# taz.de -- Polizeigewalt bei Demo: Die Polizei greift an
       
       > Bei Krawallen im Schanzenviertel wurde Samstag ein Unbeteiligter von der
       > Polizei bewusstlos geschlagen. Sanitäter wurden selbst Opfer von Gewalt.
       
 (IMG) Bild: Wird von Polizisten getreten: Bruder des Bewusstlosen
       
       HAMBURG taz | Während am Montag noch in der CDU-Fraktionssitzung spekuliert
       wurde, ob es „erlebnisorientierte Jugendliche“ oder gewaltbereite Linke
       waren, die die Situation am Samstagabend im Schulterblatt eskalieren
       ließen, [1][zeigt nun ein Video], dass auch von der Polizei schwere Gewalt
       ausging.
       
       Nach der friedlichen Demonstration gegen einen Naziaufmarsch war es gegen
       Abend doch noch zu Straßenschlachten zwischen DemonstrantInnen und
       PolizistInnen gekommen. „Die Stimmung war aggressiv“, berichtet ein
       Sprecher der Actionmedics Hamburg, eines unabhängigen SanitäterInnen-Teams,
       die auf Demonstrationen Verletzte verarzten. „Plötzlich stürmte eine
       Polizeieinheit, einen Kampfschrei brüllend, nach vorne in Richtung Rote
       Flora“, erzählt er.
       
       Das zeigt auch ein Video, das seitdem im Internet kursiert: Eine
       Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit der Polizei, die vor der Kneipe
       „Saal II“ am Schulterblatt steht, stürmt los, aber ein Unbeteiligter steht
       ihnen im Weg.
       
       Einer der PolizistInnen schlägt ihn mit dem Ellbogen nieder, der Mann geht
       zu Boden, die Polizeieinheit trampelt über ihn hinweg. Der Mann bleibt
       bewusstlos liegen. Sanitäter eilen herbei und drängeln sich zu dem
       Verletzten durch, Menschen schreien, rufen nach mehr SanitäterInnen, es
       herrscht Tumult.
       
       Sekunden später kommt eine weitere Polizeieinheit von hinten dazu und
       stürmt in den Pulk von ReporterInnen und SanitäterInnen. Von beiden Seiten
       drängeln die bewaffneten PolizistInnen brutal die Menschen um den
       Verletzten auseinander. „Die PressevertreterInnen bildeten einen Schutzwall
       um uns“, berichten die Actionmedics in einer öffentlichen Stellungnahme,
       „die PolizistInnen schlugen mit Schlagstöcken in unsere Richtung und in die
       des Patienten. Wir wurden gezielt von Einsatzkräften der Polizei
       attackiert.“
       
       Unter Schlägen Tritten und Fausthieben gelang es den Actionmedics, den
       Bewusstlosen auf die andere Straßenseite zu schaffen. „Ihr scheiß
       Zeckensanis!“, hätten die PolizistInnen sie angebrüllt. Ein Polizist habe
       einem Sanitäter im Gerangel das Visier vom Helm geschlagen und ihm mit dem
       Schlagstock gegen den Hals und in die Rippen geschlagen.
       
       Ein anderer Sanitäter berichtet, dass ihm ein Polizist direkt ins Gesicht
       schlug, das zum Glück auch durch einen Helm mit Visier geschützt war. Ein
       weiterer kassierte einen Tritt in die Kniekehlen und einen Schlag mit dem
       Tonfa gegen seinen Helm.
       
       Während die SanitäterInnen den Bewusstlosen verarzteten, wurden sie mit
       Flaschen und Böllern beworfen. Ob das „friendly fire“ von den
       DemonstrantInnen oder aus dem samstagabendlichen Piazza-Publikum kam – und
       was es sollte –, können sie sich nicht erklären. „Wir sind immer in Rot
       gekleidet und als Sanitäter zu erkennen!“, betonen die Actionmedics.
       
       Der unbeteiligte Passant, der von der Polizei überrannt worden war, wurde
       vom Notarzt ins Krankenhaus gebracht. Es handelt sich bei dem Verletzten um
       den Besitzer des „Cayan Kiosk“ im Schulterblatt, der vor seinem Laden
       stand, als die Tumulte ausbrachen.
       
       Schwere Verletzungen hat er laut seiner Tochter Dilan A. nicht erlitten,
       „aber gut geht es ihm trotzdem nicht“, sagte sie zur taz. „Als mein Onkel
       meinem Vater zu Hilfe eilen wollte, schlug ein Polizist ihm ins Gesicht“,
       erzählt sie. Die Szene ist auch in dem Video zu sehen. Ihr Onkel erlitt
       dabei eine Augenhöhlenfraktur.
       
       Das Dezernat Interne Ermittlungen hat Ermittlungen gegen die Beamten
       aufgenommen. Man prüfe zur Zeit die Beweislage und könne daher keine
       Auskunft geben, sagte der Sprecher der Innennbehörde Frank Reschreiter.
       
       Dilan A. will ihren Vater überreden, Anzeige zu erstatten. Mehrere Zeugen
       hätten sich schon im Kiosk gemeldet, um für ihren Vater auszusagen.
       
       15 Sep 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=E_ggRD8K3Bw
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schipkowski
       
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