Enten, Gänse und Wattvögel zu zehntausenden, dort haben sich gut 150
       Vogelarten angesiedelt. Die Hälfte davon gilt als gefährdet.
       
       Dennoch hegt Nagel "große Sympathie" für den Hafenstandort Luneplate. "Das
       ist das, was wir erreichen sollten", sagt der Wirtschaftssenator. Für
       Naturschutzverbände ist diese Idee eine "Katastrophe", schon haben sie mit
       Klage gedroht. Der grüne Umweltsenator Reinhard Loske geht - ebenso wie
       Teile seiner Partei - bereits vorsichtig auf Distanz, spricht von
       "erheblichen Problemen" mit dem Naturschutz, von einer "ganzen Menge an
       Kollisionen".
       
       Loske sympathisiert eher mit einer Variante, die etwas nördlicher liegt -
       aber weniger Kapazitäten böte und die Schifffahrt ebenso einschränken
       würde, wie den Flugverkehr auf dem kleinen Regionalflughafen Luneort. Die
       Naturschützer haben auch damit "erhebliche Bauchschmerzen" - dort ist
       ebenfalls ein Naturschutzgebiet. Vorerst werden beide Varianten geprüft,
       mehrere Millionen Euro stellte das Land dafür gestern zur Verfügung. Nagel
       rechnet fest mit Klagen, will "so gerichtsfest wie möglich" planen. So oder
       so müsste Bremen in seiner Flussmündung eine neue "ökologische
       Ausgleichsfläche" schaffen. Wo das sein könnte? Dazu haben weder Loske noch
       Nagel bislang konkrete Vorstellungen.
       
       Auch ob es gelingt, das 200-Millionen-Euro-Terminal wie erhofft privat zu
       finanzieren, ist noch unklar. SPD-Mann Nagel sagt, das sei seine
       "Präferenz". Die grüne Finanzsenatorin sagt, dafür ist kein Geld da.
       
       Die Naturschützer fordern, das Offshore-Terminal in den bestehenden
       Containerhafen zu integrieren - zumal der Umschlag dort deutlich
       eingebrochen ist. Rot-grün sieht das bisher nur als "Übergangslösung" an.
       
       26 Jan 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bremen
       
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