# taz.de -- Ehrgeiziger Klimaplan: Kopenhagen will CO2-neutral werden
       
       > Dänemarks Hauptstadt bereitet sich mit einem ehrgeizigen Programm auf den
       > Klimawandel vor. Ein kleines Hintertürchen haben sich die Dänen
       > allerdings offengelassen.
       
 (IMG) Bild: 40 Prozent der KopenhagenerInnen fahren mit dem Rad zur Arbeit.
       
       STOCKHOLM taz Kopenhagen verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2025 will die
       Stadt erste "CO2-neutrale" Hauptstadt der Welt sein. 50 konkrete Schritte
       für eine erste Etappe auf dem Weg dorthin - eine 20-prozentige
       CO2-Reduktion bis 2015 - hat Dänemarks rot-rot-linksliberal regierte
       Hauptstadt in der vergangenen Woche in einem Klimaplan präsentiert. Nicht
       nur neue Windkraftwerke sollen bei dem Rekordversuch helfen, sondern auch
       die Kraft aus der Tiefe.
       
       Halb Kopenhagen kann laut einer Studie für mehrere tausend Jahre mit
       geothermischer Energie versorgt werden. Eine Versuchsanlage im Vorort
       Amager ist seit drei Jahren in Betrieb und beliefert knapp 5.000 Haushalte
       mit Fernwärme. Aus 2,7 Kilometer Tiefe wird Wasser mit einer Temperatur von
       73 Grad Celsius nach oben gepumpt, über Wärmewechsler ins Fernwärmenetz
       eingespeist und nach getaner Arbeit mit 17 Grad wieder in den Untergrund
       zurückgeschickt. Mit 70 bis 80 Millionen Euro wäre es zwar nicht gerade
       billig, eine nun vorgeschlagene Anlage mit zehnfacher Kapazität zu bauen,
       doch Experten versprechen, dass sich das rechnen würde und Dänemark zu
       einem Vorreiter neuer Energietechnik machen könnte, wie es dies auch einmal
       bei der Windkraft war.
       
       Ritt Bjerregaard, die sozialdemokratische Oberbürgermeisterin der
       Hauptstadt, ist eine der Köpfe hinter dem Klimaplan. Sie war in den
       Neunzigerjahren und auch während der Verhandlungen um das Kioto-Abkommen
       EU-Umweltkommissarin. Einige der konkreten Ziele, die sie umsetzen will:
       Der CO2-Ausstoß soll durch neue Windkraftanlagen um 375.000 Tonnen gesenkt
       werden, 50.000 Tonnen sollen durch klimarenovierte öffentliche Gebäude
       gespart werden, 5.000 Tonnen durch neue Grünanlagen und 50.000 Tonnen durch
       die Förderung von Elektroautos, die gratis in der Stadt parken und an jeder
       Ecke aufgeladen werden können. Zudem will sich die Stadt auf die zu
       erwartenden Klimaveränderungen einstellen. Stadtplanung und Bauvorschriften
       müssten die trockeneren Sommer mit intensiveren Regenperioden und die
       regenreicheren Winter ebenso einkalkulieren wie das Steigen des
       Meeresspiegels. Weniger Beton und dafür neue kleine Parkanlagen, die
       überall in der Stadt diese an heißen Tagen abkühlen und an nassen Tagen das
       Regenwasser aufnehmen.
       
       Schon jetzt fahren 40 Prozent der KopenhagenerInnen mit dem Rad zur Arbeit
       und helfen damit, das Verkehrschaos in Grenzen zu halten. Außerdem
       verursacht jeder der etwa 500.000 Hauptstadtbewohner "nur" etwa 5 Tonnen
       CO2 im Jahr. In Deutschland liegen die entsprechenden Pro-Kopf-Zahlen im
       Schnitt noch bei 10, in den USA bei 20 Tonnen. Andererseits haben einige
       schwedische Städte vorgemacht, dass 3 Tonnen ein schon jetzt erreichbares
       Ziel sind.
       
       Dabei wird für Kopenhagen der Transportsektor allerdings der schwerste
       Happen sein. Zumal man hier nicht nur auf die eigene Regierung - die
       verweigert der Hauptstadt beispielsweise die Einführung einer Straßenmaut
       -, sondern auch auf die EU sowie, was den Willen zur Entwicklung neuer
       Fahrzeugtechnik angeht, auf die Industrie angewiesen ist. So bleibt auf dem
       Weg zur "CO2-neutralen" Stadt bis 2025 eine Lücke: 1,4 Millionen Tonnen
       glaubt man selbst einsparen zu können. Doch bei 1,1 Millionen hofft man auf
       neue Technik und neue Gesetze. Sollte das nicht klappen, will man sich
       insoweit auf dem Markt der CO2-Emissionsrechte "freikaufen". Was z. B. die
       linke "Einheitsliste" als ein zu bequemes Hintertürchen kritisiert.
       
       30 Mar 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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       Eigentlich wollte die Stadt bis 2025 klimaneutral sein. Daraus wird nun
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