# taz.de -- Chinesen bauen Hannover nach: Der Städte-Blinddarm
       
       > In der chinesischen Provinz entsteht ein Nachbau von Niedersachsens
       > Landeshauptstadt. Warum nur, fragt sich unsere Autorin.
       
 (IMG) Bild: Ein Besucher entspannt sich auf der Hannover-Messe.
       
       Es gibt Städte, wo was los ist. Es gibt Städte, wo richtig was los ist, und
       es gibt Hannover. Ja genau, wie Brandenburg im Osten bietet auch der Westen
       Orte, die, nun ja, existieren. Mehr auch nicht.
       
       Wäre Hannover eine Farbe, dann grau. Ein Duft? Qualm. Ein Tier? Eine
       Staublaus. Ein Lied? Der depressiv-sentimentale Song namens „Life. Why?“
       der Band Des’ree.Noch niederträchtigere Leute behaupten sogar, Hannover,
       der deutsche Städte-Blinddarm, wäre nicht mehr als ein größenwahnsinnig
       gewordener A2-Rastplatz. Doch Obacht! Es gibt Menschen, die lieben
       Hannover. Die sind Fans dieser Backsteintristesse. Die können nicht ohne.
       Und wer soll das sein, fragen Sie sich jetzt mit hochgezogener Augenbraue?
       
       Chinesen. Ja, die Chinesen sehen das mit Hannover ganz anders. So anders,
       dass sie die pulsierende Metropole und Hauptstadt Niedersachsens jetzt
       nachbauen. In der sechs-Millionen-Einwohner-Provinzstadt Changde entsteht
       ein zweites Hannover. Und die Engel jubelten! Endlich expandiert ein
       urhannoveranisches Lebensgefühl in exotisch fernöstliche Gefilde.
       
       Endlich haben auch Chinesen einen Ort, zu dem sie pilgern dürfen, wenn sie
       mal wieder Lust haben, im Nieselregen durch triste Gassen zu laufen,
       resignierte Blicke in Discounter-Schaufenster zu werfen und an einem Stück
       Gersterbrot zu nagen. Typisch Hannover halt (oder Bielefeld oder
       Wolfsburg).
       
       Vielleicht wird es aber auch ganz anders, und die Chinesen sind viel
       ausgefuchster, als wir denken. Vielleicht bauen sie analog zum
       Streetart-Künstler Banksy, der just einen gruselig satirischen Freizeitpark
       namens „Dismaland“ eröffnete, ihre ganz eigene Persiflage auf die
       langweiligste aller deutschen Städte.
       
       Dann wird es ein wunderbarer Ort für Jung und Alt, ein herrliches Erlebnis
       für die ganze Familie. Clowns, die als Christian Wulff, Prinz Ernst August
       und Doris Schröder-Köpf verkleidet sind, werden jonglierend durch die
       Straßen ziehen. Die lieblichen Laute Lena Meyer-Landruts tönen durch
       Lautsprecher, und Oliver-Pocher-Imitatoren bringen von den Bühnen herab die
       Kinder zum Wiehern.
       
       5 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tatjana Kennedy
       
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