# taz.de -- Front National bei den Regionalwahlen: Neues Image für Rassismus
       
       > Front-National-Chefin Marine Le Pen hat ihre Partei aus der
       > rechtsextremen Isolation herausgeführt, ohne deren Ideologie zu
       > verändern.
       
 (IMG) Bild: Manchmal ist Lächeln einfach Zähne zeigen
       
       PARIS taz | Seit 2011 steht Marine Le Pen an der Spitze des Front National
       (FN), den sie wie ein Familienunternehmen von ihrem Vater, Parteigründer
       Jean-Marie Le Pen, geerbt hat. Schon damals war ihr erklärtes Ziel, den FN
       aus der rechtsextremen Isolation heraus auf den Weg zur Macht zu führen.
       Das ist ihr weitgehend gelungen.
       
       Der Bruch mit dem Vater war dabei vorprogrammiert. Dieser hatte stolz alle
       historischen Tendenzen am rechten Rand vereint: Nostalgiker der
       Kollaboration mit dem Dritten Reich und andere Faschisten, Anhänger der
       Algérie française, ultrakonservative katholische Integristen und Vertreter
       heidnischer Rassenideologien. Damit ließen sich zwar brave Bürger
       erschrecken und linke Antifaschisten mobilisieren – Mehrheitsfähigkeit aber
       war ausgeschlossen.
       
       Le Pen junior startete ihre Imageänderung daher mit der kühnen Behauptung,
       der FN sei keineswegs „extremistisch“ und stehe „weder links noch rechts“.
       Auch distanzierte sie sich von dem Antisemitismus ihres Vaters. Der hatte
       nicht begriffen, dass heute die Muslime den Platz der Juden als
       Prügelknaben der Nationalisten einnehmen. Im Jahr 2015 wurde er zuerst
       getadelt und dann rausgeworfen.
       
       An der politischen Ausrichtung des FN änderte das nicht viel. Auf Basis des
       Fremdenhasses und des Rassismus Jean-Marie Le Pens wird heute gegen
       Flüchtlinge und Immigranten gehetzt. Auch die prorussische Außenpolitik
       blieb: Wie ihr Vater bewundert auch Marine Le Pen Wladimir Putin und
       unterstützt dessen Linie in der Ukraine, in Libyen, Irak und Syrien
       vorbehaltlos. Zur Wahlkampffinanzierung gab es russische Kredite.
       
       ## Die „Rächerin der Enterbten“
       
       Marine Le Pen hat Kontakte nach Israel geknüpft, um ihre Partei salonfähig
       zu machen. Das passt zum antiislamischen Kurs: „Wir haben keine andere
       Wahl, als diesen Krieg zu gewinnen“, so die FN-Chefin im Wahlkampf. „Wenn
       wir verlieren, ergreift der islamistische Totalitarismus die Macht in
       unserem Land, wie er das dank Nicolas Sarkozy bereits in Libyen vollbracht
       hat und nun auch in Syrien, Ägypten und Tunesien versucht.“
       
       Le Pen junior droht ihren Zuhörern mit einer düsteren Zukunft: „Die Scharia
       wird unsere Verfassung ersetzen und der radikale Islam unsere Gesetze, die
       Burka wird für alle Frauen obligatorisch, unsere Denkmäler werden zerstört,
       die Musik im Rahmen der religiösen Säuberung mit ihrem ganzen Horror
       verboten.“ Ihre begeisterten Zuhörer mögen keine Nuancen wie den
       Unterschied zwischen Islamismus und Islam.
       
       Zu salonfähig soll der FN aber auch nicht werden – denn gerade die
       Tatsache, dass diese politisch völlig inkorrekte Partei von der Macht
       ausgeschlossen blieb und von den Medien attackiert wird, macht sie so
       attraktiv für viele Franzosen, die sich übergangen fühlen und in „Marine“
       so etwas wie eine „Rächerin der Enterbten“ sehen.
       
       Daher wählen heute auch frühere linke Stammwählerschichten wie Arbeiter und
       Arbeitslose mehrheitlich FN. Mit seiner radikalen Ablehnung des Euro, der
       EU und des „Systems“ zieht er zudem einstige Sympathisanten der
       antikapitalistischen Linken an.
       
       8 Dec 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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