# taz.de -- Olympia-Flott in Hamburg: Die Sause ist ausgefallen
       
       > Siegesgewiss waren die Olympia-Fans auf die große Party eingestellt. Doch
       > dann kam das böse Erwachen. Protokoll eines gescheiterten Abends.
       
 (IMG) Bild: Knapp daneben ist auch vorbei: Bürgermeister Olaf Scholz, Katharina Fegebank (Grüne) und DOSB-Präsident Alfons Hörmann verkünden am Sonntag das Olympia-Aus
       
       Samstag, 23.15 Uhr, Hamburg: Vor dem Zubettgehen versucht Bürgermeister
       Olaf Scholz (SPD) die HamburgerInnen noch einmal auf Trab zu bringen. Er
       setzt einen Tweet für den nächsten Tag ab: „Sagen Sie heute JA zu
       Olympischen & Paralympischen Spielen in #Hamburg2024.“
       
       Sonntag, 8 Uhr Hamburg/Kiel: Die Wahllokale öffnen. Bis 18 Uhr können die
       Bürger entscheiden, ob sich Deutschland für Olympische Spiele 2024 bewerben
       soll. Beim Referendum in Hamburg sind rund 1,3 Millionen Menschen
       abstimmungsberechtigt. Beim Bürgerentscheid in Kiel, wo die
       Segel-Wettbewerbe stattfinden sollen, können fast 200.000 Menschen
       mitmachen. Umfragen sehen eine Mehrheit für Olympia. Kritiker warnen vor
       den sozialen Auswirkungen und überbordenden Kosten.
       
       13 Uhr, Hamburg: Knapp 600.000 Menschen haben abgestimmt – die meisten per
       Briefwahl. 26.000 suchten die Wahllokale auf. Eine rege Beteiligung
       zeichnet sich ab.
       
       18 Uhr, Hamburg, Barclaycard Arena: Currywürste und eine sämige Suppe
       stehen bereit. Olympia-begeisterte Ehrengäste wie die Brüder Braun vom
       Miniaturwunderland, ECE-Manager Alexander Otto und die zweifache
       Olympiasiegerin Ulrike Nasse-Meyfarth warten neben Politikern und
       Wirtschaftsvertretern auf die Ergebnisse einer Umfrage der
       „Forschungsgruppe Wahlen“ für das ZDF. Demnach haben die Befürworter mit 56
       Prozent die Nase vorn.
       
       19.47 Uhr, Kiel: Oberbürgermeister Kämpfer schwärmt von einem
       sensationellen Ergebnis: „Kiel ist die erste Stadt der Welt, die eine
       verbindliche positive Olympiaabstimmung hinbekommen hat.“ Denn 65,6 Prozent
       der KielerInnen sprachen sich für die Spiele aus. Allerdings lag die
       Wahlbeteiligung nur bei 32 Prozent.
       
       20 Uhr, Barclaycard Arena: Mehr als die Hälfte der Stimmen sind ausgezählt,
       doch jetzt liegen die Olympia-Befürworter in Hamburg plötzlich hinten. Die
       Stimmung kippt.
       
       20.45 Uhr, Hamburg: Die Olympia-Befürworter haben das Referendum
       voraussichtlich verloren. Nach Auszählung von 600.000 der rund 650.000
       abgegebenen Stimmen liegen die Gegner mit 51,7 zu 48,3 Prozent vorn.
       
       21.03 Uhr, Hamburg, Rathaus: 
       
       Bürgermeister Scholz, die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne)
       und der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) treten in
       der Rathausdiele vor die Presse. Scholz muss warten, bis die Skulptur über
       dem Rathauseingang das Stündlein geschlagen hat: Gevatter Tod auf der
       einen, die Mutter mit Kind auf der anderen Seite der Glocke. Eine Allegorie
       der Vergänglichkeit, die gut zu dem passt, was Scholz verkünden muss: Die
       hochfliegenden Pläne des Hamburger Establishments sind gescheitert.
       
       21.11 Uhr, Kiel: OB Kämpfer erkennt, vergeblich gekämpft zu haben: „Das ist
       unglaublich schade und ein schwarzer Tag für den deutschen Sport.“ Jetzt
       wolle er den Schicksalsschlag erstmal verdauen und dann schauen, welche
       Ideen auch ohne Olympia umsetzbar seien.
       
       21.37 Uhr, Barclaycard-Arena: „Es wird sehr, sehr schwierig, eine Idee zu
       entwickeln, weil offensichtlich der olympische Gedanke und Deutschland im
       Moment nicht zusammenpassen“, sagt DOSB-Präsident Hörmann.
       
       21.55 Uhr, Hamburg, Rathaus: 
       
       Die Zweite Bürgermeisterin Fegebank zeigt sich enttäuscht: „Wir wollten
       Spiele der vielen und nicht von und für eine Minderheit.“
       
       21.59 Uhr, Hamburg, Rathaus: „Die Menschen sehen, dass es Sachen gibt, wo
       das Geld besser angelegt ist“, sagt Florian Kasiske von der Initiative
       Nolympia. Die Olympia-Gegner planen eine Spontan-Party.
       
       22.03 Uhr, Barclaycard-Arena: Den Befürwortern der Hamburger Bewerbung und
       ihren 300 Gästen ist die Petersilie verhagelt. Die geplante Jubel-Party
       fällt aus. Mit Tränen in den Augen kommentiert Paralympics-Siegerin Kirsten
       Bruhn: „Es enttäuscht mich, dass die Menschen nicht sehen, dass es um den
       Sport geht.“
       
       22.03 Uhr, Hamburg, Rathaus: 
       
       „Gewonnen“, hallt es durch die Rathausdiele. Die Bürgerschaftsfraktion der
       Linken verfolgt mit einigen Aktivisten von Stop Olympia und Nolympia die
       Auszählung. „Super, super“, jubelt die stellvertretende
       Fraktionsvorsitzende, Heike Sudmann. „Die Hamburger haben sich informiert
       und die harten Fakten angeguckt. Mit so einem IOC wollen sie keine Spiele.“
       
       Gegen 22 Uhr, Hamburg: Der Lokalfernsehsender Hamburg 1 verliest Philipp
       Lahms Tweet vom Vortag: „Großereignisse sind für alle Beteiligten ein
       einzigartiges Erlebnis: Ja zu #Olympia2024.“ Statt der bis Mitternacht
       vorgesehenen Livesendung von der Arena-Party, wiederholt Hamburg 1 die
       Sendung von 18 Uhr. Freudig werden die Schätzungen der „Forschungsgruppe
       Wahlen“ präsentiert, wo Prolympia noch mit 56 Prozent vorne liegt. Das
       Aushängeschild des Senders, Herbert Schalthoff, hat sein Live-Studio im
       Rathaus verlassen und ist in die Kneipe gezogen.
       
       Am Morgen danach, Hamburg: Esherrscht Katerstimmung. Innensenator Michael
       Neumann (SPD) spricht im Konjunktiv: „Olympia wäre eine Riesenchance
       gewesen“, sagt der SPD-Politiker auf NDR Info.
       
       Montag, 14.30 Uhr, Hamburg, Rathaus: Die Initiative Stop Olympia geht auf
       Nummer sicher und übergibt im Rathaus mehr als 13.000 Unterschriften. „Auf
       den ersten Blick erscheint sich unser Anliegen erledigt zu haben“, räumt
       Vertrauensmann Jens Gauger ein. Aber Kontrolle sei besser als Vertrauen:
       Sollte jemand in den nächsten Jahren über eine neue Bewerbung für 2028
       nachdenken, könne die Initiative „mit überarbeitetem Text gleich in der
       zweiten Stufe des Volksbegehrens fortfahren“. Und der zweite Vertrauensmann
       Horst Domnick versichert: „Wir stehen bereit, wenn das Thema wieder
       aufkommt.“
       
       30 Nov 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Kaiser
 (DIR) Gernot Knoedler
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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