# taz.de -- Vorwürfe gegen Friesenhof-Leitung: Gremium will‘s wissen
       
       > Eine Amtsrichterin erhebt im Untersuchungsausschuss Vorwürfe gegen die
       > Heimleitung des Friesenhofes. Auch die Behörden hätten einfach
       > weggesehen.
       
 (IMG) Bild: Soll rausfinden, was im Friesenhof schief lief: parlamentarischer Untersuchungsausschuss.
       
       KIEL taz | Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss hat die
       Amtsrichterin Christiane Orgis am Montag Vorwürfe gegen die Betreiber des
       Friesenhofs, aber auch gegen Jugendämter und deren Aufsichtsbehörden
       erhoben. Insgesamt stellte sie dem Jugendhilfesystem in Schleswig-Holstein
       bei ihrer Zeugenaussage ein schlechtes Zeugnis aus. Orgis trat als erste
       Zeugin im parlamentarischen Untersuchungsausschuss auf, den der Kieler
       Landtag eingerichtet hat, um die Vorgänge in den Friesenhof-Mädchenheimen
       aufzuklären.
       
       Der Ausschuss soll auch die Fragen klären, ob die Heimaufsicht des
       Sozialministeriums – und damit die Ministerin Kristin Alheit (SPD) –
       versagt hat und was sich in Kinderheimen ändern müsste.
       
       Orgis schilderte ihre Erfahrungen mit Mädchen und jungen Frauen, die im
       Friesenhof untergebracht waren, und ihre ergebnislosen Versuche, auf
       Missstände hinzuweisen. Bereits im Sommer 2010 habe sie dem Sozialminister,
       damals Heiner Garg (FDP), geschrieben. Dessen knappe Antwort: Sein Haus sei
       nicht zuständig, schließlich habe ein Jugendamt eines anderen Bundeslandes
       den Friesenhof für dieses Kind gewählt. „Der Friesenhof ist in eine
       Marktlücke gestoßen, und weil es keine Alternative gab, haben die Behörden
       Probleme übersehen“, sagte Orgis. Niemand fühlte sich für die „vergessenen
       Kinder“ zuständig.
       
       In einer Sitzungspause schüttelte Barbara Janssen, Besitzerin des heute
       insolventen und geschlossenen Friesenhofs, den Kopf über Orgis, die von
       vergitterten Fenstern und unsystematischem Schulunterricht berichtet hatte.
       In Wahrheit sei der hausinterne Schulunterricht mit den Schulen der
       Umgebung abgestimmt und die Gitter an den Fenstern seien eine
       vorgeschriebene Brüstung gewesen. Auch die Türen hätten die Mädchen, anders
       als die Vorwürfe lauteten, immer öffnen können.
       
       Dabei entpuppte sich Orgis durchaus als Befürworterin der geschlossenen
       Unterbringung. So hätte sie ein stark traumatisiertes Mädchen gern in der
       Jugendpsychiatrie gesehen. Aber die vom privaten Helios-Konzern geführte
       Fachklinik in Schleswig entließ das Kind nach einigen Wochen, das Mädchen
       blieb in einem der Friesenhof-Heime, da kein anderer Platz zu finden war.
       „Weil wir in Schleswig-Holstein keine geschlossenen Heime haben, werden
       Kinder nach Bayern oder Polen geschafft“, kritisierte Orgis.
       
       Trotz aller Kritik habe sie nie Strafanzeige erstattet. „Ich glaube schon,
       dass sie im Friesenhof Kinder retten wollten, und manchmal haben sie es
       auch geschafft“, sagte Orgis. „Aber oft waren die Methoden intransparent
       oder halblegal.“ Aber es habe eben keine Alternative gegeben.
       
       30 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Esther Geißlinger
       
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