# taz.de -- Kommentar Attentat in der Türkei: Durch Terror zum Bürgerkrieg
       
       > Die Türkei steht kurz vor dem Bürgerkrieg. Entscheidend wird sein, ob
       > Präsident Erdoğan die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreibt.
       
 (IMG) Bild: Ankara nach dem Terroranschlag: Die Stimmung ist hoch explosiv.
       
       Mit dem Attentat vom 10. Oktober ist die Türkei endgültig in die Nähe eines
       katastrophalen Bürgerkrieges gerückt. Der schlimmste Terroranschlag in der
       Geschichte der türkischen Republik überhaupt, der dritte in Folge gegen
       Anhänger der kurdisch-linken HDP, ist eine absolute Provokation, die bei
       vielen den verzweifelten Ruf nach Vergeltung aufkommen lässt. Doch
       Vergeltung wem gegenüber?
       
       Noch gibt es mit Stand vom Sonntag keine ermittelten Täter und niemanden,
       der sich zu dem Terroranschlag bekannt hat. Doch genau wie in
       DiyarbakirAnfang Juni und in Suruç am20. Juli sprechen viele Indizien
       dafür, dass die Täter erneut aus dem Umfeld des sogenannten „Islamischen
       Staates“ stammen.
       
       Der türkische Geheimdienst hat lange genug mit dem IS zusammengearbeitet
       und tut es vielleicht auch heute noch. Deshalb auch der Vorwurf vom Ko-Chef
       der HDP, Selahattin Demirtaş,der Staat habe Blut an den Händen und sei
       zumindest mittelbar für den jüngsten Terroranschlag mitverantwortlich.
       
       Setzt sich diese Interpretation bei den in der Türkei lebenden Kurden
       durch, wird sich – ganz unabhängig davon, wer letztlich wirklich
       dahintersteckt – das Attentat von Ankara wie ein Brandbeschleuniger im
       Krieg zwischen der kurdischen Guerilla PKK und dem türkischen Staat
       auswirken. Jetzt ist die letzte Gelegenheit, das Abrutschen in eine
       absehbare Katastrophe zu verhindern. Noch gibt es die Chance dazu.
       
       Die PKK hatte just zum Zeitpunkt des Attentats eine Erklärung
       veröffentlicht, bis zur Wahl am 1. November keine weiteren Angriffe auf
       Soldaten und Polizisten durchzuführen, solange man sie nicht direkt
       angreift. Auch wenn die Regierung offiziell nicht darauf eingeht: Sie
       könnte ihren Streitkräften ebenfalls Zurückhaltung auferlegen.
       
       Genauso wichtig aber wäre eine Zurückweisung des Terrors durch die
       politischen Akteure des Landes. Ministerpräsident Ahmet Davutoğluund
       Oppositionsführer Kemal Kiliçdaroğlumachten gestern einen Anfang.
       Selahattin Demirtaşlehnte das im ersten Entsetzen über den Anschlag ab,
       könnte aber immer noch dazu kommen.
       
       Letztlich entscheidend wird allerdings sein, ob Präsident Erdoğan bereit
       ist, seine Politik der Polarisierung einzustellen, um einen drohenden
       Bürgerkrieg abzuwenden.
       
       11 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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